Im Gegensatz zum Konsumgütermarketing werden beim Social Marketing keine materiellen Produkte angeboten, sondern Verhaltensweisen (z. B. Nichtrauchen). Das „ Produkt “ ist also ein Grundnutzen ( = langfristige Senkung von Gesundheitsrisiken), der zum Beispiel die Gesundheit verbessern soll. Meist lassen sich solche Botschaften nur schwer vermitteln.
Tabak- und Alkoholkonsum, Sonnenschutz, Krebsfrüherkennung oder HIV / AIDS, sind Themen die Social Marketing ansprechen kann. Bei den in der Prävention eingesetzten Aufklärungs- und Überzeugungskampagnen handelt es sich um zielgerichtete, verhaltensbezogene Kommunikationsaktivitäten. Sie sollen bei bestimmten Zielgruppen ein Bewusstsein für eine gesundheitsbezogene Problematik erreichen
Eine Definitionssache
Es ist darauf hinzuweisen, dass Social Marketing nicht mit Kommunikationskampagnen oder „ sozialer Werbung “ gleichgesetzt werden darf. Social Marketing ist ein wesentlich umfassenderes Konzept: „Das Verhalten von bestimmten Zielgruppen soll mit Social Media dahingehend beeinflusst werden, das persönliche und gesellschaftliche Wohlergehen zu verbessern. Grundlage und Ausgangspunkt des Social Marketing bildet das erwerbswirtschaftliche Marketing. Social Marketing-Programme wurden in den 80er Jahren erstmals praktisch umgesetzt, v. a. in den Entwicklungsländern zur Durchsetzung der Geburtenkontrolle oder Aufklärung über infektiöse Durchfallerkrankungen“, so schreiben es die Autoren Loss und Nagel in ihrem Bericht „Social Marketing –Verführung zum gesundheitsbewussten Verhalten?“ des Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften Universität Bayreuth. Konsumgütermarketing bietet materielle Produkte an. Das tut Social Marketing nicht. Vielmehr handelt es sich um ein spezielles Verhalten oder Verhaltensmuster. Social Marketing konzentriert sich bewusst auf eine bestimmte Gruppe (z.b. jugendliche, modebewusste Raucher). „Klassische“ Präventionsmaßnahmen richten sich oft auf die ganze Bevölkerung oder große Bevölkerungsgruppen aus.
Weg von Manipulation
Wenn Präventionsanbieter massenmediale Kampagnen zum Beispiel im Gesundheitsbereich planen, sollten sie sich zur Steigerung der Wirksamkeit durchaus an Marketing-Kriterien orientieren. Gleichzeitig müssen sie mögliche unerwünschte Auswirkungen der Kommunikationspolitik auf die gesellschaftliche Wahrnehmung berücksichtigen. Eine Kampagne für Social Marketing zu gestalten ist nicht gerade einfach. Häufig führt die Notwendigkeit von knappen, eindrücklichen Botschaften zu missverständlichen Vereinfachungen und, z. B. bei Krebsfrüherkennung, zur Verharmlosung von Folgen und Nebenwirkungen. Viele Kampagnen klären dazu die Zielgruppe nicht bewusst auf oder informieren, sondern überreden mithilfe von Emotionen und Motiven wie Eitelkeit und Sexualität zu einem bestimmten Verhalten. Bei manchen Image-Kampagnen und überredenden Kampagnen steht die neutrale Wissensvermittlung nicht im Vordergrund. Insbesondere Fernsehspots und Plakate, gehen mittlerweile über die reine Information und gesundheitliche Aufklärung hinaus und beinhalten vor allem überredende Botschaften, zum Beispiel über die Wahl von Motiven, Personen, Vorbildern und den Einsatz von Humor, Emotionen.
„Beispielsweise findet sich in einem Faltblatt zur Darmkrebsprävention die Aussage: `Richtig essen kann vor Darmkrebs schützen. Zu viel tierisches Fett, Eiweiß und Cholesterin können die Ursache für die Entstehung von Dickdarmkrebs sein`. Hier wird die Bedeutung der Ernährung auf den Darmkrebs simplifizierend überbewertet. So können gewisse Ernährungsweisen das Risiko für die Entstehung von Darmkrebs erhöhen, ohne die (alleinige) Ursache für die Krebsentwicklung darzustellen, wie es der Text suggeriert (..). Derartige Formulierungen können auch zu Schuldgefühlen bei Adressaten führen – oder bei Patienten, die im Erkrankungsfall davon ausgehen müssen, sich nicht ausreichend durch gesunde Ernährung vor dem Malignom geschützt zu haben“, heißt es in dem Bericht von Loss und Nagel.
Werbemittel
Auch für Social Media werden klassische Kommunikationsinstrument herangezogen. Zu den in der Prävention genutzten Werbeträgern gehören die Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften), elektronische Medien (Hörfunk, Fernsehen, Internet) sowie die Außenwerbung (Anschlagstellen, öffentliche Verkehrsmittel). Für den Gesundheitsbereich ist zu bedenken, dass im Vergleich zum kommerziellen Marketing nicht selten komplexe Inhalte vermittelt werden (gesunde Ernährung, persönlicher Benefit durch Früherkennungsuntersuchung). Heute beauftragen Institutionen und Stiftungen natürlich professionelle Werbeagenturen, um Plakate zu präventiven Themen zu gestalten; auch hier werden in der Regel viele der aufgeführten Marketing-Prinzipien berücksichtigt.
Zielgruppenkentnisse
Social Marketing basiert auf dem Prinzip, dass die Initiatoren die Bedürfnisse, Präferenzen und Lebensstile der Zielpersonen kennen und sich daran orientieren. Ein Beispiel: „Beispielsweise zeigte sich bei der Entwicklung eines amerikanischen Programms zur Steigerung der Bewegung von Kindern, dass nicht unterschiedliche Altersstufen angesprochen werden müssen, sondern dass man vielmehr zwischen solchen Kindern unterscheiden muss, die bereits gelegentlich Sport treiben, und anderen Kindern, die sich überhaupt nicht bewegen“, berichten Loss und Nagel.
Der asw-Schwerpunkt in dieser Woche: Social Marketing. Dabei beleuchten wir jeden Tag einen Aspekt des Themas aus Theorie und Praxis, stellen die aktuellen Studien vor und befragen Experten.