E-Commerce-Händler buhlen schon lange um die Gunst der Chinesen. Meistens, indem sie ihre Produkte auf Portalen der Alibaba-Gruppe verkaufen oder auf dem chinesischen Messenger WeChat Kampagnen schalten. Auch die deutschen Drogerie-Erzrivalen Rossmann und dm wollten mitverdienen und eröffneten eigene Online-Shops im virtuellen Einkaufszentrum Tmall Global. Tmall Global gehört – genauso wie die Plattform Tmall – zu Alibaba und verhilft europäischen Unternehmen, ihre Produkte an chinesische Konsumenten zu verkaufen. Während Rossmann schon länger auf Tmall Global unterwegs ist, wagte dm diesen Schritt erst im Dezember 2016 mit der Softlaunch-Phase, bis es im März 2017 dann den offiziellen Startschuss für seine Tmall Global-Präsenz gab. Es ist das erste Mal, dass dm seine Waren außerhalb Europas vertreibt. „Zu Beginn wollten wir mit unserem Angebot nach Fernost erst einmal Erfahrungen sammeln, dann wurde deutlich, dass sich unser Onlineshop in China sehr dynamisch entwickelt und unser Angebot sehr gut angenommen wird“, sagt dm-Geschäftsführer Christoph Werner.
Während dm am Anfang nur 22 Produkte im Tmall-Sortiment hatte, bietet die Drogerie mittlerweile schon rund 140 Produkte von neun dm-Marken sowie fünf Marken von Industriepartnern an. Da es so gut läuft, werde dm künftig noch mehr Produkte als bisher aus dem dm-Sortiment zur Verfügung stellen. Besonders beliebt seien Pflegeprodukte der dm-Marke Balea, insbesondere die Balea Beauty Effect Lifting Kur, aber auch Milchpulver der Marke Aptamil.
Deutscher Markt weitestgehend gesättigt
Doch warum wird der chinesische Markt für deutsche Drogerien eigentlich immer wichtiger? „Der deutsche Markt hat geringes Wachstumspotenzial und ist weitestgehend gesättigt. Der chinesische Markt hingegen bietet mit einem prognostizierten jährlichen Wachstum von knapp zehn Prozent im Drogerie- und Gesundheitsbereich ein attraktives Expansions- und Absatzpotenzial“, erklärt Jörg Walbaum, Senior Rating Analyst bei Euler Hermes Rating. In China herrsche zudem eine große Nachfrage der Verbraucher nach europäischen und insbesondere deutschen Nahrungsergänzungsmitteln sowie Kosmetik- und Milchprodukten. Vor allem Milchprodukte sind seit dem großen chinesischen Milchpulver-Skandal zwischen 2008 und 2010 besonders beliebt, Chinesen vertrauen seither Ware aus deutschen Drogeriemärkten mehr als einheimischen Produzenten
Mit Alipay chinesische Touristen zum Kaufen animieren
Noch einen Schritt weiter als dm ging Rossman, das im Laufe des vergangenen Jahres in seinen über 2.000 Filialen Alipay als neue Zahlungsmethode einführte. Chinesische Touristen können seitdem an allen Kassen und im Rossmann-Onlineshop mit ihrer heimischen Alipay-App bezahlen. Wirecard hat dafür das Alipay Barcode Payment in das zentrale Kassensystem von Rossmann integriert. Im Angesicht der zwei Millionen chinesische Touristen, die jährlich nach Deutschland reisen, scheint Alipay ein sinnvoller Schritt. Doch wird Alipay tatsächlich so intensiv von Chinesen in Deutschland genutzt? Aus der Sicht von Walbaum auf jeden Fall: „Chinesische Touristen und Geschäftsreisende sind mittlerweile eine attraktive Zielgruppe für deutsche Drogerien, weil diese deutlich mehr Produkte kaufen und dadurch der Durchschnittsbon deutlich höher ist.“ Zudem schreite die Digitalisierung der Gesellschaft in China deutlich dynamischer voran als teilweise in Deutschland, insbesondere Bezahlen mit dem Smartphone sei bereits Normalität und weit verbreitet.
Mittlerweile nutzen rund eine halbe Milliarde Chinesen ihr Smartphone zum Bezahlen. Alipay und WeChat teilen sich dabei den chinesischen Bezahlmarkt. „Durch die Möglichkeit mit Alipay zu bezahlen wird der Einkauf für chinesische Kunden erleichtert und kann sich beim Absatz als Wettbewerbsvorteil erweisen“, glaubt Walbaum. dm bietet Alipay in Deutschland bisher nicht an. Das Unternehmen äußerte sich nicht dazu, ob die Bezahlmethode künftig angeboten werden soll.