Wer einmal vom Director of Freshness – der zum Beispiel bei der Mediacom tatsächlich wirkt – eine Visitenkarte oder ein E-Mail bekommen hat, vergisst das nicht. Und Unternehmen, die sich einen Digital Prophet oder Future Evangelist leisten – wie etwa Intel oder AOL – wollen sich nicht nur beim Jobtitel als Vorreiter positionieren.
Die Inflation der ungewöhnlichen Titel ist wohl kein Zufall. Neben Know-how und Durchsetzungsvermögen beeinflusst die Karriere schließlich vor allem die Frage, ob und wie man wahrgenommen wird. Die Redensart vom „Ruf, der einem vorauseilt“ trifft, was erfolgreiche Manager mitbringen müssen. Im Marketing-Deutsch sprechen wir heute von der Personal oder der Leadership Brand, die genauso aktiv positioniert werden muss wie eine klassische Marke auch. Und ein ungewöhnlicher Jobtitel ist in Sachen Persönliche Marke zumindest einmal ein aufmerksamkeitsstarker Claim. Warum aber ist Personal Branding gerade jetzt ein so wichtiges Thema für Führungspersönlichkeiten wie auch für Unternehmen selbst? Dafür gibt es mehrere Gründe:
1. Eine klare Botschaft für mehr Awareness
Die digitalen Medien bietet Experten vielfältige Chancen, ihre „Message“ zu publizieren – aber stellen sie zugleich auch vor die Herausforderung, im digitalen Dschungel aufzufallen. Nachhaltig gehört werden in der Flut der Online-Artikel, Blogs und Twitterbotschaften aber nur die, die glaubwürdig für ein Thema stehen und sich mit einer Botschaft klar positionieren. Ein paar Beispiele: Das Thema „Media“ hat eindeutig Thomas Koch besetzt, er wird als „Mr. Media“ im Markt gehört, wenn auch nicht von allen geliebt. Als Agenturmanager gilt etwa Thomas Strerath als der Mann, der Klartext redet und dessen Meinung in der Branche oft gefragt ist. Und als begnadete Netzwerkerin hat sich Christiane Wolff einen Namen gemacht, indem sie nicht nur darüber spricht, sondern mit Ihrem Nettwerk dies seit vielen Jahren auch lebt. Sie alle haben „ihr“ Thema und werden nicht müde, es in allen Variationen – mitunter auch streitbar – zu wiederholen.
2. Authentizität gibt Orientierung
Im Zeitalter des „War of Talents“ werden Vorgesetzte, die authentisch im Sinne des Unternehmens auftreten, zum Wettbewerbsvorteil. Erkenne ich als Bewerber, wofür die Führung des Unternehmens steht? Kann ich mich als Mitarbeiter mit der Haltung meiner Vorgesetzten identifizieren? Sprechen sie meine Sprache? Verfolgen sie Ziele, die ich gut finde? Je besser und klarer das (potenzielle) Mitarbeiter erkennen, umso wahrscheinlicher ist es, dass sich die richtigen bewerben.
Leadership-Brands sind Leuchttürme innerhalb der Unternehmen. Sie bieten Orientierung. Wie klassische Marken sorgen sie für Transparenz, schaffen Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Experten, Führungskräfte, Mitarbeiter, deren Haltung offensichtlich zum Unternehmen passt, werden auch dessen Markenwerte mit Leben füllen. Sie stärken langfristig die Resilienz des Unternehmens. Wer sich einig ist, wer zusammenpasst, kommt leichter durch Krisen. Eine Weisheit, die für Eheleute schon lange gilt. Das bekannteste Beispiel ist hier dm-Gründer Götz Werner. Mit seinen Kernthemen Nachhaltigkeit und Mitarbeiterführung wird seine Drogeriemarktkette nicht nur zum Marktführer, sondern auch regelmäßig zum beliebtesten Arbeitgeber gewählt. Sein Konkurrent Anton Schlecker – unnahbar, patriarchisch und keine Marke im positiven Sinne – hatte dagegen laufend Probleme mit seinen Mitarbeitern. Kein Wunder, denn mit den Werten, die er vertrat, konnte sich wohl auch kaum ein Angestellter identifizieren.
3. Leadership Brand Experience für mehr Innovation
Innovationsfähigkeit ist heute nicht nur ein Ziel vieler großer Unternehmen, es ist für sie überlebensnotwendig. Flache Hierarchien und Entscheidungsstrukturen sollen Innovationen fördern und Konzerne beweglich halten. Leadership Brands unterstützen diesen Prozess. Führungspersönlichkeiten, die die Themen des Unternehmens selbst leben und damit auch für die Mitarbeiter erlebbar machen, fördern eine entscheidungsfreudige und innovationsbereite Kultur. Durchdringt die Vision das Unternehmen, dann wissen alle Mitarbeiter, in welche Richtung sie „laufen“ müssen. Claus Hipp ist hier ein Paradebeispiel: Er verband mit seinem Namen aufmerksamkeitsstark Qualität und Verantwortung und konnte damit als einer der ersten Bio-Pioniere sein Unternehmen frühzeitig modernisieren. So sieht ein gelungener „Change“-Prozess aus, getrieben von einer hervorragend positionierten persönlichen „Marke“.
Egal, ob Apple mit Steve Jobs, Microsoft mit Bill Gates, Facebook mit Marc Zuckerberg oder Tesla mit Elon Musk: Bei den erfolgreichsten Gründungen der vergangenen Jahrzehnte stand zwar eine disruptive Idee am Anfang, doch immer auch eine starke Führungspersönlichkeit an deren Spitze. Alle nutzten sie Elemente des Leadership Branding vorbildlich für sich: Sie waren oder sind Experten, die klar für ein Thema stehen. Sie haben eine klare visionäre, nachhaltige Botschaft, die zeigt, wohin sie wollen. Und sie sind authentisch – und damit nicht einfach austauschbar. Ein Marc Zuckerberg nutzt eigentlich sogar die Kraft des „Corporate Design“: Mit dem immer gleichen Outfit aus grauem T-Shirt und Jeans wird er auch optisch unverwechselbar. Nicht ohne Botschaft: Er fokussiert auf das Wesentliche.
Dass gerade die jüngeren Unternehmen wie Apple, Google oder Facebook, die mit disruptiven Ideen schnell gewachsen sind, starke Leadership Brands aufweisen, ist meines Erachtens kein Zufall: Die Führungspersönlichkeiten haben nicht nur den Markt und Investoren von ihrer neuen Idee überzeugt, sondern auch die Fähigkeit bewiesen, in kürzester Zeit sehr viele neue Mitarbeiter anzuwerben und zu begeistern.