Panik erfasst die DOOH-Branche. Die Ströer-Aktie bricht ein. Die von Wirtschaftswoche verbreitete Nachricht, dass Google die deutsche DOOH-Branche aufzumischen beabsichtigt, schlägt ein wie eine Bombe.
DIGITAL OUT-OF-HOME
Dabei ist nichts naheliegender als das. Die deutschen Außenwerber kommen mit Programmatic nur schleppend voran. Google macht das mit links. Die Außenwerber betreiben seit Jahren Geo-Targeting, locken damit jedoch mangels relevanter Daten nur wenige Kunden hinterm Ofen hervor. Google dagegen hat das Targeting erfunden. Die Kombination von digitalen Screens, die Konsumenten entlang ihrer physischen Customer Journey unterwegs erreichen und alle Daten, die Google über die Konsumenten besitzt – das klingt nach einer Ehe, die im Himmel geschlossen wurde.
Warum es die Branche überrascht, bleibt ein Rätsel. Google startete mit der programmatischen Vermarktung von OOH schon im Herbst 2015 in UK. Dass sie nun vor dem größten Werbemarkt Europas nicht Halt machen, klingt logisch. Sobald sich Medien digitalisieren, werden sie zum gefunden Fressen der amerikanischen Internet-Giganten. Nach Print und TV ist nun DOOH an der Reihe.
Schlechte, bis falsche Vermarktung
Das täte dem deutschen Markt vermutlich sogar gut. DOOH boomt weltweit und macht in vielen Ländern bereits über die Hälfte der Outdoor-Spendings aus. Deutschland hinkt, wie immer, weit hinterher. Nachdem die DOOH-Spendings in den letzten Jahren zweistellig wuchsen, macht sich nun plötzlich ein überraschender Stillstand breit – obwohl die Zahl neuer Touchpoints immer weiter steigt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: DOOH wird in Deutschland schlecht bis falsch vermarktet. Entweder als seelenlose Fugenmasse für schwindende TV-Reichweiten. Oder noch schlimmer: als Online-artiges Medium mit Impressions und Performance-KPIs, die das junge Medium noch lange nicht erfüllen kann.
Google beherrscht die gesamte Wertschöpfungskette
Dem liegt ein bemerkenswertes Missverständnis zugrunde. Während Online seine Stärken bekanntlich in der One-to-One-Ansprache der Konsumenten ausspielt, liegt die Überlegenheit der DOOH-Werbeträger in der One-to-Many-Ansprache als digitales Massenmedium. Was manche Vermarkter hierzulande ignorieren oder nicht begreifen wollen, liegt dagegen bei Google in der DNA. Google beherrscht die gesamte Wertschöpfungskette von Produkt-Interesse über Suche bis hin zum tatsächlichen Kauf. Mit DOOH kann Google seine Ur-Stärken besser ausspielen als bei jedem anderen Medium. Und mithilfe von Bewegungsdaten noch mehr Nutzen für Werbungtreibende erzeugen. Wichtiger aber: Google beraubt DOOH nicht seiner Einzigartigkeit als Massenmedium, sondern macht es zum ersten „target-baren“ Massenmedium. Das ist schlichtweg genial.
Google hat auf der Partnersuche bei größeren DOOH-Vermarktern angeklopft – und sich Absagen eingehandelt. Das wird Google nicht stören. Dann kommen sie durch kleinere Vermarkter, denen sie programmatische Umsätze versprechen, quasi durch die Hintertür in den deutschen Markt. Außerdem hat Google Zeit, Geld und Fokus. Also alles, was deutschen Vermarktern fehlt. Soll Google nur kommen. Vielleicht ist es genau das, was unser DOOH-Markt braucht, um ordentlich durchzustarten. In jedem Fall hat bereits die Ankündigung das Zeug dazu, den hiesigen Markt zu professionalisieren. So oder so, der DOOH-Markt kann davon nur profitieren.