Allsafe: Radikale Entgrenzung 

Marketing und Vertrieb enger verzahnen? Der badische Mittelständler Allsafe zeigt, wie es gehen kann. 
Allsafe
"Crew-Arbeit“ 250 Mitarbeitende werden in immer neuen Teams zusammengesetzt. (© Allsafe)

Eine Marketingchefin? Gibt’s hier nicht. Vertriebsleiter? Ebenfalls Fehlanzeige. Nicht einmal formelle Abteilungen für Sales oder Kommunikation existieren bei Allsafe, einem auf Transport- und Ladesicherungen spezialisierten Mittelständler aus dem badischen Engen. Dabei arbeitet der B2B-Betrieb mit 250 Mitarbeitern, 82 Millionen Euro Umsatz und Kunden wie Daimler und Dachser erfolgreich und professionell – nur eben etwas anders als die meisten Unternehmen.  

„Prozessorganisation“ heißt das radikale Konzept, nach dem Chef Detlef Lohmann die Firma umbaute, vor mehr als 15 Jahren, als noch kaum jemand von New Work und Agilität sprach. Seither gibt es bei Allsafe keine Silos mehr und keine Direktiven von oben, sondern nur noch „Crewarbeit“: eine immer neue Zusammensetzung verschiedener Disziplinen und Fähigkeiten. „Die Leute entscheiden selbst, welche Teams sie brauchen, um eine Aufgabe gut zu bewältigen“, sagt Co-Geschäftsführer Jens Laufer.  

Selbstbestimmung und Gewinnbeteiligung

Für die fünf Marketing- und rund 20 Vertriebsspezialist*innen in der Unternehmenszentrale heißt das: Je nach Marktlage und Kundenwünschen verständigen sie sich über Absatzziele und die Unterstützung durch Flyer, Messebeteiligungen, Social-Media-Posts oder Blogs. Konflikte über Prioritäten müssen sie untereinander lösen, von der Geschäftsführung ist allenfalls ein Ratschlag zu erwarten. „Jedes Gespräch endet mit dem Satz ‚Entscheiden tust du‘“, bekräftigt Laufer. Bei größeren Projekten wie Veranstaltungen können Prozessverantwortliche bestimmt werden. Weisungsberechtigt sind aber auch sie nicht.  

Umsatz- und Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens kennen die Mitarbeiter*innen aus einer Fünf-Jahres-Strategie und aus der Jahresplanung; alle sechs Wochen informiert die Geschäftsführung sie über die Ertragslage. Und noch eine Besonderheit gibt es: Die komplette Belegschaft ist am Gewinn beteiligt. 

Über die Vorteile des Modells sagt Laufer: „Es entlastet die Geschäftsführung sehr vom Tagesgeschäft, gibt den Mitarbeiter*innen viel Gestaltungsfreiheit und fördert unternehmerisches Denken.“ Sein Kompagnon Lohmann schrieb 2012 ein Buch mit dem Titel: „…und mittags geh ich heim“. Es wurde ein Bestseller. Zumindest in der Theorie hat eine radikale Entgrenzung offenbar viele Fans.  

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.