Die international führende Markenberatung Landor hat sich mit diesem Phänomen und den Millennials in einer internationalen Untersuchung auseinandergesetzt. Ziel war es herauszufinden, warum digital Natives so schwer zu verstehen sind und wie sich Megatrends erklären lassen. Die Studie offenbarte in diesem Zusammenhang vier wesentliche Paradoxa.
Paradoxon 1: I love you, I hate you
Millennials haben zu Dingen im Allgemeinen und Produkten im Speziellen eine widersprüchliche Haltung. Obwohl diese Generation loyaler und wegen des Internets informierter ist als andere Bevölkerungsgruppen, empfindet sie für viele Dinge eine Art „Hass-Liebe“. So ergab die Studie, dass die 20 beliebtesten Marken und Unternehmen der Millennials gleichzeitig auch die unbeliebtesten sind. Dazu zählen u.a. Apple, Nike und Microsoft. Eine an der Studie teilnehmende Probandin äußerte beispielsweise über McDonalds, sie empfände die Fast-Food-Kette als ein Übel für die Gesundheit. Trotzdem gab sie an, gerne zu McDonalds zu gehen, weil dies einer ihrer Lieblingsplätze sei. Paradox.
In der Konsequenz heißt das: Schlechtes Image oder das Wissen hinsichtlich negativer Produkteigenschaften stehen einer Verwendung oder Beliebtheit nicht entgegen. „Der Versuch, negative Eigenschaften zu leugnen wirkt sich innerhalb dieser Zielgruppe viel gravierender aus, als der negative Umstand an sich. Deshalb lässt sich kein digital Native davon beeindrucken, dass Apps wie Pokémon Go persönliche Daten abfragen und an Dritte weitergeben, wie jüngst die Stiftung Warentest öffentlich machte. Millennials wissen um die Datenschutzproblematik, ändern ihr Nutzungsverhalten aber nicht“, erklärt Markus Blankenburg, Landor Hamburg.
Paradoxon 2: Maßloses Shoppen vs. Verzicht auf Besitz
Millennials haben die sogenannte Sharing Economy popularisiert. Laut der Studie lieben sie Geschäftsmodelle wie Airbnb oder Uber. Ein eigenes Auto oder die eigenen vier Wände – wozu? Digital Natives definieren sich nicht über Eigentum, sondern mehr über den Zugang zu Dingen. Sie wollen mobil sein und eine Unterkunft haben, sind aber bereit Auto und Wohnung zu teilen, um Geld zu sparen. Sie gehen mit ihren ökonomischen Ressourcen also sparsam um. Und dennoch zeigt die Studie, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten beim Shoppen maßlos viel Geld ausgibt. Auch die Marktforschung Nielsen bestätigt dies: Obwohl Millennials weniger Geld zur Verfügung haben, shoppen sie ebenso oft wie Babyboomers und geben verhältnismäßig sogar mehr Geld aus. „Auf das Konsumverhalten übertragen bedeutet das, dass diese Zielgruppe es zwar schätzt, wenn sie Geld sparen kann. Andererseits besteht aber eine enorm hohe Ausgabenbereitschaft für alles, was Spaß macht. Millennials kaufen sich kein Auto, geben aber viel Geld für virtuelle Münzen, Bälle oder Zaubertränke aus, um Monster wie Pokémons zu fangen“, erläutert Blankenburg.
Paradoxon 3: Virtuell vs real
Mehr als 123-mal am Tag checken 17- bis 25-Jährige ihr Mobiltelefon. Sie leben ihr Leben online und kaufen, lernen oder kommunizieren in der virtuellen Welt. Gleichzeitig feiert die reale Welt ein Comeback. Die Suchanfrage „in meiner Umgebung“ hat sich im letzten Jahr laut Google verdoppelt. Ein weiteres Indiz für dieses Comeback: Ehemalige reine Onlineplayer wie Amazon eröffnen stationäre Geschäfte und expandieren in die offline Welt. Auch der beispiellose Hype um Pokémon Go ist ein Beleg für diesen Trend. „ Pokémon Go ist deshalb so beliebt, weil das Spiel zwar virtuell ist, gleichzeitig aber einen Bezug zur realen Welt hat. Ein rein virtuelles Spiel könnte derzeit so einen Hype nicht auslösen. Das Erfolgsrezept der App ist die nahtlose Verknüpfung von virtueller und realer Welt. Ein Megatrend innerhalb dieser Zielgruppe, denn sie ist in beiden Welten zu Hause und aufgewachsen. Unternehmen, die künftig erfolgreich agieren wollen, müssen also ebenfalls beide Welten bedienen“, erläutert der Landor-Experte.
Paradoxon 4: Demokratisierung vs. Personalisierung
Millennials wünschen sich, dass Produkte, Dienstleistungen oder Wissen global für jedermann zugänglich sind und dadurch quasi demokratisiert werden. In diesem Kontext hat das Internet viel geleistet und wird von Millennials entsprechend geschätzt. Dennoch bevorzugt diese Zielgruppe personalisierte Produkte. Also ‚customization’ im Sinne von individuell maßgeschneiderten Produkten und Dienstleistungen. Was auf den ersten Blick paradox erscheint, haben erfolgreiche Unternehmen wie Coca-Cola, evian, Ikea oder Burberry realisiert. Sie bieten individuelle Massenprodukte an. So können Burberry-Kunden in Ponchos, die dank E-Commerce fast überall auf der Welt erhältlich sind, ihre Initialen nähen lassen und das Produkt somit individualisieren.
Zur Studie: Im Rahmen der Studie wurde eine internationale online Community von 142 Millennials aus unterschiedlichen Nationen im Alter von 18 bis 34 Jahren untersucht. Über drei Wochen fanden täglich Interaktionen und Befragungen der Community statt.