100 Milliarden Euro: Diese Marke hat der E-Commerce 2021 geknackt. Laut einer Studie von Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) wurde damit fast jeder siebte Euro, der den Deutschen für Haushaltsausgaben zur Verfügung steht, für Waren im E-Commerce ausgegeben, bereinigt um Lebensmittel sogar jeder fünfte. „E-Commerce ist das neue Normal“, heißt es bei dem Verband.
Doch damit wird auch vieles andere zur Normalität: Mehr Verpackungsmaterial, mehr Retouren, mehr Lieferverkehr. Nachhaltigkeit? Fehlanzeige. Aber was wäre, wenn die Waren so verpackt würden, dass kaum mehr Luft im Paket ist, die Platz im Lieferwagen braucht? Wenn man kein Füllmaterial aus Plastik mehr nutzen müsste, weil der Versandkarton sich optimal an das Produkt anpasst – und keine Artikel zurückgeschickt werden, weil sie nie mehr beschädigt beim Kunden ankommen?
Made in Germany, recycelt und biologisch abbaubar
Diese Fragen haben sich auch Frank Thomsen und Sebastian Gutmann gestellt. Die beiden Gründer, die eigentlich ökologische Faltmöbel mit einem Software-Hardware System produzieren wollten, stellten fest, dass vor allem im Verpackungsmarkt noch viel Luft nach oben steckt, was das Thema Nachhaltigkeit angeht. Und haben daraus ein Business gemacht: Seit 2019 möchten sie mit Manyfolds ein Synonym für größenoptimierte, umweltfreundliche Verpackungen werden.
„Wir haben etwas erschaffen, das die Welt tatsächlich braucht: stabilere, umweltfreundlichere, vielfältigere und wirkungsvollere Verpackungen“, sagt Sebastian Gutmann. „Denn wir wollten das Thema Nachhaltigkeit aktiv angehen, und nicht nur darüber reden.“ Das Besondere: Das Produkt des Start-ups kommt fast mit nur einem einzigen Material aus, nämlich Papier – genauer gesagt: Wellpappe. „Sortenreiner geht es fast nicht“, sagt Gutmann. Made in Germany, größtenteils recycelt, biologisch abbaubar, zu 100 Prozent recyclingbar und so stabil, dass man sich sogar draufsetzen kann.
Gesamter Prozess digitalisiert
„Das Problem am zunehmenden E-Commerce ist aber nicht nur das Material, aus dem die Versandkartons gemacht sind“, sagt Sebastian Gutmann. „Wir haben uns auch angeschaut, wie wir den ganzen Prozess digitalisieren und damit nachhaltiger gestalten können. Denn es wird nach wie vor noch zu viel Luft verpackt, damit ist auch viel Luft in den LKWs unterwegs, das ist ein großes Problem.“
Die Lösung von Manyfolds sind individuelle Versandverpackungen, die wie Produktverpackungen aufgebaut sind – komplett digitalisiert. Per Web-App generieren sich die Kunden den für ihre Ware passenden Karton einfach selbst. Im Tool geben sie die Größenmaße ein oder fotografieren das Produkt per Handykamera, um einen 3D-Scan erstellen zu lassen. In Sekunden designt das System die passende Verpackung, die möglichst klein ist, aber das Produkt trotzdem gut schützt – und gleichzeitig relativ günstig ist. Egal, ob am Ende vier Marmeladengläser im Karton landen sollen oder ein Surfbrett. „Dafür braucht ein Designer normalerweise mindestens einen Tag“, so Gutmann.
Da die Versandkartons so stabil und dem Produkt angepasst sind, braucht es kein zusätzliches Füllmaterial für den Transport. Für die Umwelt heißt das: 40 Prozent weniger verpackte Luft und damit mehr Platz im Transporter sowie 200 Gramm weniger CO2 pro Versandpaket. Weil dadurch kaum mehr Ware beschädigt beim Kunden landet, gibt es auch weniger Retouren – und damit weniger Lieferverkehr und weniger verbrauchte Energie.
Verpackung auf Knopfdruck
Die Gründer haben aber nicht nur die Software, sondern auch die passende Hardware entwickelt, die die Versandkartons on-demand herstellen kann. Kunden können die Maschine bei Manyfolds mieten und dann selbst bedienen. „Wenn ich die individuelle Verpackung in der Software erstellt habe, drücke ich auf den Knopf und kann sie innerhalb von zwei Minuten produzieren“, erklärt der Gründer. Damit brauchen Unternehmen kein großes Lager, in dem sich Versandkartons stapeln, die dann gar nicht zur Ware passen.
Selbst dafür haben die Gründer eine Lösung: In der Software kann man in der „Umkartonverwaltung“ angeben, welche Kartons schon vorhanden sind oder aus alten Beständen übrig – und neu konfigurieren lassen. So, dass es exakt zum Produkt passt – und nicht nur das Versandpaket, sondern auch der ökologische Fußabdruck möglichst klein bleibt.