Ein Gastbeitrag von Physiker und Neurowissenschaftler Klaus Holthausen, Teal AI
Wichtigster Treiber für diesen Wandel waren in den vergangenen Monaten Skandale wie die großen Daten-Leaks bei Google+, die ganze Causa Cambridge Analytica, aber auch Gesetzesänderungen wie die DSGVO oder die Debatte um die kommende ePrivacy-Verordnung.
Der Umgang mit personenbezogenen Daten wird immer stärker reglementiert
Die Folge dieser Entwicklung wird sein, dass die Politik den Umgang mit personenbezogenen Daten immer stärker eingrenzt. Gleichzeitig sind Informationen, wie die Vorlieben eines Nutzers, sein Shoppingverhalten und seine Zugehörigkeit in die klassischen Sinus- und Sigma-Milieus der Treibstoff der modernen Online-Werbeindustrie. Genauer sollte man sagen: sie sind es noch.
Doch das Targeting, so wie wir es kennen und praktizieren, geht nicht mehr lange gut. Das hört sich erst einmal negativ an, ist es aber nicht. Es ist Ausdruck einer rasanten technologischen Entwicklung. Denn tatsächlich brauchen wir diese alten Ansätze gar nicht mehr.
Data Driven Advertising und die Entschlüsselung des sozialen Genoms
Schon heute ist ein Data Driven Advertising möglich, das komplett ohne die klassischen Nutzerdaten auskommt.
Der Schlüssel dazu liegt in einer umfassenden Decodierung des sozialen Genoms, welches Prozesse – wie das Liken und Posten in den sozialen Medien steuert. Ist es entschlüsselt, lassen sich extrem tiefe und umfassende Einblicke in die Lebenswelt eines Kunden gewinnen.
Das soziale Genom bestimmt Werte, Wünsche, Bedürfnisse und Motive
Aus der Forschung wissen wir längst, dass sich eine Persönlichkeit anhand ihres Like-Verhaltens oftmals genauer beschreiben lässt, als mithilfe althergebrachter Psychotests. Denn das soziale Genom bestimmt Werte, Wünsche, Bedürfnisse und Motive.
Weitere Faktoren, die wir zur Entschlüsselung zurate ziehen, sind unter anderem die Analyse von Browser- und Suchverläufen. Zudem liefert uns Instagram mittlerweile einige weitere interessante Insights, weil es beispielsweise eine Verknüpfung von Like- und Geodaten ermöglicht.
Personas, die sich quasi selbst generieren
Mit einer auf neuronalen Netzen basierenden KI lassen sich aus diesen riesigen Datenmengen nun Personas bilden, die weit detaillierter einen Kunden beschreiben, als es die klassischen Milieu-Kategorien können, mit denen heute noch die Targeting- und Werbe-Dienstleister hantieren.
Statt darauf zu hoffen, dass die bisherigen Geschäftsmodelle mit Cookie-Targeting & Co., trotz der drohenden ePrivacy-Verordnung und immer ausgefeilteren Privatsphäre- und Datenschutzeinstellungen in den Browsern noch lange gutgehen, liefert unser Konzept Personas, die sich quasi selbst generieren.
Die Folge dieser Überlegungen wird auch sein, dass immer mehr Nutzer eine Infrastruktur suchen, die ihnen tatsächlich eine möglichst hohe Datensouveränität gewährleistet. Die wird in naher Zukunft einzig die Blockchain sein.
Die Zeit von personenbezogenen Daten ist bald vorbei. Die Zukunft sind öffentlich zugängliche, hyperlokale Daten, die anhand von sozialwissenschaftlichen Methoden ausgewertet und in Zielgruppen destilliert werden. So entsteht ein granulares und hochspezifisches Targeting. Woher wir das wissen? Weil wir bereits damit arbeiten.
Über den Autor: Dr. Holthausen ist Physiker und Neurowissenschaftler. Er forscht seit fast zwanzig Jahren zum Thema KI und entwickelte bereits 1998 eine assoziative (künstliche) Intelligenz, die als Such-Technologie vielseitig in den Bereichen Big Data und digitale Marktforschung im Einsatz ist. Mit der Teal AI AG bringt Holthausen die Infrastruktur der Blockchain mit seiner assoziativen KI zusammen. Das Zielbild sind selbstorganisierte, dezentrale Marktplätze, die die Mechanismen der Natur abbilden.