Zeitungssterben – Online ist nicht die Pauschallösung

Ohne Zweifel, die Medienwelt ist im Umbruch. Titel, die schließen, Agenturen, die Insolvenz anmelden, Redaktionen, die Stellen abbauen. Der Grund: Print rechnet sich offensichtlich nicht mehr. Doch die Einstellung der reinen Tablet-Zeitung „The Daily“ zeigt, dass online alleine nicht reicht. Eine Chronik der Probleme der deutschen Verlagswelt.

Print ist tot und online lebt? Von wegen. „The Daily“ war die erste reine Tablet-Tageszeitung. Rupert Murdoch war damit ein Pionier im Paid-Content-Bereich. Nur leider war auch sie nicht profitabel. Laut offizieller Angaben wird die Zeitung mit Wirkung zum 15. Dezember 2012 eingestellt.

Warum „The Daily“ scheitern musste

Daniel Höpfner, Geschäftsführer von PressMatrix und E-Publishing-Experte, kommentiert zur Schließung von „The Daily“:

„Wenn man die Kosten von „The Daily“ genauer betrachtet, wird deutlich, wieso Rupert Murdochs erste rein digitale Zeitung so schnell wieder eingestampft werden musste: „The Daily“ hatte 100.000 Abonnenten, davon 50 Prozent wöchentliche Abos. Rechnerisch bedeutet das bei einem Preis von einem Dollar pro Ausgabe 2,5 Millionen Dollar Einnahmen. Davon werden 30 Prozent Apple-Anteil abgezogen und somit bleiben 1,75 Millionen Dollar übrig. Die anderen 50.000 Leser waren Jahres-Abonnenten. Sie zahlen 40 Dollar im Jahr, somit kommen zwei Millionen Dollar zusammen. 30 Prozent Apple-Anteil abgezogen bleiben 1,4 Millionen Dollar übrig.

Werbeeinnahmen sind üblicherweise genauso groß, wie die Einnahmen über Abos (Summe: 3.15 Millionen Dollar), so dass insgesamt 6.3 Millionen Dollar Einnahmen für „The Daily“ auf der Haben-Seite standen. Laut Murdoch selbst konnten mit den Einnahmen jedoch nur ein Sechstel dessen erzielt werden, was nötig gewesen wäre, um das Format überhaupt am Laufen halten zu können. Insgesamt fielen demnach ganze 36 Millionen Dollar an Kosten an.

Diese detaillierte Rechnung macht deutlich, dass Murdochs „Digital only“-Strategie auf der Kostenstruktur ursprünglich gedruckter Zeitungen aufgebaut wurde und nicht, wie notwendig, auf Basis eines Internetunternehmens. Ein durchschnittlicher Umsatz von circa fünf Dollar pro User und Monat ist deutlich mehr als die drei Dollar bei Unternehmen wie beispielsweise Facebook (zum Vergleich: http://www.insidefacebook.com/wp-content/uploads/2012/07/Facebook-ARPU1.png). Zudem sind über 150 Mitarbeiter für ein rein digitales Produkt zu viel, zumal auf bestehende Inhalte zugegriffen wurde und keine eigene internationale Redaktion hätte betrieben werden müssen.

Weiteres K.O.-Kriterium: Eine Tageszeitung, die zwar digital aber ansonsten wie eine „alte“ Tageszeitung einmal am Tag erstellt und nur spärlich aktualisiert wird, passt nicht in die moderne Twitter-, Blog- und Facebook-Welt. Moderne Zeitungen haben die Aufgabe, kontinuierlich News zu interpretieren und diese in das große Ganze einzuordnen, um den Leser zu informieren und vor allem zu unterhalten. Das wiederum kann nicht funktionieren, wenn man nur einmal am Tag eine Zeitung „setzt“, so wie es „The Daily“ getan hat. Des Weiteren hatte „The Daily“ kein klares Profil – War es nun eine reine Zeitung mit News-Charakter oder doch ein buntes Magazin mit hohem Nachrichtenanteil? Ohne die Entwicklung eines charakteristischen Profils fiel es schwer, eine feste Zielgruppe zu begeistern. Murdoch und Co. vernachlässigten zudem die Vorteile digitalen Verbreitung, über den E-Commerce hätte weitergehendes Umsatzpotential generiert werden können.“

Die gewichtigsten Printmedien-Krisenfälle 2012 im Überblick:

„Financial Times Deutschland“ (Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien):
Status: abgesetzt, letzte Ausgabe ist am siebten September erschienen
Letzte Auflage: verkaufte Auflage auf 102.101 Exemplaren
Mitarbeiter: 320 von 350 Stellen fallen bei der Gruner + Jahr Wirtschaftsnachrichten weg

„Börse Online“ (Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien):

Status: unklar, ob das Wochenmagazin abgesetzt wird oder ein Management-Buyout-Verfahren in Gang gesetzt werden kann
Druckauflage: 77.654

„Impulse“ (Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien):

Status: wie „Börse Online“
Druckauflage: 97.889

Brigitte (Gruner + Jahr):

Status: einem Drittel der Brigitte-Mitarbeiter soll gekündigt werden
Druckauflage: 732.900

„Frankfurter Rundschau“ (DuMont Schauberg):

Status: Insolvenzantrag Anfang November, mögliche Aufkäufe werden geprüft
Mitarbeiter: 500 Arbeitsplätze bedroht
Druckauflage: 144.335

„Berliner Kurier“ und „Berliner Zeitung“ (Berliner Verlag/DuMont Schauberg ):

Druckauflage (zusammen): 298.522
Mitarbeiter: Einsparung von mindestens 40 Stellen

„Prinz“ (Jahreszeiten-Verlag):

Status: Einstellung aller 14 Printausgaben bis Ende 2012
Mitarbeiter: 40 Stellen, die von der Umstellung auf Online betroffen sind
Druckauflage: 222.403

„Abendzeitung Nürnberg“:

Status: eingestellt
Mitarbeiter: 35 Mitarbeiter arbeitslos

Nachrichtenagentur Dapd:

Status: Insolvenzantrag am 2. Oktober 2012
Mitarbeiter: 299 von insgesamt 515 Beschäftigten betroffen

WAZ-Mediengruppe:

Status: angekündigte Kosteneinsparung von 20 Prozent bis 2014
Mitarbeiter: In der vergangenen Sparrunde wurden 300 von 900 Redakteursstellen gekappt

„Augsburger Allgemeine“:

Status: Stellenabbau
Druckauflage: 102.488
Mitarbeiter: Beschluss, 37 Stellen abzubauen.

„Hamburger Abendblatt“

Status: Schließung Hauptstadtbüro
Druckauflage: 219.674

„Bonner Generalanzeiger“:

Status:Schließung Hauptstadtbüro
Druckauflage: 83.355