Zalando ist in den vergangenen zehn Jahren vom kleinen Schuhversand-Start-up zum erfolgreichsten deutschen Online-Modehändler aufgestiegen. Doch das Unternehmen bangt angesichts sinkender Wachstumsraten, kleinerer Warenkörbe und der starken Konkurrenz um seine Führungsposition im deutschen Online-Modehandel. Um sich an der Spitze zu behaupten, will sich der Berliner Online-Händler, der am Mittwoch seine neue Unternehmenszentrale in der Hauptstadt eröffnet hat, stärker als Marktplatz für bekannte Modemarken etablieren.
„Wir haben quasi den Zwang, uns zur Plattform zu entwickeln“, kündigte Vertriebschefin Belen Sienknecht im Interview mit dem „Handelsblatt“ an. „Plattformen sind die Zukunft, und Kunden möchten über einen einzigen Zugang möglichst viel Mode einkaufen – über alle Marken, Warengruppen und Preispunkte hinweg.“ Auf diese Weise erfülle man die Bedürfnisse der Kunden, die nicht von einem Onlineshop zum anderen springen wollen, ist die Vertriebschefin überzeugt.
Zahl der Markenpartner soll steigen
Ziel von Zalando ist es, das Geschäft mit Markenpartnern wie Adidas oder Tommy Hilfiger auszubauen, mehr Premium-Partner zu gewinnen und mehr Kosmetika zu verkaufen. „Für unser Partnerprogramm wollen wir das Bruttowarenvolumen bis 2023 etwas mehr als verdreizehnfachen“, sagte Sienknecht der Zeitung. Bereits bis Ende dieses Jahres soll die Zahl der Marken im Partnerprogramm von derzeit rund 900 auf über 1000 steigen. Aktuell arbeiten die Berliner mit 260 Partnern zusammen. Zalando erhält eine umsatzbezogene Provision für jeden vermittelten Einkauf eines Kunden bei einem der Partner. Der Händler übernimmt auch Dienstleistungen wie Verpackung, Logistik und Marketing, sofern die Markenpartner es wünschen und dafür bezahlen.
Die deutlich höheren Margen verzeichnet das Unternehmen zwar im Direktvertrieb. Allerdings schwächelt das Wachstum mittlerweile: 2018 steigerten die Berliner ihrem Umsatz um 15 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Euro. In den Vorjahren lagen die Wachstumsraten noch zwischen 20 und 25 Prozent. Auch der Wert der Bestellungen ging zuletzt zurück; innerhalb des letzten Jahres sank der Durchschnittsbon von 59 auf 57 Euro. Unter dem Strich stand im ersten Quartal 2019 ein operativer Verlust von 18 Millionen Euro.
„Zalando Plus“ bietet Lieferung spätestens am Folgetag
Um wieder Boden gutzumachen, verspricht der Online-Händler seinen Kunden mehr Service. So wurde Anfang des Jahres „Zalando Plus“ eingeführt. Für 15 Euro Jahresbeitrag garantiert der Versender in 23 deutschen Städten die Zustellung bestellter Waren noch am selben oder am nächsten Tag. Zalando will die eigenen Kunden künftig noch gezielter mit individuellen Angeboten ansprechen, um so die hohen, kostenintensiven Retourenquoten von rund 50 Prozent in den Griff zu bekommen. Dazu habe die Produktdesign-Abteilung mehr als 27 Millionen aktive Kunden analysiert und sechs Kundentypen ausgemacht, die unterschiedlich angesprochen werden sollen.
Mit der persönlichen Kundenansprache und individuellen Produkt- und Outfit-Vorschlägen hat sich zuletzt vor allem die Otto-Tochter About You in der Gunst der Konsumenten nach vorne geschoben. Auch die Hamburger, aktuell eines eines der am schnellsten wachsenden E-CommerceUnternehmen in Europa, könnten Zalando schon bald die Spitzenposition im deutschen Online-Modehandel streitig machen.
Zalando will sich neben Mode und Schuhen auch mit der Anfang 2018 gestarteten Beauty-Sparte profilieren: „Wir müssen im zweiten Halbjahr vor allem die Internationalisierung vorantreiben, die Kategorie bei unseren Kunden noch bekannter machen und noch mehr Marken und Produkte einführen“, kündigte Beauty-Chefin Pamela Wade-Lehman im Gespräch mit dem „Handelsblatt“ an.“ Mit dem Ausbau des Kosmetik-Bereichs tritt Zalando verstärkt in Konkurrenz zum deutschen Marktführer Douglas. Die Parfümeriekette baut ihr Online-Geschäft ebenfalls aus.