Damit wird es aber auch zu einer neuen Aufgabenverteilung im Marketing kommen. Mitarbeiter werden so durch Technik ersetzt. Dazu erklärte Zalando-Co-Chef Rubin Ritter in der FAZ.NET: „Wir gehen davon aus, dass Marketing in Zukunft noch datenbasierter sein muss. Dafür brauchen wir einen höheren Anteil an Entwicklern und Datenanalysten.“ Für die Marketingleute dürfte der Platz so gleichzeitig enger werden.
So gesehen könnten sich die beiden mega-gehypten Marketingtrends Big Data und Social-Media sogar gegen das Marketing im Unternehmen und damit auch gegen einen Teil der Marketingdienstleister richten. Statt, dass damit, wie von vielen erhofft, das Marketing im Unternehmen wieder mehr an Bedeutung gewinnt, könnte genau das Gegenteil passieren. Damit rächt sich auch eine weitere Entwicklung im Marketing, nämlich die zunehmende Operationalisierung. So wird – wenn man es sehr böse formuliert – der Werbefuzzi immer öfter zum Social-Media-Fuzzi, der vielleicht schon demnächst vom „digitalen Arbeitskollegen“ abgelöst wird.
Ein neues Marketing(selbst)bewusstsein
Aber diese Entwicklung könnte auch eine extrem positive Seite für das Marketing haben, nämlich dann, wenn es dem Marketing gelingt, wieder integrierter Bestandteil der Unternehmensstrategie zu werden. Nur dazu bedarf es nicht nur eines neuen Selbstbewusstseins im Marketing selbst, man braucht zudem generell ein neues Marketingbewusstsein im Unternehmen.
In vielen Unternehmen hat man bei Marken- und Strategieprojekten immer wieder den Eindruck, dass das Marketing dabei sein darf, um für die Umsetzung vorbereitet zu sein. Dabei sollte das Marketing in vielen Fällen aktiv mitreden, denn immer noch beruhen viele grundlegende Unternehmensstrategien mehr auf dem Wunsch nach Wachstumszahlen statt auf den echten Marktgegebenheiten. Genau hier müsste das Marketing die grundlegende Unternehmensstrategie herausfordern und im Falle des Falles auch massiv in Frage stellen.
Vom Ausführungsgehilfen zum Strategiepartner
Nur ein Beispiel: Viele Marken sind heute unpositionierbar, weil sie im Laufe der Zeit mit zu vielen verschiedenen Produkten, zu vielen Preispunkten, zu vielen Vertriebswegen und zu vielen verschiedenen Kampagnen und Kampagnenthemen überladen wurden. Aus diesem Grund drehen sich auch viele Marken bei der Neu- oder Repositionierung im Kreis. Positionierungspapier folgt auf Positionierungspapier, Briefing auf Briefing, Werbeagentur auf Werbeagentur und neue Kampagne auf neue Kampagne.
Genau in Fällen wie diesen sollte das Marketing im Unternehmen aufstehen, um die Markenstrategie in Summe nicht nur in Frage zu stellen, sondern auf eine echte grundlegende Neuausrichtung der Marke unter den Gesichtspunkten aller 4 Ps (Produkt, Preis, Vertrieb und Kommunikation) zu pochen. So gesehen hat das Marketing auch oder speziell in der digitalen Ära eine goldene Zukunft vor sich, wenn man den Mut hat, sich nicht zum reinen Ausführungsgehilfen „degradieren“ zu lassen.