Was haben wir alles an Klamotten im Schrank! Das Jahr hat kaum genügend Tage, an denen wir all die Dinge überhaupt tragen können. Dennoch: Wir kaufen immer mehr. Die Konsumausgaben steigen. Es liegt aber nicht nur an den Käufer*innen, die immer mehr haben wollen. Sie stehen im Werbe-Dauerfeuer gewiefter Marketingstrateg*innen. Und sie haben das Internet. Das gibt ihnen die Möglichkeit, alles sofort zu bestellen.
Menschen fangen nicht erst im Erwachsenenalter damit an, Dinge anzuhäufen. Wer einmal ein Neugeborenes erlebt hat, weiß, wie schnell es auf einem Berg Spielzeug sitzt. Und jetzt stelle man sich vor, dass sich das bald ändern könnte.
„80 Prozent aller Spielzeuge werden nach nur wenigen Benutzungen entsorgt und landen auf Mülldeponien, in den Meeren und in Verbrennungsanlagen“, sagt Cilia Laug, Co-Gründerin von Tribu, einem Start-up aus Berlin, das Spielsachen im Abo anbietet. „Oft werden Spielsachen nicht einfach von Kind zu Kind weitergegeben“, sagt sie. Um genau zu sein: nur 1,6-mal. Diese Zahl will sie mit Tribu erhöhen. Eltern können eine Spielzeugbox bestellen. Sobald das Kind das Interesse verliert, schicken sie sie zurück – und kriegen eine neue. Das Spielzeug in der zurückgesendeten Box prüft das Unternehmen auf Vollständigkeit, reinigt es und gibt es wieder in den Umlauf.
Ein neues Leben
Das geht so lange, bis ein Spielzeug doch irgendwann kaputt ist. Bis dahin aber spart es massenhaft Ressourcen ein. Das Hamburger Start-up Unown hat sich ein ähnliches Modell in Sachen Kleidung ausgedacht. Commown ist eine Genossenschaft, die Geräte wie Handys oder Kopfhörer vermietet.
Alle diese Modelle versuchen, Ressourcen so lange wie möglich in Nutzung zu halten. Und sie tun das, indem nicht mehr das Produkt selbst, sondern das Nutzungsrecht verkauft wird. Dass alle Gründungen gemeinsam haben, dass sie gut für den Planeten sein wollen, scheint viele Kund*innen nicht zu interessieren. „Die Menschen interessieren sich für den Umweltschutz. Das ist aber nicht der Hauptgrund, warum sie unsere kuratierten Spielzeugboxen mieten“, sagt Laug. Der Grund, weshalb sie zugreifen, sei die Qualität der Produkte.
Weniger besitzen
Auch in anderen Bereichen wird das Thema Kreislaufwirtschaft immer wichtiger. Vytal, das Unternehmen von Tim Breker, bietet Mehrwegverpackungen für To-go-Lebensmittel an. „Wenn man es genau nimmt, fahren wir auch ein Abomodell“, sagt Breker. Es geht nicht mehr darum, etwas zu kaufen, sondern nur darum, eine Sache zu nutzen.
Viele Menschen wollen heute nicht mehr so viel besitzen. Für viele, die sich an Abomodellen, die Breker als „As-a-Service“-Modelle bezeichnet, beteiligen, steht das im Vordergrund. Um Kund*innen anzulocken, zählen vor allem die steigende Bequemlichkeit und ökonomische Anreize, erklärt er. „Wir machen etwa Aktionen, dass Läden einen Kaffee umsonst ausgeben, wenn sich die Kund*innen für Mehrweg entscheiden.“ Oder die Partner von Vytal spielen mit negativen Anreizen und machen einen Kaffee im Einwegbecher teurer. Das zieht. Aber: Laug spricht in Sachen Spielzeug von einer noch kleinen, aber stetig wachsenden Community. Dass das Modell funktioniert, zeigt auch das Wachstum von Tribu. Bisher hat das Unternehmen zehn Mitarbeiter*innen. „Im Moment wachsen wir um 50 Prozent pro Monat. Am Ende des Jahres wollen wir 25 Leute sein“, sagt sie.
Ist das die Rettung?
Nur stellt sich am Ende doch die Frage: Kann man damit wirklich den Planeten retten? Vera Susanne Rotter ist Professorin an der Fakultät für Prozesswissenschaften an der Technischen Universität in Berlin. „Was da jetzt geplant ist, ist schon eine große Nummer“, sagt sie. Sie meint damit das, was die EU gerade politisch in Sachen nachhaltiger Produktpolitik und Ökodesign vorhat. Und es sei gar nicht so leicht, alle Beteiligten mit an Bord zu holen. Kreislaufwirtschaft klinge in vielen Ohren fast wie Planwirtschaft. Und das riefe Widerstände hervor. Und dann ist da noch ein weiteres Problem: „Die Maßnahmen sind nicht immer richtungssicher“, sagt Rotter. Allen Kreislauf- oder Abomodellen sollte die Entlastung der Umwelt als Maßgabe unterliegen. Bei Einwegpfand und der Einwegkunststoffrichtlinie war das nicht unbedingt der Fall.
„Kunststoffbecher versus Einwegbecher – ist das wirklich die entscheidende Frage?“, sagt Rotter. Die Wirtschaft triggere Konsummuster, die das eigentliche Problem seien. Der Kaffeebecher steht eigentlich nur symbolisch für schnellen Konsum. Am besten würden wir also unseren Kaffee einfach aus einer Tasse trinken. „Den größten Hebel haben wir bei langlebigen Konsumgütern“, sagt Rotter. Exklusivität ist also der Schlüssel zum Umwelterfolg. Cilia Laug würde diesen Ansatz bestätigen – Qualität ist es, was ihre Kund*innen anlockt.