Die Rede ist natürlich vom Abstieg der Marke Kodak. Hier die Zahlen:
Jahr/Markenwert in Milliarden US-Dollar/Platz in den Top 100:
- 1999 ….. 14,8 ….. 16
- 2000 ….. 11,8 ….. 24
- 2001 ….. 10,8 ….. 27
- 2002 ….. 09,7 ….. 30
- 2003 ….. 07,8 ….. 34
- 2004 ….. 05,2 ….. 53
- 2005 ….. 05,0 ….. 62
- 2006 ….. 04,4 ….. 70
- 2007 ….. 03,9 ….. 82
In nicht einmal 10 Jahren verlor man nicht nur enormen Markenwert (Inflationsbereinigt würden die Zahlen noch schlimmer aussehen.) Man fiel auch von Platz 16 (1999) auf Platz 82 (2007), um heuer aus den Top 100 überhaupt hinaus zu rutschen.
Ursache und Reaktion
Die Ursache dafür ist natürlich heute jedem klar. Mit dem Aufstieg der digitalen Fotografie begann das Ende der analogen Fotografie und folglich des Fotofilms. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille ist, wie Kodak auf diese Situation reagierte und vor allem wie Kodak auf diese Situation reagieren hätte können oder hätte sollen. So tappte Kodak wie viele andere in ähnlicher Situation in die Markenbekanntheitsfalle.
Statt eine neue Marke im digitalen Segment aufzubauen, wollte Kodak unbedingt die Marke ins digitale Zeitalter retten. Dafür gab es aus Sicht des Kodak Managements sicher zwei klare Beweggründe: Erstens die hohe Markenbekanntheit und zweitens der hohe Markenwert. Das ist die Managementsicht.
Manager- versus Kundensicht
Nur aus Kundensicht sieht die Sache anders aus: Warum soll man sich eine Digitalkamera von einem Fotofilmexperten kaufen, wenn man sich diese auch von einem Kameraexperten wie etwa Nikon oder einem Digitalexperten wie Sony kaufen kann?
Kodak hat von allen Marken in diesem Segment die schlechteste Ausgangssituation, weil man für das Falsche stand und steht. Und dagegen anzukämpfen, macht wenig Sinn. Was sollte das Management bei Kodak aber dann tun? Man sollte die Marke Kodak bei Fotofilmen abcashen und als erstes Unternehmen dieser Erde eine eigenständige Digitalkamera-Marke aufbauen. Noch gibt es nämlich keine Spezialmarke nur für Digitalkameras. Der Digitalkamera-Markt ist zurzeit so wie der PC-Markt vor Compaq und Dell.
Die überschätzte Markenbekanntheit
Wird dies passieren? Wahrscheinlich nicht, da das Management von Kodak nie die Marke freiwillig „einschläfern“ würde. Zu schade, denn so wird man, wie es aussieht, die Marke und folglich das Unternehmen genau dazu verdammen. So werden viele teure Fehlentscheidungen nur deshalb getroffen, weil man die Bedeutung der Markenbekanntheit massiv überschätzt.
Dies sollten auch die Verantwortlichen bei der Modekette Adler bedenken, die gerade versuchen die Bedeutung der Marke Adler auch mit Hilfe des Testimonials Veronica Ferres in den Köpfen der Kunden von „Altbacken und Discount-Mode“ auf „exklusive Fashion-Labels, inspirierende Schnitte, stilsichere Kreationen und erlesene Qualitätsstoffe“ zu ändern. Dazu kann man in Zeiten von H&M, Zara und New Yorker aus Markensicht nur eines sagen: „Viel Glück und gute Nacht!“
Fazit: Man sollte sich nie von den Faktoren Markenbekanntheit und Markenwert blenden lassen. Entscheidend ist, wofür die Marke in Relation zur Konkurrenz steht. So ist es besser, eine unbekannte neue Marke zu haben oder zu schaffen, die für das Richtige mit Zukunft steht, als eine alte, die für das Falsche steht. So schaffte es Google in nur 10 Jahren von Null auf Platz 20.
Über den Autor: Michael Brandtner ist der Spezialist für strategische Marken- und Unternehmenspositionierung in Rohrbach, OÖ, Associate im Beraternetzwerk von Al Ries und Autor des Buches „Brandtner on Branding“.