Herr Dr. Fakesch, nach einer Umfrage ist die Playstation 2 mit 46 Prozent am weitesten verbreitet, vor dem tragbaren Nintendo DS (21 Prozent), Wii (21 Prozent), PS 1 (20 Prozent) sowie Xbox und Xbox 360 (je 12 Prozent). Wie viel mehr Einheiten haben Sie aber zuletzt verkauft als Ihre Wettbewerber Sony und Microsoft?
FAKESCH: Diese Zahlen bezweifle ich sehr stark. Für Wii und DS spiegeln sie überhaupt nicht die Realität wieder. Man muss die Betrachtung meines Erachtens auch anders angehen: Sicher gibt es beispielsweise noch PS1-User, und sicher stehen auch noch einige Geräte aus den vergangenen zehn Jahren herum. Aber es wird keine neue Software mehr dafür entwickelt. Also wird die PS1 nur noch ab und an genutzt. Die PS 2 hat in Deutschland die größte installierte Basis, aber es ist schwer nachzuvollziehen, wie viele inaktive Geräte darunter sind. Nintendo DS ist das Markttreibende Produkt der vergangenen Jahre gewesen und holt die PS2 massiv ein. Fast die Hälfte aller installierten Geräte im Jahr 2007 war ein DS. Der deutsche Markt ist im vergangenen Jahr phänomenal gewachsen: Es wurden insgesamt 3,8 Millionen Hardware-Units verkauft, davon waren allein 1,8 Millionen Nintendo DS und fast 700.000 Wii. Nintendo hatte damit einen Hardware-Anteil von rund 66 Prozent in Deutschland.
Eine zeitlang ist Nintendo etwas hinterher gehechelt. Welche Marktanteile wollen Sie jetzt bei den Spielkonsolen und Spielen in Deutschland erreichen?
FAKESCH: Hinterherhecheln ist relativ. Selbst in den Jahren 2002 und 2003, als man Nintendo nachgesagt hat, nicht sonderlich gut unterwegs zu sein, waren wir auf Augenhöhe mit Sony, wenn man die TV-Konsole und den Handheld zusammenzählt. Der Gameboy war immer eine Bank im Handheld-Bereich. Bei der TV-Konsole war Sony sicher zeitweise ganz vorne, aber im Gesamtmarkt lagen wir gleich. Dann ist die Xbox dazu gekommen, die aber den Markt nicht ändern konnte. Nintendo hatte im Jahr 2007 mit DS und Wii, wie gesagt, einen Hardware-Marktanteil in Units von etwa zwei Drittel. Und im Wert waren wir deutlich über der 50 Prozentmarke, aber der Wert ist für uns nicht das wichtigste Kriterium, denn in erster Linie wollen wir die installierte Basis hochbringen, damit für die Publisher eine interessante Plattform entsteht. Auf der Software-Seite sind wir recht nah an die 50-Prozent-Marke herangekommen, wenn Sie die Publisher-Spiele hinzu rechnen. Ziel für 2008 ist es, in der Software über die 50 Prozent zu kommen. Und in der Hardware wollen wir mindestens den Anteil halten. Das erste Halbjahr hat sehr dafür gesprochen, dass wir unsere Ziele erreichen können. Wir beobachten aktuell einen anderen Effekt: Die Nintendo DS-Software löst gerade die Marktführerschaft der PS2-Software ab.
Wir sprechen hier fast die ganze Zeit über einen Zweikampf zwischen Nintendo und Sony. Gehen Sie davon aus, Microsoft verliert bald den Spaß an diesem Geschäft?
FAKESCH: (schmunzelt) Eine sehr kritische Frage, bei der Sie mir hoffentlich nachsehen, dass ich nicht direkt über die Konkurrenz sprechen möchte. Microsoft hat im Moment in Deutschland Marktanteile, die sich um maximal zehn Prozent bewegen. Ich weiß nicht, wie die Zielvorstellungen aussahen, ob sie damit zufrieden sind oder deutlich mehr erwartet haben. Ich weiß auch nicht, wie sich die Profit-Loss-Situation bei Microsoft darstellt und wie wichtig das Thema strategisch ist.
Von der Größe der Märkte her liegt Deutschland in Europa hinter Großbritannien und Frankreich nur auf Platz 3, obwohl die Bevölkerung größer ist. Warum?
FAKESCH: Sie sprechen jetzt wie mein japanischer Boss. Er sagt auch: Ihr habt doch über 80 Millionen Menschen und müsstet daher der größte Markt sein. Man muss hier die Realitäten richtig stellen. Zum einen haben wir es mit einem Best Ager-Markt zu tun, mit einem ganz anderen Anteil an älteren Menschen. Demographisch betrachtet, sind also viele Deutsche gar nicht mit Digitalspielen aufgewachsen und damit nicht affin. Im Bereich der jungen Bevölkerung hat Deutschland mit die schwächste Geburtenrate. Ein zweiter Aspekt ist, dass wir hierzulande im Vergleich zu anderen Märkten einen starken Anteil an PC-Games haben. Wenn Sie alle Spiele zusammennehmen kommen Sie hier auf ein Drittel bis 40 Prozent für PC-Anwendungen. Diese Kaufkraft fehlt uns noch. Und der dritte Aspekt, der in Deutschland doch sehr relevant ist: die gesellschaftliche Akzeptanz. Wir sind nicht so Entertainment-affin wie etwa die Briten. Darüber hinaus sind wir in Deutschland sehr langsam bei der Adaption neuer Technologien.
Mit welchen Anwendungen wollen Sie bisher unberührte Zielgruppen auf Nintendo aufmerksam machen? Etwa für Rehabilitation in Krankenhäusern?
FAKESCH: Wir sind sehr fasziniert davon, was die Leute mit unseren Konsolen so anstellen. Es war nicht die Zielsetzung von Nintendo, ein Therapiegerät zu entwickeln. Aber es machen tatsächlich viele Therapeuten unsere Konsolen zu einem Teil ihrer Therapie. Es kommt uns entgegen, aber Spiele wie Wii Fit haben wir eigentlich für den Spaß in der Familie entwickelt. Natürlich sind wir auf viele gesellschaftlich relevante Themen gegangen, wie Bildung oder geistige und körperliche Fitness – und wir haben gerade erst ein interaktives Kochbuch für den DS herausgebracht. Ich bin mir sicher, dass Fitness und Ernährung künftig stärker als Themen aufgegriffen werden. Wieso nicht eine Anwendung für Diabetiker? Was spricht gegen Führerschein-Training, Reisebegleiter oder Wörterbücher? Für Nintendo DS gilt: „DS enriches everybody´s life“. Eine Bereichung des Lebens, fürs tägliche Leben. Wir haben mit der Telekom einen Vertrag, dass jeder DS-Nutzer an jedem Hotspot frei spielen kann. Mario Kart können Sie zum Beispiel mittels WiFi-Connection weltweit mit Freunden spielen. Und mit Wii, die meist im Wohnzimmer steht, können Sie vom Sofa aus im Internet surfen, Ihre E-Mails abrufen und die Wettervorhersage anzeigen lassen. Wir bieten 48 Kanäle auf Wii, darauf könnte man wunderbar IP-TV anbieten. Technisch und inhaltlich ist noch eine Menge Entwicklungspotenzial gegeben.
Bei Sony ist die Unterhaltungselektronik der rentabelste Konzernbereich vor PC, TV, DVD, Musik und Film; genauer trägt sie 60 Prozent zum Betriebsgewinn bei, allerdings nur zwölf Prozent zum Konzernumsatz. Dabei verkauft Ihr Konkurrent die Playstation derzeit sogar unter Wert. Welche „Mördermarge“ wirft da erst ihr erfolgreiches Produkt ab?
FAKESCH: (lacht) Unsere Zahlen sind ja transparent: Der Nintendo-Umsatz hat sich im vergangenen Geschäftsjahr um die zehn Milliarden Euro bewegt, und der Gewinn lag bei rund drei Milliarden Euro. Sicherlich eine gesunde Rendite. Das liegt daran, dass man nach Verkauf einer bestimmten Anzahl an Hardware-Units in Skaleneffekte hineinkommt, und natürlich daran, dass der Markt in den letzten Jahren stark gewachsen ist. Das Gespräch führte Thorsten Garber
Dr. Bernd Fakesch über …