im Bild: Jürgen Schröcker, Marketing- und Personalvorstand der Hornbach-Baumarkt-AG
Herr Schröcker, ist die vielfach ausgezeichnete Hornbach-Werbung Ihr Werk?
SCHRÖCKER: Das kann man sagen. Ich kam Ende 1999 zu Hornbach. Wir haben die Marketingkonzeption überarbeitet, dann einen Pitch durchgeführt. Ab 2001 wurde die Kampagne umgesetzt. Die kreativen Ideen kommen von Heimat, unserer Agentur.
Bei der Ron-Hammer-Kampagne fliegt ein Motorrad-Stuntman über einen Hornbach-Markt und prallt gegen einen Pfeiler. Was soll da zum Ausdruck gebracht werden?
SCHRÖCKER: Die Ron-Hammer-Kampagne haben wir gemacht, um den Kunden eine Vorstellung über die Größe unserer Märkte zu vermitteln: Wir sind größer als andere Baumärkte, haben mehr Produkte auf Lager, auch Volumenprodukte. In der Zeit vor der Mehrwertsteuererhöhung erschien es sinnvoll, auf diesen Punkt hinzuweisen.
Wieso haben Sie den Film mit verwackelter Kamera aufnehmen und dann im Internet zirkulieren lassen?
SCHRÖCKER: Ron Hammer war als normale Kampagne geplant. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Themen virales Marketing und Internet aktuell, und wir wollten ausprobieren, was drinsteckt.
War Ihnen das Experimentelle wichtiger als die Zielgruppenansprache?
SCHRÖCKER: Der Löwenanteil des Budgets wurde klassisch und zielgruppengerecht eingesetzt. Auch über die neuen Medien haben wir unsere Zielgruppe getroffen. Heimwerker, im Kern die Männer zwischen 30 und 54 Jahren, bewegen sich intensiv im Internet. Es war mal eine andere Art der Ansprache. Man erzielt über Blogs und Foren eine neue, nicht vorhersehbare Wirkung.
Neuerdings zeigt Hornbach Homosexuelle, Behinderte, Ausländer, Islam-Gläubige. Wieso muss ein Baumarkt diese Menschen in den Mittelpunkt der Werbung rücken?
SCHRÖCKER: Die Kampagne „Toleranz in der Gesellschaft“ ist die Fortsetzung unserer Serie „Helden“. Wir wollen gesellschaftspolitisch Stellung beziehen und dokumentieren, dass wir offen, liberal und tolerant sind.
Ist das ein Auftakt für mehr Corporate Social Responsibility? Werden die Hornbach-Mitarbeiter in ihrer Freizeit bald Kindergärten und Schulen renovieren?
SCHRÖCKER: In der Werbung Stellung zu diesen Themen zu beziehen, ist Corporate Social Responsibility. Weitere Aktivitäten sind davon unabhängig.
Wenn man die Hornbach-Kampagnen über die Jahre hinweg verfolgt, dann fällt auf, dass der kreative Ausstoß enorm ist. Überfordern Sie nicht die Zielgruppe?
SCHRÖCKER: Das ist alles eine Frage der Steuerung, Dosierung und intensiven Zusammenarbeit mit der Agentur. Die Agentur muss ein Gefühl entwickeln, wie die verschiedenen Botschaften ineinandergreifen und wie sich die einzelnen Parameter einer Marke entfalten. Wir hatten 2002 die Yippie-Kampagne, die sehr erfolgreich war. Wir überlegten uns damals, ob wir sie weiterlaufen lassen sollen. Wir haben es nicht getan, weil wir nicht als der Yippie-Baumarkt in die Analen eingehen wollten. Uns war klar, dass wir eine Persönlichkeit werden müssen und eine klare Zielrichtung brauchen, aber mit verschiedenen Botschaften und Facetten. Wir müssen Vielfalt überbringen und Dynamik ausstrahlen, als modernes Handelshaus auftreten und nah am Zeitgeist sein. Für Beck’s ist es gut, das grüne Segelschiff über Jahre hinweg in der Werbung zu haben. Für uns wäre das der falsche Weg. Wir müssen aktiv sein, wir müssen der Kommunikationsführer sein. Deswegen machen wir immer wieder neue, überraschende, berührende Kampagnen.
Funktioniert die Hornbach-Werbung auch in anderen Ländern?
SCHRÖCKER: Mit kleinen Einschränkungen laufen unsere TV-Spots überall. Die Ausnahmen sind Rumänien und die Slowakei, wo Hornbach noch unterrepräsentiert ist. Ansonsten ist die Werbeakzeptanz hervorragend und mit Abstand vor dem Wettbewerb.
Konkurrent Obi will mit Jung von Matt in den Ring steigen. Macht Sie das nervös?
SCHRÖCKER: Überhaupt nicht. Wir freuen uns auf jeden kreativen Wettstreit.
Das Gespräch ist Ausschnitt eines Interviews, das Peter Stippel für die aktuelle Ausgabe der absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing führte.