Auf die Frage, was bei der Entwicklung von Apps für das iPad zu beachten ist, entgegnet Flick etwa, dass die Ausstattung von iPad, iPhone und iPod Touch sich nicht nur bezüglich des Displays unterscheidet. Zum Beispiel sei das iPad mit Mikrofon ausgestattet, besitze aber keine Kamera. „Das iPad kann also hören, aber nicht sehen. Das erlaubt auf der einen Seite die Nutzung beliebter Apps wie Shazam, auf der anderen Seite werden Apps wie Twittaround nicht funktionieren“, bekräftigt der Rio-Mobile-Geschäftsführer.
Der Siegeszug der App werde sich mit dem iPad aber weiter fortsetzen, wenn nicht sogar verstärken. Die Gründe lägen auf der Hand: Apps überzeugten durch einfache Handhabung und hohen Nutzwert. Unabhängig von allen Experten-Meinungen dürfe man allerdings nicht vergessen: Apps seien schlicht und einfach ein Publikumserfolg. Es sei ein Konzept, das bei Nutzern ankommt. Das iPad sei im Vergleich zum iPhone für eine längere Nutzungsdauer ausgelegt. „Wir werden auf dem iPad anspruchsvollere Apps sehen, mit mehr Inhalten und einer komplexeren Struktur“, schätzt Flick.
Gefragt, wie der Stellenwert des iPads in der Produktvermarktung einzuschätzen ist, erklärt Flick: „Die Produktdarstellung auf dem iPad ist eindrucksvoller, detaillierter und brillanter als auf dem iPhone und vergleichbaren Smartphones. Die Interaktion auf dem großen Touchscreen eröffnet eine ganz neue Form der Inszenierung von Marke und Produkt.“ Diese gehe deutlich über die gewohnte Darstellung am Bildschirm hinaus. Hinzu komme das psychologische Moment, denn man halte das Gerät unmittelbar vor sich in den Händen. Das entfalte eine ganz andere Qualität der Werbewirkung, da der Konsument über das iPad sehr direkt adressiert werde. Aus seiner Sicht wird sich das iPad sehr schnell als begehrte Plattform für die Produktvermarktung durchsetzen.
Für die Online-Werbung eröffne das iPad zudem weitere Perspektiven. Neben der iAd sei auch bei der klassischen Online-Werbung eine interessante Entwicklung zu erwarten. Denn auf dem iPad – und den kommenden anderen Tablet-PCs – würden bekannte Bedienkonzepte wie die Mouse-Over-Aktivierung nicht funktionieren. Umgekehrt biete der Bewegungssensor neue Eingabemöglichkeiten. Denkbar wären beispielsweise Werbe-Formate, die auf den Neigungswinkel des Geräts reagieren. Sobald die technischen Grundlagen, etwa die Anpassung von Adservern, für die neue Geräteklasse gelegt sind, erwartet Flick eine sehr dynamische und kreative Entwicklung: „Die Bedienung und Navigation auf Webseiten über den Touchscreen macht es nötig, praktisch alle bekannten Werbeformate auf den Webseiten konzeptionell zu überdenken.“
Hinsichtlich der Auswirkungen des iPads auf Vertrieb und Nutzung von Medieninhalten, werde sich das System jedoch nicht als Retter für die Verlagsindustrie erweisen. Nachrichten seien heute schwer verkäuflich, daran werde das iPad wohl nichts ändern. Früher seien Nachrichten zwar nur als Paket erhältlich und an das Trägemedium einer Zeitschrift oder Zeitung gebunden gewesen, doch dieses Konzept sei nicht ins Internet übertragbar. Möglicherweise könnte das iPad den selektiven Verkauf von Artikeln voranbringen. Medieninhalte ausschließlich über kostenpflichtige Kanäle zu refinanzieren wäre aus Sicht von Flick ein schwieriger und langwieriger Prozess: „Man wird Nachrichten auch zukünftig nutzen müssen, um Traffic zu erzeugen. Der kann dann kapitalisiert werden, wenngleich mit erheblich schlechteren Margen. Die Verlage müssen folglich neue Einnahmequellen im Internet erschließen.“ Er rät zu einer kostenlosen App mit einem redaktionellen Basisangebot, das an einen Online-Shop für ausgewählte Premium-Inhalte angeschlossen ist. Parallel könnten veredelte Angebote oder Kooperationen zur Refinanzierung beitragen. Neben der Anzeige würden diverse andere Geschäftsmodelle die journalistischen Inhalte im Netz umrahmen. Wer diesen Ansatz konsequent mit digitalen Mitteln umsetzt, werde sicherlich mehr bewegen als Wettbewerber, die zu geschlossenen Paid-Plattformen streben.