Wer beim Kleiderkauf erste Wahl aus zweiter Hand bevorzugt, engagiert sich für die Erde: Secondhand-Mode schont die Umwelt, weil weniger Kleidung produziert wird. Und das ist für Deutschland von Bedeutung: Laut Umweltbundesamt kaufen die Deutschen im Jahr durchschnittlich 26 Kilogramm Textilien ein, davon sind 12 bis 15 Kilogramm Bekleidung. Zum Vergleich, so die Experten: „Weltweit liegt der jährliche Durchschnitt bei acht Kilogramm.“
Dabei ist allgemein bekannt, dass die Herstellung von Textilien ökologische und soziale Auswirkungen hat: Unter anderem durch den Energieaufwand freigesetztes CO2, der Einsatz von Pestiziden beim Anbau von Baumwolle oder Chemikalien für die Weiterverarbeitung belasten das Klima. Hinzu kommt, dass in einigen Produktionsländern unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen gearbeitet wird; geringe Löhne und viele Überstunden inklusive, ohne jede gewerkschaftliche Organisation.
Vinted blieb nur noch ein Jahr Cashflow
Es gibt also gute Gründe für Secondhand-Mode. Apps wie Vinted tragen zu diesem Trend bei: Mit 45 Millionen registrierten Mitgliedern weltweit ist das Unternehmen aus dem litauischen Vilnius der größte Online-Marktplatz für gebrauchte Kleidung.
Doch der Erfolg war nicht von Anfang an da, berichtet CEO Thomas Plantenga im Gespräch mit der absatzwirtschaft. Der 37-Jährige arbeitete als gefragter Unternehmensberater in New York als er im Mai 2016 einen Anruf von einem der Vinted-Hauptinvestoren erhielt, dem Unternehmen Insight Venture Partners. „Sie fragten mich, ob ich spontan nach Vilnius fliegen könnte, um Vinted zu helfen“, erzählt Plantenga.
Die Venture-Capital-Firma, bei der er als Berater angestellt war, war gleichzeitig auch ein früherer Investor von Vinted, weshalb Plantenga den nötigen hausinternen Einblick hatte. „Das Unternehmen hatte zwar einen sehr erfolgreichen Start hinter sich, doch zum damaligen Zeitpunkt war das Geschäftsmodell nicht mehr tragfähig und es blieb nur noch ein Jahr Cashflow. Meine Aufgabe war klar: Ich sollte Vinted helfen, wieder in die Spur zu kommen.“
Vinted stellt Kunden in den Fokus
Aus dem eigentlich nur temporär geplanten Einsatz als Retter in der Not, erwuchs eine mehrjährige Beziehung. Heute, fünf Jahre später, ist Platenga immer noch CEO von Vinted. Der Manager orientiert sich bei seiner Arbeit an drei Zielen:
- Wie können wir die Kundenzufriedenheit steigern?
- Wie schaffen wir einen Mehrwert für unsere Community?
- Und wie können wir die Kosten für die Mitglieder reduzieren?
Eine der wichtigsten Maßnahmen von Vinted war, dass die Plattform seit 2016 keine Gebühren mehr für die Listung und den Verkauf von Secondhand-Kleidung erhebt. Mit der Folge, dass Verkäufer stets 100 Prozent ihrer Einnahmen behalten können. „Das hat dazu geführt, dass Kaufende eine noch größere Auswahl an pre-loved Fashion vorfinden und die Chancen steigen, das richtige Teil zu finden und letztendlich auch zu kaufen“, sagt Plantenga. „Der Kreis schließt sich sozusagen.“
Seine Einnahmen generiert das Unternehmen Vinted über den Käuferschutz, eine zusätzliche Option für sicheres Shopping und Versandvorteile auf der Plattform, die gegen eine geringe Gebühr freiwillig von Käufern genutzt werden kann. Vinted hat zudem spezielle „Push-Funktionen“ für Mitglieder entwickelt, die die Sichtbarkeit von Produkten und Verkäufern erhöhen, auch diese Funktionen sind kostenpflichtig. Zusätzlich nimmt die Company Gelder über Werbeplatzierungen auf der Webseite und den Apps ein.
Übernahme von „Kleiderkreisel“ und „Mamikreisel“
Das neue Konzept ging auf – bis heute ist Vinted auf Wachstumskurs. Erst im Mai 2021 erhielt die Plattform eine Finanzspritze von 250 Millionen Euro.
Bereits 2020 hatte Vinted zudem die deutschen Plattformen „Kleiderkreisel“ und „Mamikreisel“ zu einer großen Vinted-Community zusammengeschlossen, in der mehr als neun Millionen registrierte Mitglieder – zum größten Teil weiblich und zwischen 18 und 35 Jahre alt – auf der deutschen Vinted-Plattform Kleidung kaufen und verkaufen.
Corona beflügelt Wachstum von Vinted
Die Folgen der Corona-Krise haben Vinted weiteren Aufwind verliehen. „Durch die Corona-Pandemie verbrachten viele Menschen das vergangene Jahr zumeist zuhause. Viele nutzten die Zeit, um ihre Kleiderschränke auszusortieren und gebrauchte Kleidungsstücke auf Vinted zu verkaufen“, sagt CEO Plantenga. Auf der Plattform habe Vinted dadurch „einen signifikanten Anstieg der eingestellten Kleidung in den Lockdown-Phasen feststellen können“.
Die Plattform, die auch in Nordamerika aktiv ist, will weiter wachsen. „Der Fokus von Vinted liegt momentan auf dem europäischen Markt“, sagt Plantenga. „Wir möchten hier an die Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen und unsere Präsenz weiter ausbauen.“
Vinted startet Employer-Branding-Kampagne in Deutschland
In Deutschland ist Vinted derzeit bestrebt, sich einen festen Platz in der Berliner Tech-Szene zu erarbeiten. Dafür startete das Unternehmen Anfang Juni eine Out-of-Home-Kampagne. Mit der Kampagne will Vinted gezielt Tech-Talente ansprechen – vor allem Software-Entwickler.
„Wir investieren proaktiv in die besten Talente – nicht nur um unser Produkt stetig zu verbessern, sondern auch, um sicherzustellen, dass wir weiterhin einen positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft und unsere Community haben“, sagt Mark Astley, Director of Talent Acquisition Vinted.
Herzstück der Recruiting-Kampagne von Vinted sind OOH-Plakate, die zeigen sollen, was das Unternehmen für die angesprochene Zielgruppe als Arbeitgeber so besonders macht: „Wer bei Vinted tätig ist, trägt aktiv an einem positiven Wandel der Gesellschaft bei, der hin zu einer zirkulären Wirtschaft führen soll.“