In den Siebzigerjahren war alles ganz anders als heute. Der Besitz des eigenen Pkw hatte absoluten Vorrang, nur wenige Menschen sprachen vom Klimaschutz, und entsprechend plante man die regionalen Verkehrsnetze. Mit der Bahn fuhren immer weniger Menschen. Daher wurde auch in der Grafschaft Bentheim 1974 der Schienenverkehr für Fahrgäste eingestellt, lediglich Güterzüge durften weiterfahren.
Klimaziele, „Fridays for Future“, neue Mobilität
Im neuen Jahrtausend bestimmen neue Trends das Bild: der Aufstieg der Grünen, ehrgeizige Klimaziele, „Fridays for Future“, aber auch ein anderes Mobilitätsverhalten. Das Auto steht nicht mehr zwangsläufig an erster Stelle. Im „multimodalen“ Verkehr haben auch Busse, Bahnen, E-Bikes, Fahrräder oder E-Scooter ihren Platz, je nachdem, was gerade am besten passt. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung begann man vor einigen Jahren, die Reaktivierung von insgesamt 74 Bahnstrecken in Niedersachsen zu prüfen. Grünes Licht bekam 2016 unter anderem die Bentheimer Eisenbahn AG, der größte örtliche ÖPNV-Anbieter, für die Strecke zwischen Bad Bentheim und Neuenhaus.
2017 begannen die Bauarbeiten und zwei Jahre später, im Juli 2019, wurde die 28 Kilometer lange Strecke in Betrieb genommen. Fünf Züge mit jeweils 118 Plätzen verkehren seitdem im Regelbetrieb. Gleichzeitig wurden drei Bahnhöfe revitalisiert: Bad Bentheim, Nordhorn und Neuenhaus. Künftig soll die Strecke noch über die Orte Bemlichheim und Coevorden bis in die Niederlande weitergeführt werden.
Aufbruchsstimmung in der Grafschaft
Um die Bevölkerung für das Vorhaben zu sensibilisieren und zu begeistern, kreierten die Initiatoren unter dem Namen Projekt Regiopa eine neue Marke. Sie steht nicht nur die neue Bahnstrecke, sondern darüber hinaus für all das, was sie mit sich bringt: modernisierte Bahnhöfe, drei neue, barrierefreie Haltestellen und insgesamt 300 Parkplätze für den Umstieg von Pkw auf die Bahn. Das gesamte Paket verbessert nicht nur die Mobilität der Bevölkerung, sondern damit verbunden auch die Lebensqualität – es weht ein frischer Wind durch die Grafschaft, der die Region auch für Touristen, Unternehmen und Neubürger interessanter macht.
Kommunikativ setzt die Bentheimer Eisenbahn AG auf einen Mix auf Print- und Online-Maßnahmen. Unter dem Titel „Die Grafschaft am Zug“ erschienen drei Ausgaben einer Projektzeitung, die jeweils der regionalen Tageszeitung beilagen. Sie stand zudem als Download bereit und wurde in Bussen, Reisebüros und Tourist-Information-Stellen verteilt. Auf Anfrage wurde die Zeitung auch per Post verschickt.
Im Internet waren aktuelle Informationen während der Projektphase über eine eigene Website sowie über eine Facebook-Seite abrufbar. Darüber hinaus wurde das gesamte Projekt Regiopa kontinuierlich per Video dokumentiert, um den Bürgerinnen und Bürgern einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. Zu den Highlights gehörte unter anderem die Vorstellung der fünf neuen, hochmodernen Züge im Januar 2019. Die Videos sind auf dem Youtube-Kanal der Bentheimer Eisenbahn verfügbar und wurden auch über Whats App und soziale Medien gestreut.
Mehr Fahrgäste als erwartet
Die neue Bahnstrecke wird noch besser angenommen als erwartet: Im Bewertungsverfahren hatte man mit 1700 Fahrgästen pro Betriebstag gerechnet, die tatsächliche Zahl liegt aber bei rund 2500. „Ich freue mich, dass wir unsere Region mobiler gemacht haben und fit für die Anforderungen an das neue Mobilitätsverhalten der Gesellschaft“, sagt Ralf Uekermann, Projektleiter Bentheimer Eisenbahn AG.
Das Projekt Regiopa der Bentheimer Eisenbahn ist für den Marken-Award 2021 nominiert, der am 24. August als Live-Stream-Event stattfinden wird. Es tritt in der Kategorie „Beste neue Marke“ gegen die Stadtmarketing-Offensive „Duisburg ist echt“ an. Das Projekt Regiopa ist das zweite von insgesamt zehn Finalisten-Portraits, die in den kommenden Wochen auf absatzwirtschaft.de vorgestellt werden.