Herr Dammann, Herr Lessmann, Ritter Sport steht seit über 70 Jahren für das Schokoladenquadrat. Wie passt das mit dem länglichen Waffelröllchen Amicelli zusammen?
MICHAEL LESSMANN: Keine Sorge, wir werden Amicelli nicht quadratisch machen. Das Schokoladenquadrat von Ritter Sport ist und bleibt unser Hauptprodukt. Die Marke macht mehr als 90 Prozent unseres Geschäfts aus, aber Amicelli ist eine schöne Ergänzung.
Wie kam es zum Kauf von Amicelli?
MALTE DAMMANN: Dahinter steckt eine glückliche Fügung: Wir arbeiten mit unserem Werk in Waldenbuch seit Längerem an der Kapazitätsgrenze. Engpässe in der Produktion machen sich besonders in der Vorbereitung der für uns wichtigeren zweiten Jahreshälfte bemerkbar. Daher haben wir nach einem zusätzlichen Standort gesucht und sind darüber zu der sehr schönen Marke Amicelli gekommen.
Der Name und der Vorbesitzer, Mars, lassen nicht darauf schließen, dass es sich um einen Standort im österreichischen Burgenland unweit der ungarischen und der slowakischen Grenze handelt.
MALTE DAMMANN: Dennoch ist es ein traditionsreicher Standort für Mars gewesen. Das Familienunternehmen hat einen neuen Besitzer gesucht, der idealerweise nach den gleichen Werten agiert und die übernommenen Assets zu neuem Leben erweckt. Allerdings gab es vorher eine Menge zu tun.
MICHAEL LESSMANN: Mars hatte das Werk heruntergefahren und zum Verkauf angeboten, weil es nicht mehr in seine Infrastruktur gepasst hat. Die Ausstattung der Produktion war nicht auf dem aktuellen Stand. Wir haben das Werk komplett modernisiert, auf 100 Prozent nachhaltigen Kakao umgestellt und bereits die Produktionslinie für Ritter Rum von Waldenbuch nach Breitenbrunn verlagert.
Bisher sind alle Ritter Sport-Tafeln in Waldenbuch vom Band gelaufen und von dort aus in alle Welt exportiert worden. Ist das nicht ein Bruch mit dieser Tradition?
MICHAEL LESSMANN: Ja, das Quadrat kommt künftig auch aus Breitenbrunn. Ich würde es dennoch schwäbisch formuliert eher als „Brüchle“ bezeichnen. Was Sie sagen, trifft auf rund 95 Prozent unserer Tafeln zu. Doch schon heute werden unsere veganen und laktosefreien Schokoladensorten zwar mit unseren Rezepturen und mit unseren Rohwaren, aber bei Fremdfertigern hergestellt. Der neue Standort ermöglicht es uns, diese Produktion zurück ins eigene Haus zu holen, worüber wir sehr froh sind. Der Schritt nach Österreich bedeutet darüber hinaus keinesfalls, dass wir uns nicht zu unseren Wurzeln in Waldenbuch bekennen würden; ganz im Gegenteil.
Können Sie etwas zum Ursprung der Marke Amicelli sagen?
MALTE DAMMANN: Die Marke verbindet leichtes, italienisches Lebensgefühl, das Dolce Vita, und den süßen Geschmack unserer hochwertigen Schokolade. Amicelli ist in den 90er-Jahren während einer Zeit ins Leben gerufen worden, in der der Vorbesitzer sich breiter aufstellen wollte: vom reinen Riegel-Geschäft in Richtung „Teilen“ von Süßwaren, also dem gemeinsamen Verzehr von Schokoladenprodukten, der damals im Kommen war.
Wie bewerben Sie Ihre neue Marke?
MICHAEL LESSMANN: Nachdem wir Amicelli übernommen hatten, haben wir signifikant in die Marke investiert. Wir haben dafür mit TV und Out-of-Home geworben. Ziel war es, zunächst einmal bekannt zu machen, dass der Kakaobezug für Amicelli seit dem Jahresbeginn zu 100 Prozent nachhaltig zertifiziert erfolgt. Das ist eine deutliche Aufwertung des Produktes.
Gibt es Parallelen zu typischen Ritter Sport-Kampagnen, etwa mit den großen Plakaten an Bahnhöfen?
MICHAEL LESSMANN: Synergien gibt es in der Produktion, im Media-Einkauf und ansatzweise in der Vermarktung, aber nicht in der Markenführung. Abgesehen davon, dass wir in einzelnen Bahnhöfen auch Stufen mit Amicelli beklebt haben, wird es aus Verbrauchersicht keinen Schulterschluss zwischen den beiden Marken geben. Wir werden Ritter Sport und Amicelli nicht zusammen bewerben, weil beide Marken ihre eigene Zielgruppe und ein jeweils sehr klares Profil haben.
Wie unterscheiden sich die jeweiligen Zielgruppen?
MICHAEL LESSMANN: Ritter Sport spricht heute als Marke eine etwas ältere Zielgruppe an. Das ist eine unserer großen Herausforderungen. Bei Amicelli sind die Kunden gleichmäßiger über die verschiedenen Altersgruppen verteilt, sogar eher etwas stärker bei den Jüngeren. Dafür ist Amicelli deutlich weiblicher.
Dies ist eine gekürzte Fassung des Gesprächs mit Malte Dammann und Michael Lessmann. Das komplette Interview ist im Printmagazin der absatzwirtschaft erschienen, das Sie hier abonnieren können.