Aus meiner Sicht sind es vor allem drei Hürden, die einem diversen, gleichberechtigten und inklusiven Arbeitsumfeld in Unternehmen im Wege stehen.
1. Mangelndes Bewusstsein und zu starker Fokus auf die Zahlen
In vielen Unternehmen gilt DE&I immer noch als „nice-to-have“ und nicht als strategischer Erfolgsfaktor für Innovation, Resilienz und Mitarbeitendenzufriedenheit. Viele Unternehmen konzentrieren sich auf eine Diversity-Dimension, zum Beispiel die Förderung von Frauen in Führungspositionen. Wenn bestimmte Quoten erfüllt sind, lehnen sich einige zufrieden zurück – und vernachlässigen dabei das „I“: Inklusion. Inklusion bedeutet, dass nicht nur Quoten erfüllt sind, sondern sich alle Mitarbeitenden wirklich sicher und geschätzt fühlen und dass Führungskräfte das volle Potenzial diverser Teams entfalten können. Ohne ein aktives Managen von “Inklusion” werden DE&I-Bemühungen langfristig nicht erfolgreich sein.
2. DE&I keine strategische Säule und drohende Diversity Fatigue
Was ist, wenn Unternehmen DE&I-Maßnahmen ergreifen und dennoch keinen spürbaren Fortschritt sehen? Oder wenn plötzlich Widerstände und Zynismus aufkommen? Willkommen in der Diversity Fatigue – einem Ermüdungszustand, in dem DE&I als oberflächliche Symbolpolitik wahrgenommen wird. Das passiert häufig, wenn DE&I-Aktivitäten isoliert durchgeführt werden, etwa durch bunte LinkedIn-Posts oder ein Sponsoring beim CSD, die keine tiefere Verbindung zur Unternehmensstrategie und nachhaltigen, internen Maßnahmen haben. Solche Maßnahmen wirken wie bloße Schönwetter-Kampagnen oder Feigenblätter, wenn sie nicht mit einer authentischen internen Haltung und klaren strategischen Zielen verknüpft sind.
3. Krisenzeiten und Rückzug in Vertrautes
In unsicheren Zeiten – ob wirtschaftlich, politisch oder gesellschaftlich – neigen Menschen dazu, sich auf Altbekanntes zurückzuziehen. Dieser sicherheitszentrierte Krisenreflex kann die Offenheit gegenüber Vielfalt verringern und DE&I-Initiativen bremsen. Dabei ist DE&I genau in diesen stürmischen Zeiten als stabilisierende Kraft ein wirksamer Katalysator und wesentlicher Faktor für Resilienz. Unternehmen, die Diversität auch in Krisenzeiten fördern, schaffen Arbeitsumfelder, in denen unterschiedliche Perspektiven wertgeschätzt werden und Teams durch gelebte gemeinsame Werte gestärkt aus der Krise hervorgehen können.
Maßnahmen von O2 Telefónica für DE&I
Echte Veränderung braucht gar nicht so viel. Es sind vor allem gemeinsames Lernen, Leadership Engagement und Konsistenz. Hier sind drei Maßnahmen, die wir bei uns im Unternehmen umsetzen:
1. DE&I beginnt an der Spitze: Führungskräfte übernehmen Verantwortung
Ein inklusiver Arbeitsplatz, an dem sich alle wohlfühlen, liegt in der Verantwortung aller – besonders der Führungskräfte. Mit dem Vorstand haben wir ein „DE&I Ambassador Programm“ aufgesetzt. Jedes Vorstandsmitglied ist dadurch Pat*in für eine spezifische Diversitätsdimension, zum Beispiel Youngsters, kulturelle Vielfalt, Pride, Gender Equality oder Menschen mit Behinderungen. Dadurch bildet sich jedes Vorstandsmitglied kontinuierlich in der eigenen Vielfaltsdimension weiter, lebt unsere Werte nachhaltig vor und engagiert sich persönlich im Rahmen gezielter Maßnahmen für positive Veränderungen in diesem Bereich.
Zusätzlich bieten wir künftig Schulungen an, die Führungskräfte auf den Umgang mit diversen Teams vorbereiten. Vielfalt bringt neue Perspektiven mit sich, die wir als Unternehmen brauchen, um neue Ideen zu entwickeln und noch bessere Angebote für unsere immer diverser werdende Kundschaft zu entwickeln. Aber jede*r kennt es auch aus dem persönlichen Umfeld: Mehr Perspektiven und unterschiedliche Meinungen am Tisch führen oft erstmal zu Spannungen. Durch spezifische Trainings lernen unsere Führungskräfte, wie sie diese Spannungen konstruktiv navigieren können und die Stärken ihrer Teams besser nutzen, indem sie Multiperspektivität als wertvolle Ressource nutzen und ihre Teams inklusiv führen.
2. Vielfalt fördern und Zusammenarbeit stärken durch ERGs
Wir setzen auf Employee Resource Groups (ERGs) wie die Pride Community, um Vielfalt und Zusammengehörigkeit im Rahmen interner Diversity-Netzwerke zu fördern. ERGs bieten sichere Räume für Mitarbeitende mit gemeinsamen Identitäten oder Interessen und helfen ihnen, sich jenseits ihrer Teams zu vernetzen. Sie fördern das gegenseitige Verständnis, die Wertschätzung verschiedener Perspektiven und stärken Teamspirit und Zugehörigkeit im gesamten Unternehmen. Besonders in einer hybriden Arbeitswelt bieten diese Netzwerke eine zentrale Anlaufstelle, in der sich Mitarbeitende innerhalb des Unternehmens abteilungsübergreifend austauschen, vernetzen und gegenseitig unterstützen können.
3. DE&I als Katalysator für gesellschaftlichen Zusammenhalt
Bei O2/Telefónica arbeiten in Deutschland allein etwa 7500 Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Lebensrealitäten zusammen. Sie bilden einen Querschnitt der Gesellschaft ab. Menschen, die sich in ihrem privaten Alltag vielleicht nicht begegnen würden, kommen hier jeden Tag zusammen. Das ist eine große Verantwortung und Chance. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Spaltungen zunehmen, sehen wir es als unsere Aufgabe, den Zusammenhalt aktiv zu fördern und die Brücken zwischen den verschiedenen Perspektiven zu stärken.
Eine Maßnahme dafür ist unsere Intranet-Reihe „One Company, Many Faces“, in der wir spannende Informationen rund um alle Vielfaltsdimensionen mit persönlichen Perspektiven von Mitarbeitenden zu diesen Themen koppeln. Es geht um Geschichten und Herausforderungen zu Themen wie soziale Mobilität, sexuelle Identität, Behinderungen und mehr. Diese persönlichen Einblicke machen abstrakte DE&I-Themen greifbar, erhöhen die Sichtbarkeit für die Vielfalt im Unternehmen und fördern Verständnis und Empathie. DE&I ist für uns mehr als Compliance, Employer-Brand-Thema oder Innovationstreiber. Es ist auch ein Beitrag zur gesellschaftlichen Resilienz und ein Ansatz, ein wertschätzendes Miteinander zu gestalten, das über Unternehmensgrenzen hinausstrahlt.