Lassen Sie mich ehrlich sein. Den folgenden Text wärme ich nur auf, denn der Artikel schlummert nun seit rund anderthalb Jahren auf meiner Festplatte. Und dass ich ihn nicht ganz so frisch koche, liegt nicht etwa daran, dass gerade Ferienzeit ist und ich eventuell am Strand abhänge …
Ich habe ihn nie finalisiert, weil so eine Kolumne nur einen kleinen Teil der stetigen Entwicklungen und Maßnahmen abdecken kann, die sich im Bereich Social Commerce entdecken lassen. Und trotzdem muss das Folgende mal raus. Denn an Aktualität verloren hat das Thema nicht. Im Gegenteil. Als wir Anfang 2020 mit unserem Kunden-Event zum Thema Social Commerce durch waren und gerade einen Folgeartikel gestrickt hatten, wurde die Welt plötzlich von der Pandemie getroffen – und alles auf links gedreht. Heute, 16 Monate später, ist E-Commerce auch in Deutschland endlich da, wo es schon vor zehn Jahren hätte sein sollen. Die Pandemie und die damit einhergehende Digitalisierung des Handels haben hier wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Für Social Commerce zeichnet sich eine noch rasantere Entwicklung ab. Klar ist: Die nächste Stufe des Onlineshoppings wird gerade eingeläutet.
Manchmal braucht es nur einen Hashtag
Alle Eltern, die Influencern folgende Kinder haben, wissen, wovon ich spreche: Kaum ein Medium kann besser Bedürfnisse erzeugen, als es Social-Media-Apps tun – und kaum ein Medium ist bequemer zugänglich. Natürlich setzen viele Unternehmen schon seit Jahren auf Instagram und Co. Die Apps sind ein Hotspot für Shopping-Inspirationen aller Art. Ein Foto auf Social Media kann einen großen Einfluss darauf haben, wie ich meine nächste Kaufentscheidung treffe. Manchmal braucht es vielleicht auch nur einen Hashtag. So weit, so bekannt.
Vom Content in den Einkaufswagen
Beachtet man dabei die riesigen Communitys aus Abermillionen Followern, die Marken, Stars und Influencer heutzutage besitzen, fragt man sich doch: Warum heben wir das Potenzial der Käuferschaft nicht direkt dort, wo sie sich aufhält? So ist der Trend naheliegend, dass sich Apps immer mehr in Richtung Social Commerce bewegen. Immer mehr User sollen in Zukunft direkt aus dem Content oder Werbemittel heraus einkaufen (können).
Für Marken liegen die Vorteile dabei auf der Hand: die erhöhte Messbarkeit durch zusätzliche Werte wie zum Beispiel Zahlen des direkten Abverkaufs, welche weniger anfällig für Abbrüche sind. Zudem können viele interne und externe Partner Quellen für Content sein. Kurzum: Social Commerce vereinfacht die Customer Journey enorm. Klingt fantastisch – für alle Seiten? In der Theorie ja, aber für die Umsetzung braucht man dem Anschein nach Geduld. Bis wir einmal easypeasy direkt aus einem Posting heraus eine Bestellung tätigen können, müssen wir also noch etwas warten. Warum eigentlich?
Ein Grund dafür mag in der Anbindung zwischen den Plattformen liegen. Es ist naheliegend, dass die Betreiber der Shopsoftware sich hier nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollen. Außerdem bestehen viele Marken auf ihren eigenen Shop. Und die Amazons dieser Welt haben sicher auch ein Interesse daran, ihre Stellung zu verteidigen. Außerdem gilt: Beiß nicht die Hand, die dich füttert. Facebook und Co. verdienen schließlich viel Geld damit, Menschen von ihrer Plattform in die externen Shops zu führen. So kann der Trend zu Social Commerce schnell zum Ritt auf Messers Schneide werden – zwischen Partnerschaft und Konkurrenz. Dabei war die Aufmerksamkeit für digitale Kommunikation und E-Commerce nie höher. Kein Wunder also, dass Plattformen wie Instagram, Snapchat und Pinterest intensiv an Shopping- und Checkout-Funktionen arbeiten. Besonders Instagram etabliert sich gerade als Innovationstreiber im Bereich Social Commerce und wird dadurch noch wichtiger als Kanal für viele Unternehmen.
Die Plattformen fahren neue Geschütze auf
Tiktok zieht ebenfalls nach: Unternehmen werden ihre Produkte bald in Katalogen präsentieren können und mit einem direkten Check-out innerhalb der App ist auch zu rechnen. Die Kooperation von Bytedance mit Shopify spricht ebenso für eine Offensive in Richtung E-Commerce: Deutsche Händler können schon seit einiger Zeit Produkte in Tiktok über Shoppable-Videoanzeigen verkaufen. Eine Fahrtrichtung, in die Snapchat schon im Jahr 2018 gelenkt hat. Auch hier setzt man auf Shopify – in den USA haben einige Influencer sogar ihren eigenen In-App-Store. Die Strategie von Shopify hin zu einer Art dezentralisiertem Amazon ist in diesem Kontext sehr spannend – und könnte dem besagten Riesen Konkurrenz machen.
Alle wollen ein Stück vom Kuchen
Diese Kolumne deckt, wie gesagt, nur einen kleinen Teil der Social-Commerce-Maßnahmen ab, die sich bei allen Plattformen entdecken lassen. Selbst Whats App hat mittlerweile einen Buy-Button und einen Produktkatalog ausgerollt. Und auch die Google-Tochter Youtube wird sich in Richtung shoppable entwickeln. Von Produkterkennung und -empfehlung über in Videos getaggte Produkte, der Konzern streckt seine Fühler in Richtung E-Commerce weiter aus.
Was Social Commerce so attraktiv macht, sind die personalisierten Angebote und eine schnelle, unkomplizierte Abwicklung des Kaufprozesses. Die Vertriebsmöglichkeiten der neuen Methode werden dabei immer vielseitiger und die Auswirkungen auf E-Commerce und Community-Management werden bald spürbar. Was hier seit einiger Zeit vor sich hin köchelt, könnte bald servierfähig sein. Es gilt also, die Entwicklungen zu beobachten und Chancen früh zu nutzen, denn Social Commerce geht gerade erst los! Mich finden Sie jetzt erst mal im Camper beim Shopping auf Tiktok!