Haben die meisten von ihnen doch ohnehin zur Agentur ein besseres Verhältnis als zur eigenen Forschungs- und Produktionsabteilung. Wie schön, wenn man sich dann mit einer neuen Werbekampagne, gedeckt durch das Votum der Szene, ganz aus der Firma rausziehen und mitsamt seiner Marke in die Welt der Gefühle abtauchen kann.
Differenzierung wird dem Marketing verheißen, wo sonst nichts mehr differenziert. Die tägliche, klägliche Wahrheit ist jedoch: TV-Spots und Anzeigen werden immer austauschbarer, die Bilder immer nichtssagender. Vor allem, wenn sich Agentur und Kunde auf aktuell besonders beliebte Gefühle kaprizieren – beispielsweise die Liebe. Is it love? (Mini). Aus Liebe zum Automobil (VW). Ich liebe es (McDonald’s). Oder die Sympathie. Oder den Mut…
Soll es besonders gefühlvoll zugehen, wird Sprache im TV-Spot kurzerhand durch „gefühlige“ Musik ersetzt; selbst der Markenname muss verschwiegen werden. „Denn wir wissen doch aus intimer Erfahrung: In den gefühlvollsten Augenblicken kann ein einziges Wort alles zerstören“. Mitsamt den unausgesprochenen Marken bleibt die werbliche Vernunft auf der Strecke. Dass es gar nicht genügend Gefühle gibt, um ein spezifisches für die eigene Marke zu finden und zu besetzen, ist ein quasi kreatürliches Argument gegen eine derart oberflächliche Emotionalisierung.
Wer durch diesen Hinweis argumentativ nicht mehr erreichbar ist, dem sollte wenigstens soviel klar sein: Er verliert bei der teuren Ausstrahlung seiner Schweige-Spots etwa ein Viertel der Zuschauer. Weil diese zwar in der Nähe des Fernsehers bleiben, aber nicht mehr hingucken, sondern nur noch mithören. Wenn es für die nun aber nichts mehr zu hören gibt? Dann ist mindestens ein Viertel des Werbegeldes futsch. Für einen Kaufmann kein gutes Gefühl.
Über den Autor: Dr. Klaus Brandmeyer ist Geschäftsführer der neu gegründeten Brandmeyer-Markenberatung.