In den letzten Jahren machte der Konzern vor allem mit negativen Ereignissen Schlagzeilen: Billigflieger und Pilotenstreiks setzen Konzernchef Carsten Spohr schon seit geraumer Zeit unter Druck, von dem Mediengau nach dem Absturz der Germanwings-Maschine ganz zu Schweigen. Nun will die Lufthansa umlenken: Der Kranich soll wieder für Fortschritt und Service stehen. Dafür knüpft das Unternehmen gerade ein enges Netz ins Silicon Valley.
Am 1. Juli startete die deutsche Fluglinie ihren ersten Direktflug von Frankfurt nach San José. Die neue Verbindung darf auch als Symbol für die künftige Beziehung zwischen dem Unternehmen und dem Techmekka im Westen der USA gewertet werden. Gerade erst entsandte Lufthansa eine ganze Delegation ins Silicon Valley. „Der Austausch mit der US-Westküste werde die Zukunft der Airline entscheiden“, zitierte das Handelsblatt vor diesem Hintergrund den Chefstrategen und Gründer des neu geschaffenen „Innovation Hub“ der Lufthansa, Sebastian Herzog.
„Wir müssen die Airline mit dem besten Erlebnis werden“
Weil erfolgreiche Reiseunternehmen wie Airbnb oder Uber eben nicht aus der klassischen Tourismusbranche kämen, wolle Lufthansa in den Tiefen der Startup-Welt nach Lösungen und Ideen suchen. Erste Kooperationen laufen bereits: mit dem Wohnportal Airbnb, dem Fahrdienst Blacklane oder dem Unternehmen Skyroam, das mobile Hotspots für Reisende verkauft.
Die wichtigsten Themen aber, schreibt Handelsblatt-Korrespondentin Britta Weddeling, seien Big Data und künstliche Intelligenz. Ziel sei es, die Reise der Kunden von Anfang der Planung bis Wiederkehr nach Hause zu begleiten. „Wir werden nicht die Airline sein, die immer den besten Preis hat, aber wir müssen die Airline mit dem besten Erlebnis werden“, sagte Torsten Wingenter, Director Innovations bei Lufthansa, gegenüber dem Wirtschaftsblatt.
Virtual Reality, smarte Schlafmasken und Kundenservice über Facebook
Erste Testversuche hat das Unternehmen bereits durchgeführt. Vor dem Jungfernflug von Frankfurt nach San José bekamen die Passagiere Virtual Reality-Brillen und Tablets mit auf die Reise. Über die Tablets konnten sie eine Konferenz verfolgen, die im vorderen Teil des Flugzeuges abgehalten wurde – nur ein Beispiel dafür, wie der Konzern neue Technologie künftig für Geschäftskunden einsetzen will. Am New Yorker Flughafen wiederum können Passagiere der Economy-Class über VR-Brillen die Vorteile der Premium Economy Class „erleben“ – und bei Bedarf direkt das Upgrade für den echten Flug erwerben. Und mit dem Startup Neuron testet Lufthansa derzeit eine smarte Schlafmaske, die mit Hilfe von Sensoren auf der Haut des Nutzers dessen Gehirnaktivität misst und ihm via App Schlafzeiten empfiehlt, um einen Jetlag bestmöglich zu umgehen.
Weiter tausche sich der Konzern aktuell mit Amazon über die Nutzung des Sprachassistenzen Alexa sowie mit Facebook über eine Vernetzung mit dessen Messanger für den Kundenservice aus. „Mittlerweile merken wir, wir müssen die komplette Reisekette verstehen, weil das das Erlebnis ist, das der Kunde hat“, so Wingenter.