Von welchem Job haben Sie als kleines Mädchen geträumt?
MERLE MEIER-HOLSTEN: Eigentlich wollte ich Tierärztin werden. Aber nach Praktika sowohl in einer Großtier-, als auch in einer Kleintierpraxis wusste ich: Das ist nichts für mich. Da war der Wunsch wohl größer als das physische, psychische und emotionale Vermögen.
Seit Mitte 2018 sind Sie nun Head of Marketing Europe bei Visa, zuvor waren Sie 18 Jahre lang im Marketing von Mondelēz. Wie konnte das passieren?
Statt Veterinärmedizin habe ich mich entschlossen, Soziologie, Psychologie und Öffentliches Recht zu studieren. Und schon während des Studiums konnte ich diverse Praktika machen, unter anderem bei Mondelēz. Dort habe ich schnell gemerkt, dass Marketing und vor allem die Arbeit für starke Marken extrem interessant und abwechslungsreich sind. Das war der Einstieg.
Bei Mondelēz haben Sie unter anderem für Milka, Toblerone und Trident gearbeitet. Seit Ihrem Wechsel zu Visa bezeichnen Sie sich selbst nun als „cashless payment enthusiast“. Ein ganz schön harter Cut, oder?
Aus Branchenperspektive auf jeden Fall, aus Markenperspektive allerdings nicht. Visa zählt weltweit zu den wertvollsten und damit für mich als Marketer zu den interessantesten Marken. Hinzu kommt: Die letzten zwei Jahre meiner Mondelēz-Zeit habe ich in Singapur gearbeitet und wurde schon dort zum „cashless payment enthusiast“. In Singapur ist digital payment schon weit fortgeschritten.
Und als Sie dann zurück nach Deutschland kamen, fühlten sie sich wieder ins Mittelalter versetzt?
Sagen wir so: In Asien gibt es in den Bereichen Digitalisierung und Mobile Banking sicher einen ganz anderen Speed.
Drei Dinge, ohne die Ihr Job heute nicht funktionieren würde?
Neugier, permanentes Hinterfragen des Status quo und lebenslanges Lernen.
Interessant, dass Sie keine Dinge, sondern Charaktereigenschaften nennen.
Stimmt. Aber für mich sind diese Skills tatsächlich ganz entscheidend. Ich wollte schon als Kind immer alles ganz genau wissen und verstehen. Meine Mutter habe ich damit ziemlich verrückt gemacht.
Was steht auf Ihrer Job-To-Do-Liste, neben „cashless payment“, derzeit ganz oben?
An erster Stelle steht der weitere Ausbau unserer Initiative, mit der wir lokale Händler auf ihrem Weg zur Digitalisierung unterstützen. Punkt zwei ist die Fortsetzung unserer „Ich zahle Visa“-Kampagne, etwa im Rahmen der Olympischen Spiele in Tokio. Punkt drei ist unsere edukative Kampagne zu Visa Debit.
Was war bislang Ihr größter beruflicher Glücksmoment?
Der Start der gerade genannten Initiative für Kleinunternehmen.
Das ist sicher eine tolle Marketingidee. Aber für Sie persönlich kann das doch nicht der größte Glücksmoment im Job gewesen sein …
… doch. Die vielen persönlichen Schicksale der Händler zu sehen, die gerade so massiv unter der Corona-Krise leiden, und ihnen gleichzeitig ein Stück weit zu helfen, berührt mich wirklich sehr. Seit Sommer 2020 konnten schon mehr als zwei Millionen Kleinbetriebe in ganz Europa bei ihren Digitalisierungsplänen unterstützt werden.
Mal abgesehen von Corona – wer oder was nervt Sie im Job am meisten?
Dass man Frauen in Führungspositionen hierzulande immer noch mit der Lupe suchen muss. Das nervt mich wirklich.
Und wenn alles irgendwann nur noch nervt: Wie sieht Ihr Plan B aus?
Gute Frage: Einen Karriereplan habe ich nicht. Deshalb: Wenn Plan B, dann vermutlich richtig und völlig anders – auf Weltreise vielleicht oder im sozialen Bereich.
Wenn ich mal nicht arbeite, …
vertreibe ich meine freie Zeit am liebsten … beim Laufen mit meinem Mann an der Weser.
schwärme ich anderen vor von … meinen Kochkünsten.
mache ich mich nützlich als … Handwerkerin. Ich renoviere gerade selbst mit großer Freude in unserer Wohnung.
mache ich vielleicht mal einen Podcast über … meine Heimatstadt Bremen.
Das Interview erschien zuerst im Printmagazin der absatzwirtschaft, das Sie hier abonnieren können.