Von welchem Job haben Sie als junges Mädchen geträumt?
JULIA SASWITO: Ehrlicherweise hatte ich lange Zeit keine klare Vorstellung von einem möglichen Berufsweg. Was mir allerdings sehr früh klar war: Ich wollte möglichst frei und unabhängig sein, sowohl finanziell als auch in meinen Entscheidungen. Schon in meinem Abi-Jahrbuch stand: „Julia wird mal Chefin.“ So ist es dann ja auch schnell gekommen.
Nach dem Studium sind Sie Anfang 2000 zu der damals noch jungen Agentur Triplesense Reply gegangen und wurden schon ein Jahr später Geschäftsführerin.
Die Option auf die Geschäftsführung hatte ich übrigens schon beim Einstieg. Gereizt hat mich aber auch das damals ziemlich neue Thema Digitalagentur. An der Uni habe ich mich in meiner Abschlussarbeit mit der Frage befasst: „Kann das Internet das Agenturgeschäft revolutionieren?“ Der Beweis wurde inzwischen wohl erbracht.
Im April 2021 allerdings haben Sie Triplesense Reply nach 20 Jahren verlassen und als Head of Marketing & Strategy beim KI-Start-up Aimpower angeheuert. Wie konnte das passieren?
Nach so langer Zeit im gleichen Job habe ich mich irgendwann gefragt: Was packt mich noch, was packt mich am meisten? Die Antwort: Neues aufbauen. Hinzu kommt, dass KI gerade wahnsinnig spannend ist. Für mich ist künstliche Intelligenz heute das, was das Internet 1999 war.
Head of Marketing & Strategy eines 15-Mitarbeiter-Start-ups ist nicht gerade vergleichbar mit der Geschäftsführung einer Agentur wie Triplesense Reply. Warum haben Sie die Macht abgegeben?
Mit dem Wort Macht im Kontext von Führung kann ich nicht viel anfangen. Und wer weiß, wo wir in zwei Jahren stehen – wir sind ja gerade erst am Anfang.
In zwei Sätzen: Was genau macht Aimpower?
Wir haben eine Softwareplattform entwickelt, über die man mittels künstlicher Intelligenz die Wirkung und Effizienz von Marketingmaßnahmen schnell und automatisiert vorhersagen kann. Damit bieten wir nicht nur eine Alternative oder Ergänzung zu klassischer Marktforschung, sondern unterstützen Marketer auch bei der Markenführung.
Was ist eigentlich so sexy an KI im Marketing?
Neben dem ganzen wirklich abgefahrenen Tech-Kram, mit dem ich hier zu tun habe, ist es einfach extrem spannend, Algorithmen als konsistente Entscheidungsgrundlage zu nutzen, um schneller und besser zu werden und gezielt smarte KI-Tools für den Markenstrategietransfer einzusetzen.
Was kann KI im Marketing gut, was werden Maschinen nie lernen?
Dinge vorhersagen und bewerten kann KI. Aber Ideenfindung, Geschichten erzählen und um die Ecke denken kann sie (noch) nicht so gut.
Und Sie persönlich: Drei Dinge oder Skills, ohne die Ihr Job nicht funktionieren würde?
Inspiration, Expertise, Vertrauen, Zusammenhalt und Durchhaltevermögen.
Das sind schon fünf.
Die sind aber alle wichtig.
Und wer oder was nervt Sie im Job am meisten?
Wenn beispielsweise in Meetings zu viel Zeit verloren geht, etwa durch Dinge wie Unsachlichkeit, Eitelkeit oder um den heißen Brei herumreden.
Und wenn alles irgendwann nur noch nervt: Wie sieht Ihr Plan B aus?
Den gibt es nicht. Und den braucht es auch nicht. Ich bin rundum glücklich mit dem, was ich tue.
Wenn ich mal nicht arbeite, …
- vertreibe ich mir meine freie Zeit am liebsten mit … meiner Familie, auf Reisen, bei gutem Essen und in der Natur.
- schwärme ich anderen vor von … kulinarischen Entdeckungen und einsamen Plätzen, die ich auf Reisen entdecke.
- mache ich mich nützlich als … Elternsprecherin, Vorleserin für meine Tochter und Zuhörerin für Menschen in meinem Umfeld.
- mache ich vielleicht mal einen Podcast über … unbekannte Frauen jenseits der 70 Jahre und ihre Erlebnisse. Business ist spannend, aber das Leben ist noch spannender.
Das Interview erschien zuerst in der Dezember-Printausgabe der absatzwirtschaft.