Wie GfK-Chef Matthias Hartmann für Ordnung sorgen will

Der neue Vorstandschef des fünftgrößten Marktforschungsinstituts der Welt stellte jetzt in Frankfurt die neue Wachstumsstrategie „Own The Future“ vor. Sie verspricht vor allem mehr Übersicht. Nicht ohne Grund, denn gibt es eigentlich jemanden, der noch überblickt, was die GfK alles anbietet? Wer für welche Themen Ansprechpartner ist? Welche Tochterunternehmen wo und wie agieren? Wohl kaum, und das gilt wahrscheinlich sogar für viele Mitarbeiter des Marktforschungsriesen.
Matthias Hartmann,Vorstandsvorsitzender der GfK SE; Matthias Hartmann, Chief Executive Officer (CEO) of GFK SE

Von Klaus Janke

Die GfK ist in den vergangenen Jahren gewachsen und gewachsen, in über 100 Ländern ist sie nun aktiv, viele Unternehmen wurden hinzugekauft. Dabei ist es unvermeidlich, dass die Größe nach und nach zu einer Herausforderung wird. Denn ein Tochterunternehmen, das einen Kunden betreut, schöpft nicht unbedingt dessen gesamtes Potenzial aus – vielleicht kann er zum Beispiel neben der Kundenbedürfnis-Studie auch noch Geodaten für eine Marketingkampagne gebrauchen. Unübersichtlichkeit fördert Parzellendenken, aber damit soll nun Schluss sein.

Matthias Hartmann, seit Dezember 2011 Vorstandschef der GfK, verspricht klarere Strukturen: „Die Kunden sollen künftig einen Ansprechpartner haben, nicht mehr drei oder vier. Zudem richten wir ein globales Produktmanagement ein, das unser komplettes Dienstleistungsangebot einheitlich und übersichtlich darstellt“, so Hartmann. Systematisch wird nun das Portfolio der einzelnen Gesellschaften auf den Prüfstand gestellt und auf Synergiepotenziale abgeklopft. Wo sich dieses anbietet, sollen auch Tochterunternehmen zusammengelegt werden, die Struktur soll für Kunden verständlicher werden. Der CEO räumt ein: „Wir waren bislang im Markenbild nicht immer ganz klar.“
Das neue Konzept, das seit Anfang des Jahres für die GfK gilt, heißt „Own The Future“. Intern hat es bereits einen gehörigen Umbau gegeben. Es wurden neue globale und regionale Verantwortlichkeiten für Produktmanagement und Kundengruppen geschaffen und im vergangenen Quartal auch schon personell besetzt. In zahlreichen Arbeitsgruppen hat man die Prozesse neu definiert: „One GfK“ heißt das Zauberwort.

Nach außen wird die Straffung unter anderem durch neue Geschäftsfelder sichtbar. Die bisherigen drei Sektoren Custom Research, Retail And Technology und Media werden neu geordnet. Ab sofort gibt es nur noch zwei: Consumer Experiences und Consumer Choices. Bei Consumer Experiences geht es darum, den Kunden zu verstehen, seine Einstellungen und Beweggründe sowie die beeinflussenden Faktoren. Eine große Rolle spielen hier Konsumentenpanels. Organisatorisch werden hier der frühere Bereich Custom Research sowie die Ad-hoc-Forschung des Bereichs Media weitergeführt. Auch das GfK Media Efficiency Panel, mit dem es möglich, Mediennutzung und Kaufverhalten zu erfassen, gehört hierher. Der Bereich Consumer Choices untersucht vor allem, was der Kunde konkret tut, was und wo er kauft, welche Medien er wie oft nutzt. In diesem Bereich laufen unter anderem die Handelspanels und die TV-Reichweitenmessung. Hier geht es vor allem um die Sammlung von Daten, um harte Währungen. Consumer Choices fasst den bisherigen Sektor Retail And Technology sowie die TV-, Radio- und Printmessung aus dem Sektor Media zusammen. Davon verspricht sich Hartmann vor allem eine Stärkung des Mediengeschäfts, das zuletzt nicht so stark wuchs wie die anderen beiden Sektoren: „Die Plattform des Bereichs Retail And Technology wird helfen, dass auch Media global stärker wächst.“

Mit dem Umbau wird nicht nur die organisatorische Struktur gestrafft, auch die Zuständigkeiten im Vorstand sind neu geordnet: Gerhard Hausruckinger, bislang für Retail And Technology zuständig, verantwortet Consumer Choices. Debra A. Pruent, zuvor Vorstand für Custom Research, hält nun die Fäden bei Consumer Experiences in der Hand. CEO Matthias Hartmann ist unter anderem verantwortlich für die Strategie der GfK Gruppe und die IT-Strategie des Konzerns, Pamela Knapp bleibt Personal- und Finanzvorstand.
Damit hat sich der Vorstand der GfK-Gruppe seit Anfang des Jahres von sechs auf vier Mitglieder verkleinert. Die beiden langjährigen GfK-Manager Petra Heinlein (Custom Research) und Wilhelm R. Wessels (Media/Custom Research) haben ihre Verträge auf eigenen Wunsch nicht mehr verlängert und sind aus dem Unternehmen ausgeschieden.

Der 45-jährige Hartmann, zuvor Global Head of Strategy and Industries bei IBM Global Business Services, tritt kein leichtes Erbe an. Sein Vorgänger Klaus L. Wübbenhorst, der seinen Vertrag aus persönlichen Gründen nicht mehr verlängern wollte, hat 13 Jahre lang an der Spitze der GfK gestanden und das Unternehmen in dieser Zeit von einem auf Deutschland fokussierten Institut zum Global Player gemacht. Die GfK dürfte ihren Umsatz 2011 um rund fünf bis sechs Prozent auf gut 1,3 Milliarden Euro gesteigert haben. Mittlerweile sind 11 400 Mitarbeiter beschäftigt. Aber das soll noch längst nicht alles sein: Hartmann will bis zum Jahr 2015 einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro bei einer Ergebnismarge von 16 Prozent erzielen – zurzeit liegt die Marge bei rund 14 Prozent.

Möglich gemacht werden soll das Wachstum auch durch Akquisitionen. Im Dezember gab die GfK bekannt, das amerikanische Unternehmen Knowledge Networks zu übernehmen, einen Anbieter digitaler Marktforschung. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Bereiche Konsumgüter, Pharmazie, Handel, Medien, Regierungsstellen und Hochschulen. Wichtiger Bestandteil der Akquisition ist das Knowledge Panel, das nach GfK-Angaben einzige Online-Panel, das auf einer absolut repräsentativen Stichprobe der gesamten US-Bevölkerung basiert.
Wichtig ist für Hartmann vor allem, die bestehenden Märkte zu konsolidieren und neue zu besetzen. In Brasilien sieht er viele Chancen, auch in China, wo der GfK-Marktanteil erst bei drei Prozent liegen soll. Es geht aber nicht mehr darum, die Zahl der Standorte zu erhöhen, denn, so Hartmann: „Schon heute sagen andere Marktforscher: Egal, wo wie hingehen, wir können sicher sein, dass die GfK schon da ist.“

www.gfk.de