Eine Gruppe betritt eine Bar. Alle bestellen frisch gezapftes Bier. Die Bestellsoftware der Bar registriert: Nachfrage nach Bier ist gestiegen. Erreicht diese einen bestimmten Schwellenwert, erhöht sich automatisch der Preis für frisch gezapftes Bier. Gleichzeitig senkt sich etwa der Preis von Weißweinschorle und diese wird für die Kunden attraktiver. Das Ziel: Am Ende des Abends sind alle Getränkebestände gleichermaßen aufgebraucht, es kommt weder zu Knappheit noch zu Ladenhütern.
Technologie ist oft der Katalysator für die Schaffung neuer und innovativer Kundenerlebnisse. Die Entwicklung von „The Drink Exchange“ ist so etwas. Über die Software bestimmen Bars ihre Getränkepreise in Echtzeit basierend auf Angebot und Nachfrage. Es geht zu wie an einer Börse, aber mit Bier, Wein, Softdrinks oder sogar Essen. Der Marktplatz erscheint auf einem Großbildfernseher in der Bar, der wie ein Börsentracker aussieht. Die Aktien sind die Getränke, die Kurven die Preisentwicklungen über den Abend hinweg.
Software bereits in 19 Länder verkauft
Die Grundidee für „The Drink Exchange“ entstand bereits Mitte der neunziger Jahre – ironischerweise bei einem Bier. Seitdem wurde die Software in 19 Länder verkauft. Die heutigen technologischen Möglichkeiten beflügeln und erweitern das Konzept. Es trifft den Zeitgeist. Bars haben traditionell ein Problem mit der Markenidentität, da alle ein sehr ähnliches Produktportfolio anbieten. Zudem löst das System die klassische Herausforderung für Barbesitzer, die darin besteht, die Einnahmen zu steigern und die Kosten niedrig zu halten. Beim Verbraucher zahlt das Konzept auf die generelle Gamifizierung von Freizeitaktivitäten ein. Die Technologisierung von Bars sorgt für eine echte Win-Win-Situation: Das Ergebnis von „The Drink Exchange“ sind höhere Umsätze für Betreiber und ein spaßiges Erlebnis für ihre Kunden.
„The Drink Exchange“ wird in der Regel als wöchentliches Event veranstaltet. Einzelne Bars haben es aber auch zum permanenten Konzept gemacht. Die Grundidee wird ständig erweitert. Die Erfinder des Systems, Jungunternehmer aus Miami, haben beispielsweise „Futures“ eingeführt. Barbesucher kaufen sich Getränketickets am Automaten und spekulieren auf Cocktail-Leerverkäufe. Wenn er möchte, kann der Barmann auch einen Börsencrash inszenieren. Es kommt zu Marktabstürzen, wenn an verschiedenen Stellen im Laufe des Abends eine Auswahl von Produkten auf einen Mindestpreis herunterfällt. Nach von der Bar ausgesendeten Social-Media-Benachrichtigungen kann es auch zu Insiderhandel kommen.
Barbesucher teilen Erfahrungen im Netz
Die Möglichkeiten sind vielfältig. Für die Kunden ist dies beste Unterhaltung. Ihr Risiko besteht allein darin, zu viel durcheinander zu trinken. Für Barbetreiber lohnt sich die Börsenstimmung. Eine Studie, die auf der Website von „The Drink Exchange“ veröffentlich wurde, zeigt, dass eine Bar ihren Umsatz beispielsweise versechsfachte, indem sie über einen Zeitraum von sechs Wochen eine wöchentliche Veranstaltung durchführte. Für Werbung sorgen die Bargäste, die ihre Erfahrungen in den sozialen Medien bis zu sieben Mal öfters teilen als bei Besuchen anderer Bars.
Entscheidend ist, dass der Spaß im Mittelpunkt steht, gerade weil die Bar die vollständige Kontrolle hat. Sie legt die gehandelten Produkte fest, bestimmt Mindest- und Höchstpreise und löst Marktabstürze aus. Die Getränkepreise werden durch die dahinter liegende Technologie automatisch an den POS-Terminals synchronisiert. Dies macht „The Drink Exchange“ nicht nur zu einem effektiven, sondern auch zu einem leicht umzusetzenden Verkaufstools. Weiß ein Barbetreiber beispielsweise, dass seine Gäste typsicherweise gegen 22 Uhr gehen, sorgt er kurz vorher für einen Marktabsturz.