Es scheint ein jahrhundertealtes Problem zu sein: Der Kundenservice kommt erst dann ins Gespräch, wenn er entweder besonders unfreundlich oder besonders nutzlos gewesen ist. Matthias Riveiro, Partner Customer Practice von PwC Deutschland, fordert deshalb eine Entwicklung „weg vom reinen Problemlöser und hin zu einer integrierten Unternehmensfunktion“. Das bringe Marketing, Sales und Service „deutlich näher zusammen“, sagt er.
Kundenservice muss sich weiterentwickeln
Laut der aktuellen „Customer Service & Engagement“-Studie von PwC muss der Kundenservice neue Entwicklungen aufgreifen und sinnvoll integrieren. Das betrifft zum Beispiel Fortschritte im Self-Service sowie bei der Hyperpersonalisierung. Der Grundgedanke dahinter: Je mehr kleine Probleme die Kund*innen selbst lösen können, desto mehr komplexe Anliegen können die Service-Fachkräfte bearbeiten. Hierfür bestehen oftmals schon Systeme zur Automatisierung oder Optimierung des Kundenservices. Viele Contact Center bleiben dabei jedoch laut PwC-Analyse unter ihren Möglichkeiten, da zum Beispiel die Service-Fachkräfte nicht ausreichend geschult werden.
Problematisch ist, dass einige Technologien im Kundenservice bisher nur in wenigen Fällen angekommen zu sein scheinen. Einige Beispiele:
- KI-Technologien können den Personalisierungsgrad maßgeblich steigern.
- Cloudbasierte Omnikanal-Systeme können verschiedene Service-Tools zu einem ganzheitlichen Setup vereinen.
- Voice und Biometrics können bisher langwierige Sicherheitsüberprüfungen leicht ersetzen.
- Robotic Process Automation (RPA) ist darüber hinaus prädestiniert, für mehr Leichtigkeit auf beiden Seiten zu sorgen: Einerseits entlastet RPA die Service-Fachkräfte, andererseits verbessert es die Bearbeitung einfacher Anfragen.
Höhere Personalkosten und Preissteigerungen
In diesem Kontext ebenfalls herausfordernd für Unternehmen ist die Tatsache, dass künftige Mindestlohnerhöhungen viele Service-Fachkräfte betreffen. Der PwC-Studie zufolge wächst dieser Markt bis 2024 jährlich durchschnittlich um 4,64 Prozent. Außerdem wachse das Kontaktvolumen, also die Summe der Kontakte zwischen Kund*innen und Service-Touchpoints, bis 2024 um 1,4 Prozent. Die Folge: Der menschliche Kontakt wird teurer.
Bei aller Herausforderung eröffnen derartige Veränderungen auch neue Chancen. Denn der Einsatz der genannten Technologien personalisiert den Service in einem hohen Maße. „Im direkten Kontakt mit dem Kund*innen können Unternehmen wichtige Präferenzen in Erfahrung bringen und diese für eine möglichst bedarfsorientierte Kommunikation nutzen“, sagt Riveiro. Laut dem PwC-Experten erstellen moderne Systeme auf Basis qualitativer Daten von Kund*innen „passgenaue Next-Best-Actions und machen den Kundenservice damit zu einem effizienten Up- und Cross-Seller“.