Wie Baden-Württemberg mit der „The Länd“-Kampagne polarisiert 

Mit „The Länd“ wollte Baden-Württemberg mehr Fachkräfte aus dem In- und Ausland anlocken. Doch die Kampagne mit dem scheinbar so griffigen Slogan „Willkommen in the Länd“ sorgte für hitzige Diskussionen im Netz. Es gab vor allem Kritik – und viele Lacher auf Twitter.
Pressekonferenz zur "The Länd"-Kampagne
Mit der Dachmarkenkampagne „The Länd“ will Baden-Württemberg sich neu erfinden. (© Staatsministerium Baden-Württemberg / Studio KD Busch)

„Willkommen in the Länd“ – ein Satz, mit dem typische Baden-Württemberger*innen kaum ihre Heimat verbinden. Und doch ging es bei der großen Imagekampagne des Bundeslandes Baden-Württemberg um das Typische des Landes, um die Integrität und den Charme eines großen Wirtschaftsstandortes, der Innovation mit Lebensqualität verbindet. Doch angesprochen sind eben die, für die das flächenmäßig drittgrößte Bundesland mit dem ewig langen Namen kaum ein Begriff ist: Fachkräfte aus dem Ausland und der Nachwuchs der lokalen Universitäten, der sich nach dem Studium dort dauerhaft niederlassen soll. 

Schwäbisch auf Englisch von Jung von Matt 

Um Baden-Württemberg dieser Zielgruppe schmackhaft zu machen, schrieb die Landesregierung einen Pitch für eine neue Dachmarkenkampagne aus. Der Etat ging an ein Urgestein der Werbebranche: an die Agentur Jung von Matt Neckar. Die Werbeprofis hatten keine leichte Aufgabe. Schließlich sollte ihre Arbeit eine echte Legende ablösen: Seit 22 Jahren präsentiert sich Baden-Württemberg mit den Worten „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ der Welt. Es war die erste Imagekampagne eines Bundeslandes überhaupt – mit großem Erfolg und vielen Fans

Der Knackpunkt lag für die Agentur vor allem in Baden-Württemberg selbst. Der sperrige Name ist schon für so manchen Deutschen eine grammatikalische Herausforderung. Ein neuer Name musste also her, der aber auch die Bedeutung des Landes als Heimat der besten Köpfe aus Technik, Industrie und Wirtschaft repräsentieren sollte. Heraus kam – mit einer guten Portion Selbstironie – the Länd, abgeleitet vom schwäbischen Ländle, wie die Einheimischen ihre Heimat liebevoll im Volksmund nennen. Doch die leuchtend gelben Plakate mit „Willkommen in the Länd“ waren für die Baden-Württemberger*innen weniger eine gelungene Einladung als vielmehr ein arger Affront. 

Aufmerksamkeit gab es für die leuchtend gelben Plakate mit „The Länd“ genug – leider nicht nur positive. ©Staatsministerium Baden-Württemberg / Uli Regenscheit 

Auf Twitter kochen die Emotionen im Ländle hoch 

Kritik gab es vor allem für zwei Punkte: zum einen die immens hohen Kosten. Rund 21 Millionen Euro zahlte die Landesregierung um Ministerpräsident Winfried Kretschmann für „The Länd“. Ein stolzer Preis, der sich hier für die sparsamen Baden-Württemberger*innen auf Twitter absolut nicht rechnet. 

https://twitter.com/Yuma_Lein/status/1518570605049794560

Viele hätten das Geld lieber an anderen, dringlicheren Stellen investiert, etwa an den Schulen: 

https://twitter.com/Chronicallyliv4/status/1454189200895524869

Dann ist da noch der Name. Die denglische Verballhornung des geliebten Ländle ist dabei nicht bei jedem gut angekommen: 

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Für die Agentur ist die Kampagne ein Erfolg 

Ging die schwäbisch-badische Neuerfindung also nach hinten los? Nicht für die Agentur. Im Gegenteil: Die Werbeleute sehen die Reaktionen auf die Kampagne nicht als Alarmsignal, sondern als Erfolg. Auch wenn sie, wie Agenturchef Peter Waibel es im Interview mit absatzwirtschaft ausdrückt, „von der emotionalen Wucht“ in den sozialen Medien überrascht waren. Doch eine erfolgreiche Kampagne generiert in erster Linie eines: Aufmerksamkeit. Je lauter die Kommunikation nachhallt, umso größer ist die Chance, dass die Botschaft auch bei den richtigen Leuten ankommt. 

Zwar hätte es „regelrechte Hasstiraden“ gegeben, doch Waibel spricht auch von vielen positiven Rückmeldungen auf „The Länd.“ Das Hauptargument der Kritiker*innen, die hohen Kosten, lässt er allerdings nicht gelten. Denn was die meisten dabei übersehen: Die gesamte Dachmarkenkampagne ist auf drei Jahre ausgelegt. Und ein paar Schilder aufzuhängen reicht eben nicht, um erfolgreich Fachkräfte für das Land zu begeistern. Die Aufmerksamkeit der Zielgruppe muss auch in die richtigen Bahnen gelenkt werden – für Waibel sind das die Ziele und Themen der Kampagne, wo die eigentliche Arbeit für die Profis erst anfängt. 

Ob nun Ländle, The Länd oder doch Baden-Württemberg – einen Besuch ist das charmante Bundesland auf jeden Fall wert. 

(hakl, Jahrgang 1985) ist freie Autorin bei der absatzwirtschaft. In Online-Redaktionen quasi aufgewachsen, leitet sie seit 2011 ihre geliebte Redaktionsagentur Schmier & Fink, die seit jeher auf das „Star Wars“-Motto setzt: „Do … or do not. There is no try.“