Wie 4Bro zur Lifestyle-Marke werden will

20 Millionen Euro Umsatz nach einem Jahr scheinen nur der Anfang: Bisher hat sich die Marke 4Bro vor allem im Food-Bereich einen Namen gemacht. Das soll sich bald ändern. Im Interview erzählt Gründer Engin Ergün, wie er die "Bro-Community" weiter erschließen und 4Bro zur Lifestyle-Marke ausbauen will.
4Bro-Gründer Engin Ergün will mit seiner Marke die "Bro-Community" erschließen. Seine App zählt bereits über 800.000 Downloads. (© 4Bro)

Herr Ergün, Sie haben mit Ihrer Marke 4Bro innerhalb eines Jahres 20 Millionen Euro umgesetzt. Wie haben Sie das gemacht?

ENGIN ERGÜN: Wir haben offenbar einen Nerv in einer Zielgruppe getroffen, die so bisher weder erschlossen noch emotional angesprochen worden ist: Wir nennen sie die „Bros“ und „Sis“. Unser Branding und ein frecher Kommunikationsauftritt helfen uns dabei, die Zielgruppe auf uns aufmerksam zu machen. Wir wissen, wo sich die „Bros“ und „Sis“ aufhalten und wie sie angesprochen werden möchten. Auch unser Loyalty-Programm, die 4Bro-App, dürfte einen großen Teil zum Erfolg der Marke beigetragen haben.

Wer genau sind denn „die Bros“?

Ganz einfach ausgedrückt: Es sind all diejenigen, die sich mit „Bro“ (Kurzform von „Brother“, Anm. d. Red.) ansprechen – unabhängig von Nationalität oder Geschlecht. Im Grunde ist „Bro“ ein Unisex-Begriff für junge Menschen zwischen 14 und 30 Jahren, die sich über einen gewissen Lifestyle definieren. Über Themen wie Deutschrap, Gaming oder auch Fashion.

Wie kam Ihnen die Idee zu 4Bro?

In meiner Freizeit. Das Shisha-Café, in dem ich Stammgast bin, hatte zu. Also bin ich in ein anderes Shisha-Café gegangen. Das Publikum dort war anders, viel jünger. Je mehr sich das Café füllte, desto öfter fiel der Begriff „Bro“. Ich kannte den Begriff zwar, hatte ihn in dieser Intensität aber nie zuvor gehört. Daraufhin bin ich über mehrere Wochen immer wieder in dieses Café gegangen. Dabei stellte ich fest, dass es eine ganze „Bro“-Community und einen entsprechend großen Markt gibt.

Zum 4Bro-Sortiment gehören unter anderem ein Eistee, der nach Bubble Gum schmeckt und Mais-Snacks in der Geschmacksrichtung Sucuk. Ging es nicht auch gewöhnlicher?

Ich wollte vor allem eines sein: anders. Und wer eine Community als Zielgruppe definiert, muss diese auch einbinden. Deswegen auch unser Slogan „Von Bros 4 Bros“. Bevor wir mit der Marke an den Start gegangen sind, habe ich persönlich Interviews mit Leuten aus der „Bro“-Community geführt und sie zu ihren Wünschen befragt. Einer sagte zum Beispiel: „Bubble-Gum-Eistee – das wäre doch was.“ Das Ergebnis kam bei den Testern so gut an, dass wir es gewagt haben, damit in Serie zu gehen. Diese Strategie behalten wir uns bei allen Produkten bei: Auf unserer Website und über die sozialen Netzwerke haben unsere Kunden jederzeit die Möglichkeit, ihre Ideen zu neuen Geschmacksrichtungen, Produkten aber auch Goodies einzureichen. Sie wissen schließlich am besten, was sie von uns haben wollen.


Vita: Engin Ergün hat an der Technischen Universität Dortmund BWL studiert. Von 2000 bis 2004 war er Project Manager bei der E-Plus Group und ab 2004 als freier Unternehmensberater unter anderem für Siemens, E-Plus und Ay Yildiz tätig. Seit 2006 ist er CEO der von ihm gegründeten EthnoI Q GmbH. 2020 führte Ergün als eigenständigen Geschäftszweig die Marke 4Bro ein.


Wie funktioniert das Loyalty-Programm in der 4Bro-App?

Auf jedem Produkt, das 4Bro auf den Markt bringt, ist ein QR-Code. Wird dieser mit der 4Bro-App gescannt, werden den Nutzern Treuepunkte – sogenannte „Bro Points“ – gutgeschrieben, die sie gegen Goodies einlösen können. Sie bekommen dafür zum Beispiel Gutscheine für Shisha-Cafés, Barber-Shops, Nagelstudios aber auch für Streaming-Dienste oder Games. Darüber hinaus können sich unsere Kunden auch zusammentun und beispielsweise „Bro Points“ für ihre Schulabschlussfeier oder ihren Fußballverein sammeln. Im Gegenzug übernehmen wir die Kosten für den DJ, die Getränke, die Trikots, das Trainingslager und so weiter. Wer als Partner in der App gelistet werden möchte – das kann auch ein einzelnes Shisha-Café sein – kann sich in der 4Bro-Partner-App dafür registrieren.

Auf welchen Kanälen sind sie aktiv?

Mit inzwischen mehr als 800.000 Downloads ist die App für uns eine elementare Plattform geworden, um Neuigkeiten zu kommunizieren. Ansonsten sind wir vor allem auf Instagram und Tiktok aktiv. Der Content ist eine Mischung aus professioneller Kampagnenplanung und Improvisation unserer Mitarbeiter. Hat jemand spontan eine Idee für einen Beitrag, posten wir ihn einfach. Unsere erfolgreichsten Videos sind die, die wir selber mit dem Handy produziert haben. Ohne besonderes Equipment, dafür authentisch.

Sie nennen Ihre Kunden „Bros“ und scheuen auch sonst nicht davor, sich in der Markenkommunikation der Sprache Ihrer Zielgruppe anzunähern. Wie vermeiden Sie es, unglaubwürdig zu wirken?

In den sozialen Netzen lässt sich nichts schönreden. Wenn mal etwas schiefgeht, versuchen wir offensiv damit umzugehen und das Beste draus zu machen. Zum Beispiel haben wir einmal ein Video für Social Media gedreht, was total gefloppt ist. Und ich war selbst schuld daran. Weil ich unbedingt Regisseur spielen wollte und das Video, als es fertig war, total gestellt rüberkam. Einer nach dem anderen kommentierte das Englische Wort „cringe“ darunter, was bedeutet, dass man sich fremdschämt, beziehungsweise, dass etwas peinlich ist. Auch sowas passiert. Da muss man drüberstehen. Wir sind selbstironisch an die Sache rangegangen, haben einen Post dazu gemacht und hatten die „Bros“ entsprechend schnell wieder auf unserer Seite. Das war dann auch mein letztes Mal als Regisseur.

Gerüchten zufolge wollen Sie mit 4Bro in den Mobilfunkmarkt einsteigen und Ihr Sortiment mit Produkten aus dem Non-Food-Bereich ergänzen. Was sind Ihre Pläne mit der Marke?

Wir verstehen uns als Lifestyle-Brand und sind nicht auf den Food-Bereich festgelegt. Ich kann mir vorstellen, mit der Marke auch etwas im Fashion-Bereich zu machen. Oder eben Mobilfunk. Ich komme ursprünglich aus der Mobilfunkbranche und sehe bei 4Bro viel Potenzial in diese Richtung. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir noch in diesem Jahr eine 4Bro-„Mobile Card“ auf den Markt bringen. Die Idee ist, dass Kunden, die aus unserem Netz heraus telefonieren, „Bro Points“ sammeln und eintauschen können. Gegen Goodies oder spezielle Datentarife.

Was haben Sie sonst noch geplant?

Im August werden wir eine neue Produktkategorie auf den Markt bringen. Außerdem entsteht in Lünen, wo wir unseren Sitz haben, gerade das 4Bro-Haus. Es wird um die tausend Quadratmeter groß sein und verschiedene Bereiche wie Streaming, Gaming und Musik beherbergen. Wir werden Studiogäste dorthin einladen und verschiedene Formate drehen. Natürlich wollen wir auch unsere „Bros“ im 4Bro-Haus begrüßen und werden entsprechend Teilnehmer- und Zuschauerplätze in der Community verlosen, wenn es so weit ist.

Jana Samsonova (jas, Jahrgang 1993) ist seit 2019 Autorin der absatzwirtschaft. Studiert hat sie Medienwissenschaften und Literatur, Kultur und Medien in Siegen, volontiert an der Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten in Düsseldorf. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten im Museum, im Boxclub oder mit einem Set bunter Kunststoff-Klemmbausteine eines dänischen Spielwarenherstellers.