Werden Markenlogos immer langweiliger? 

Logos spielen eine wichtige Rolle für Marken. In der digitalen Welt stehen sie jedoch vor der Herausforderung, ihre Logos zu modernisieren und gleichzeitig ihre Einzigartigkeit zu bewahren. Das geht nicht immer gut.
Expert*innen warnen, dass Marken durch übermäßige Simplifizierung ihrer Logos ihre Einzigartigkeit verlieren könnten. (© Unsplash)

Im Kampf um Aufmerksamkeit spielen Markenlogos eine wichtige Rolle. Sie sind nicht nur Wiedererkennungsmerkmale, sondern auch Träger der Markenidentität und helfen bei der Marktpositionierung. In den letzten Jahren war zu beobachten, dass Marken ihre Logos immer mehr vereinfachen, sogar vereinheitlichten. Viele haben sich von Farben verabschiedet und nutzen stattdessen schwarz, auch scheinen viele Marken dieselben Fonts zu nutzen. Verlieren also Logos ihre Bedeutung als Aushängeschild von Unternehmen? 

So zeigt die Neugestaltung der Logos von Renault und Volvo (beide wurden im Jahr 2021 der Öffentlichkeit präsentiert), in welche Richtung der Trend geht.

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Peugeot und Renault mit ihren neuen Markenlogos.(Credit: Screenshot AdForum)

Bei Renault wurden die Grundform und das markante Rhombus-Symbol zwar beibehalten, jedoch stark vereinfacht. Ähnliches bei Volvo: Das neue Logo, das als „Iron Mark“ bekannt ist, wurde stark vereinfacht und zeigt nun eine flache, zweidimensionale Darstellung ohne die früheren 3D-Effekte. „Das vereinfachte Logo lässt sich in den digitalen Medien besser darstellen“, sagte damals ein Volvo-Sprecher zur Neuerung.  

Die Digitalisierung frisst ihre Kinder 

Und darin liegt ein Problem für Marken: In einer Welt, in der sie über zahlreiche digitale Kanäle kommunizieren müssen, ist die Anpassung an verschiedene Bildschirmgrößen und Auflösungen entscheidend. Schlichte, minimalistische Logos sind leichter skalierbar und behalten ihre Klarheit und Wiedererkennbarkeit, unabhängig davon, ob sie auf einem kleinen Smartphone-Bildschirm oder einer großen Werbetafel angezeigt werden.  

Dies sorgt für Konsistenz in der Markenpräsentation über alle digitalen Plattformen hinweg​. Zudem erfordert die schnelle und visuelle Natur sozialer Medien eine einfache und sofort erkennbare Symbolik. Nutzer*innen scrollen oft schnell durch ihre Feeds, und ein schlichtes, starkes Logo kann leichter Aufmerksamkeit erregen und sich einprägen als ein komplexes Design.  

Simon-Maier-Rahmer
„Wir wollen und brauchen gestalterische Diversität“ – Simon Maier-Rahmer, Creative Director bei KMS Team (Credit: KMS Team)

Diese Anforderungen haben dazu geführt, dass Marken ihre Logos vereinfachen, um in der Flut sozialer Medien herauszustechen und eine kohärente Markenidentität zu bewahren​. Nicht nur in der Automobilindustrie, gerade in der Fashionbranche, die stark auf Social Media setzt, herrscht ein großer Konkurrenzdruck in der digitalen Welt. Sie ist entscheidend für Markenkommunikation und Kundenbindung. Ob Balenciaga, Balmain, Zara oder Burberry: Sie wollen mit ihren Logos durch ein neues Biedermeier bestechen. Kann das gut gehen? 

Die Simplifizierung von Logos birgt Risiken 

„Die Gefahr besteht, dass Logos durch Simplifizierung viel ihrer Typik verlieren, die sie prägnant gemacht haben. Jedoch hängt dies immer vom Veränderungsgrad an sich ab und wie nachvollziehbar diese Veränderung ist“, sagt Simon Maier-Rahmer, Design Director bei KMS Team. Interessant: Dessen Lovebrand ist das deutsche Unternehmen Lamy, das selbst eine simple Wortmarke als Logo nutzt, und die seit den 1960er Jahren unverändert geblieben ist. Ein Vorteil, meint Maier-Rahmer.

„Das Logo ist zeitlos, da es in der Anwendung einfach gut funktioniert.“ Es habe aufgrund seiner formalen Klarheit für das Product Branding viele Vorzüge, weil es wegen der dicken Buchstaben im Großen, aber auch im Kleinen funktioniere. Außerdem stünden die Lettern kompakt sowie geradlinig und seien daher äußerst stabil und robust. „Lamy könnte aber sicherlich im Gesamtauftritt besser punkten“, gibt der Design Director zu. 

Trend zur Simplifizierung? (Credit: Screenshot Velvetshark.com)

Die Vereinfachung von Markenlogos kann aus psychologischer Sicht sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Ein einfaches, minimalistisches Logo vermittelt Klarheit, Vertrauen und Modernität, was in einer überladenen visuellen Umgebung beruhigend und ansprechend wirkt. Solche Logos sind leichter zu erkennen und zu erinnern, was die Markenwiedererkennung und -bindung stärken kann. Allerdings birgt die Vereinheitlichung von Logos auch Gefahren.  

Expert*innen warnen, dass Marken durch übermäßige Simplifizierung ihre Einzigartigkeit und emotionale Verbindung zu den Konsument*innen verlieren könnten. Wenn Logos zu generisch werden, besteht die Gefahr, dass sie in der Masse untergehen und die markenspezifischen Merkmale, die über Jahre aufgebaut wurden, verwässert werden. Diese Homogenisierung kann dazu führen, dass die Markenidentität geschwächt wird und die Differenzierung im Wettbewerb verloren gehen kann.  

Vereinfachung von Markenlogos: „Oft sehr gut gelungen“ 

„Wirkt ein Logo generisch, dann könnte das die Markenloyalität beeinflussen“, glaubt Maier-Rahmer. Sehgewohnheiten änderten sich zwar mit der Zeit, weshalb viele bekannte Marken dem Trend zur Simplifizierung gefolgt seien. „Nicht wenige haben tatsächlich genau dadurch die formale Einzigartigkeit ihres Logos und damit deren identitätsstiftende Typik abgeschafft – und wirken daher generisch“, ist sich der Design-Experte sicher. 

Dass Marken beim Re-Design eine durchdachte Herangehensweise benötigen, um die Balance zwischen Modernisierung und Markenidentität zu wahren, glaubt auch Stefanie Diers, Creative Director von MetaDesign. Sie findet sogar in vielen Fällen die Entwicklung zu vereinfachten Markenlogos sehr gut und gelungen – wenn die Vereinfachung einer klaren Strategie gefolgt ist. „Bei Volvo und Renault lässt sich ein zeitgemäßes, elektrifiziertes Mobilitätsverständnis eben nicht mehr mit den alten 3D-Effekten vermitteln. Das ist konsequent und sinnvoll“, so Diers. Ob eine Vereinfachung gut oder schlecht sei, ließe sich nicht pauschal beantworten. „Jedes Re-Design braucht eine nachvollziehbare Strategie und ein klares konzeptionelles Ziel. Und die Antwort ist eben nicht immer Simplifizierung.“  

Stefanie Diers, Creative Director von MetaDesign
„Jedes Re-Design braucht eine nachvollziehbare Strategie“ – Stefanie Diers, Creative Director von MetaDesign (Credit: MetaDesign).

Marken, die eine Änderung ihres Logos in Betracht ziehen, sollten mehrere Faktoren berücksichtigen, um ihre einzigartige Identität zu bewahren. Für Maier-Rahmer muss die Änderung formal stimmig, aber auch inhaltlich sinnvoll und nachvollziehbar sein. „Daran messen auch Laien teils unbewusst, ob sich ein Logo richtig anfühlt“. Im Zweifel gelte es daher „keinem Trend zu folgen, sondern genau abzuwägen, welches Asset man mit seinem Markenlogo hat“. Dann erst könne man präzise die Frage stellen, ob oder unter welchen Kriterien man eine Veränderung überhaupt vornehmen sollte. 

Vor allem Wortmarken hätten hier gegenüber Bildmarken einen Vorteil, glaubt Diers. Bildmarken machten für mich nur dann Sinn, wenn sie ein zu schützendes Markenkapital darstellten. „Wenn sie also so untrennbar mit der Marke verbunden sind, dass es die Marke schädigen würde, sie zu eliminieren. Wer möchte sich Adidas ohne die drei Streifen vorstellen?“ Für die Expertin blieben gut gestaltete Wortmarken immer ein Ausdruck von Selbstbewusstsein.  

Inwieweit sich der Trend zur Simplifizierung von Markenlogos fortzieht, bleibt abzuwarten. Denn den Drang nach Individualität und Einzigartigkeit verspüren viele Marken. „Wir wollen und brauchen gestalterische Diversität“, ist sich Maier-Rahmer sicher. So hat Burberry hat seine zuletzt serifenlose Wortmarke wieder abgeschafft und eine komplett neu gezeichnete Wortmarke eingeführt. „Und das ohne Bezug zum Vorgänger-Logo, mit konstruierten Serifen, dafür aber mit weichem und humanistischem Duktus.“ Vielleicht ein neuer Trend? 

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.