Werbeplätze besser monetarisieren 

Mobile-User*innen können sich künftig noch leichter in Apps einloggen und TV-Häuser ihre Werbeblöcke dynamisch optimieren. In beiden Fällen trägt Marketing Tech zu einer besseren Monetarisierung der Werbeplätze bei.
Im Jahr 1999 wirbt Boris Becker für den Online-Dienst AOL. (© AOL Werbung Boris Becker 1999/ Youtube)

Finger hoch, wer kennt ihn noch: Den legendären AOL-Werbespot mit Boris Becker? Der erstaunte Ausruf „Bin ich da schon drin, oder was?“ hat Kultstatus und sollte verdeutlichen, wie leicht es ist, sich ins Internet einzuwählen. Ja, zu jener Zeit musste man sich einwählen und eine CD war ebenfalls nötig. Doch für damalige Verhältnisse war das sensationell einfach. Es ist gefühlt Lichtjahre her, aber geändert hat sich eine Sache nicht: Um Nutzer*innen von einem Service zu begeistern, muss die Einstiegshürde sehr niedrig liegen. Das gilt auch für Log-Ins.  

Log-Ins sind eine gute Möglichkeit, Nutzer*innen ohne Drittanbieter-Cookies zielgerichtet anzusprechen. Google, Facebook und Co. haben dafür gesorgt, dass ein Einloggen weitgehend gelernt ist. Die im Jahr 2018 von RTL Deutschland, ProSiebenSat.1 Media und United Internet gegründete European netID Foundation hat mit ihrer netID ebenfalls ein so genanntes Single Sign-On aufgebaut. Mit denselben Log-In-Daten können Nutzer*innen so auf diverse Online-Angebote zugreifen. 

Auf mobilen Endgeräten verlagert sich der Internet-Traffic aber immer stärker in Richtung Apps. Darum haben die Initiatoren jetzt den App-Log-In vereinfacht. Mit nur zwei Klicks können sich netID-User*innen künftig in Apps der netID-Partner registrieren. Danach ist für den erneuten Log-In nur noch ein einziger Klick nötig. Über ein zentrales Privacy Center haben die User*innen ihre Daten im Blick und können sie individuell freigeben. App-Anbieter sollen von weniger Abbrüchen, einer Chance auf mehr Traffic und der zielgerichteten Ansprache profitieren. Technische Basis ist ein spezielles Software Development Kit (SDK). 

Kontaktklassen über netID optimiert 

Wie gut sich Nutzer*innen via ID auf Webseiten adressieren lassen, hat Mediaplus kürzlich mit einer Kampagne für den ADAC gezeigt. Die Agentur kombinierte dazu die Online-Reichweiten der drei Vermarkter Ad Alliance, Media Impact und United Internet Media. Mithilfe eines Frequency Managements über den netID-Identifier konnten die Kontaktklassen vermarkterübergreifend optimiert werden. Die Kampagne generierte 700.000 Ad Impressions und erreichte 340.000 Unique User*innen. Für die programmatische Ausspielung wurden die Active Agent DSP und die SSP von Yieldlab eingesetzt. 

NetID ist jedoch nur eine von mehreren ID-Lösungen, die um Reichweite und die Gunst der User*innen buhlen. Während einige IDs auf der Mailadresse beruhen, beziehen andere weitere Signale ein. Marktbeobachter gehen davon aus, dass sich nicht eine Lösung durchsetzen wird, sondern mehrere IDs parallel im Markt bestehen werden. Egal, wie es ausgeht – ins Internet einwählen muss sich niemand mehr. Doch einem Log-In werden User*innen in Zukunft wohl häufiger begegnen.  

Schon gehört? 

Die klassische TV-Werbung wird weiter digitalisiert. Der Tech-Anbieter Virtual Minds ermöglicht es jetzt den TV-Häusern, ihre Werbeblöcke im linearen TV mit dem Media Manager dynamisch zu optimieren. Das System berechnet in Echtzeit die bestmögliche Kombination aller Werbeblockelemente und entscheidet eigenständig über die Anzahl der Spots sowie deren Länge. Ziel ist es, die Werbezeit maximal zu monetarisieren. Auch Spots unterschiedlicher Länge können getauscht werden. 

Während im klassischen TV die Werbung digitalisiert wird, könnten im digitalen Streaming-TV werbefinanzierte Inhalte die bisherigen Abo-Modelle ablösen. Laut einer Studie des SSP-Betreibers Magnite ist Streaming in Deutschland bereits die bevorzugte TV-Form: 71 Prozent der Befragten gaben diese Präferenz an – für 48 Prozent ist es Broadcast TV und 32 Prozent nannten das traditionelle Bezahlfernsehen. Bereits 82 Prozent der rund 5300 Befragten in UK, Spanien, Italien, Deutschland und Frankreich schauen laut Studie werbefinanzierte Streaming-Inhalte. 

Übrigens: Wie man Künstliche Intelligenz kreativ für das eigene Marketing nutzen kann, zeigt dieser Tage Coca-Cola. Der Brause-Gigant hat seine Community dazu aufgerufen, auf seiner neuen KI-Plattform Kunstwerke zu kreieren und diese einzureichen. Die Plattform bietet GPT-4 und DALL-E-Technologien. Die besten Arbeiten sollen auf digitalen Werbetafeln in New York und London gezeigt werden.  

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert!

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.