„Alles so schön bunt hier. Ich glotz TV“, röhrte Nina Hagen in den späten 70er Jahren ins Mikrofon. Der Song wurde damals Kult, müsste aber für das Hier und Jetzt umgeschrieben werden. TV ist heute nicht nur bunt, sondern zunehmend digital. Insbesondere die Werbung. Hier sind es das Addressable TV (ATV) – also die digitale Werbung in linearem Fernsehprogramm – und das Connected TV (CTV), welche die Werbung auf dem Big Screen auf ein neues Niveau heben.
Laut einer jetzt veröffentlichten Studie von Goldbach wird insbesondere das Connected TV immer intensiver genutzt, bei dem digitale Inhalte direkt via Smart-TV oder über internetfähige Zusatzgeräte auf den TV-Screen gelangen. In der Studie gaben 79 Prozent der Befragten gaben an, CTV zu kennen, 61 Prozent nutzen dessen Zusatzfunktionen wie Streaming-Apps, TV-Sender-Apps oder Gaming-Apps. Goldbach hat die jährliche DACH-Studie bereits zum sechsten Mal durchgeführt.
Während sich an der Verweildauer nicht viel geändert hat, beobachtete man allerdings, dass CTV im Vergleich zu den Vorjahren stärker konsumiert wird: Mehr als die Hälfte nutzt demnach die Zusatzfunktionen von CTV wöchentlich – das ist ein Zuwachs von zwölf Prozent. Gut ein Viertel schaut täglich CTV (plus vier Prozent). Und wer Kinder hat, kann das sicher bestätigen: Laut Studie gehören speziell Haushalte mit Kindern zu den stärksten Nutzergruppen. Erstaunlich ist auch, dass mehr als 60 Prozent der Befragten ihr Smartphone oder ein anderes mobiles Gerät mit dem TV-Gerät verknüpfen. Bei den 16- bis 49-Jährigen sind es sogar 72 Prozent.
Marketing Tech optimiert TV-Werbelöcke
Beim Addressable TV ist die Lage hingegen anders. Hier sind die Inhalte linear und kommen über das TV-Gerät, allerdings wird die Werbung zunehmend digitalisiert. Das bringt für die TV-Vermarkter angenehme Vorteile mit sich. Konnten bisher nur einzelne Werbespots gleicher Länge ausgetauscht werden, können die Sender ihre Werbeblöcke künftig komplett dynamisch optimieren – in Echtzeit. So ist Marketing Tech von Virtual Minds jetzt in der Lage, die optimale Kombination aller Werbeblockelemente zu berechnen und eigenständig über die Anzahl der Spots sowie deren Länge zu entscheiden. Auch Advertiser profitieren. Sie können flexibler planen und haben mehr Ausspieloptionen.
Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen in CTV und ATV wird deutlich: Insgesamt weht bereits mehr als nur ein Hauch digitaler Mediaplanung durch die bisher eher starre TV-Werbeplanung. Nun müssen sich etablierte TV- und native Digital-Planer*innen nur noch einigen, wer künftig für die Planung auf dem Big Screen zuständig ist. Das dürfte spannend werden.
Schon gehört?
18 Millionen Deutsche sehen Gaming-Livestreams oder so genannte Let’s Plays. Eine YouGov-Umfrage im Auftrag des deutschen Branchenverbandes Game hat ergeben, dass bereits zwei Drittel der 16- bis 24-jährigen Gamer solche Inhalte anschauen. Sogar bei über 55-jährigen Spieler*innen ist es jeder Zehnte. Werbung auf entsprechenden Plattformen dürfte damit weiter attraktiv bleiben.
Auch das klassische Online-Video sorgt immer wieder für Hingucker – und für Interaktionen. So hat kürzlich die norwegische Kreuzfahrtmarke Hurtigruten im Rahmen ihrer 130-Jahre-Jubiläumskampagne eine neue, interaktive Videolösung von Plista eingesetzt (Agentur Mediaplan digital). Die interaktiven Features wurden maßgeschneidert und zusätzlich eine KI genutzt. Letztlich konnte die Kreuzfahrtmarke im Wettbewerbsvergleich laut Angaben des Tech-Anbieters eine um 191 Prozent höhere Click-Through-Rate erreichen, bei 57 Prozent günstigeren Kosten pro Klick (CPC).
Apropos KI: Zum Schluss wird es heute noch etwas gruselig: Instreamatic, ein US-Anbieter von KI-gestützten Werbelösungen, führt kontextbezogene Audio-Anzeigen ein. Ausgehend von einer einzigen Original-Audio-Anzeige kann die generative Sprach-KI unbegrenzt neue Creatives erstellen, um jeden Zuhörer oder jede Zuhörerin individuell anzusprechen. Die kontextbezogenen Anzeigen-Creatives können gesprochene Details enthalten, die beispielsweise den Standort der Zuhörenden, die Tageszeit oder den Namen der verwendeten App oder Plattform einschließen – ebenso wie die Aktivität, die User*innen in diesem Moment ausführen – also ob sie zum Beispiel einen Podcast hören oder am Smartphone daddeln. Hier drängt sich dann doch die Frage auf: Sollte wirklich alles, was technisch möglich ist, auf die Konsument*innen losgelassen werden?
In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert!