Wie in vielen anderen Branchen auch, sind Wettbewerbe in der Werbebranche eine Möglichkeit, die eigene Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Ob nun Architekturbüros, Filmproduktionsfirmen, Automobilfirmen, Parfumhersteller, Fondsgesellschaften oder eben auch die Werbebranche, für alle gilt: Wettbewerbe sind beliebt, helfen bei der Vermarktung und unterstützen häufig auch die Karrieren der involvierten Menschen. In der Werbebranche hat es jedoch in den vergangenen Jahren eine Entwicklung gegeben, die vielen Marktteilnehmern nicht mehr gefällt. Es gibt immer mehr Wettbewerbe mit immer mehr Kategorien und Unterkategorien. In der Folge hat sich der personelle und zeitliche Aufwand bei einigen Agenturen in Regionen bewegt, die zumindest CFO´s und Holdingchefs in Alarmbereitschaft versetzt. Beliebte Methoden, um dem zu begegnen, sind zum Beispiel die Beschränkung auf die vermeintlich wichtigsten Wettbewerbe oder das Aussetzen für ein Jahr. Die Tatsache, dass sich mit Arthur Sadoun, (CEO Publicis) und Martin Sorell (CEO WPP) zwei Holding CEO´s in die Diskussion einbringen, zeigt, dass es hier zumindest Diskussionsbedarf gibt. Dabei ist Wettbewerb nicht gleich Wettbewerb.
Die Besonderheit von Effektivitäts- und Effizienzwettbewerben
Unter den Kommunikationswettbewerben nehmen die Awards, die versuchen, die Effektivität und die Effizienz von Werbemaßnahmen zu bewerten, eine Sonderstellung ein. Der erste Unterschied: Bei den Kreativwettbewerben bleiben die Kreativen in den Jurys der Regel unter sich. So ist es beispielsweise beim ADC Festival, dem wichtigsten nationalen Kreativpreis Grundvorrausetzung, Mitglied im Art Directors Club zu sein. Bei Effektivitäts- und Effizienzwettbewerben sind die Jurys breiter besetzt. Neben den Vertretern aus Agenturen (Kundeberater, Strategen, Kreative und Mediaexperten) entscheiden hier auch Kunden, Wissenschaftler, Marktforscher und Unternehmensberater.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied: Prototypen und Bastelarbeiten haben bei Effektivitäts- und Effizienzwettbewerben keine Chance. Die Arbeiten müssen etwas bewegt haben. Die Frage, welche Kommunikationsmaßnahme wirkt, ist dabei die Schlüsselfrage auch für die Marketing-Verantwortlichen auf Kundenseite. Außerdem ist sie auch für Werbe-finanzierte Medien natürlich von allergrößter Bedeutung, die gerade wegen der Digitalisierung ebenfalls vor Rechtfertigungsdruck stehen. Damit besetzt der Effie ein Thema, das – weit mehr als alle anderen Awards – auch alle anderen Marktteilnehmer betrifft. Der Effie zeigt dabei in besonderem Maße auf, wie sich Marketing-Kommunikation wandelt. Gewannen früher fast ausnahmslos Arbeiten, die über einen längeren Zeitraum (Stichwort: Kampagne) erfolgreich waren, so kann es heute im Extremfall eine einzige Botschaft auf Twitter sein, der den Juroren preiswürdig erscheint. Bestes Beispiel: Für einen Tweet beim Stromausfall während des Superbowls gab es in den USA 2014 Effie-Gold für die Keksmarke „Oreo“.
Zudem hat der Effie klare Kriterien. Während die Frage, was „kreative“ Marketing-Kommunikation ist, viel mit Geschmack und Moden zu tun hat, geht es beim Effie um harte Fakten. Stellt der Case überzeugend dar, dass die Kommunikation gewirkt – also seine Ziele erreicht – hat?
Der Effie – der globale Golden Standard?
Der Lizenzhalter Effie Inc. nimmt für sich in Anspruch, den Golden Standard in der Kategorie Effektivitäts- und Effizienzwettbewerbe geschaffen zu haben. Der Blick auf die Fakten hilft bei der Beurteilung. Den Effie gibt es in den USA seit 1968 (in Deutschland seit 1981), erfunden wurde er von der New York American Marketing Association. Es gibt ihn aktuell in 42 Ländern auf sechs Kontinenten. Neben den Länder-Effies gibt es fünf Regional-Effies und den Global Effie. Was mich als Agenturchef und für den deutschen Effie verantwortlicher Vorstand des GWA aber am meisten überzeugt sind zwei weniger bekannte Fakten. Der Effie ist mittlerweile in eine Non-Profit Organisation überführt worden. Das Ziel des Effies ist es, eine Learning Plattform zu entwickeln, die hilft, den Marketing- und Kommunikationsnachwuchs aus- und weiterzubilden. Darum werde ich auch in Zukunft nicht müde werden, markenverantwortliche und Agenturen zur Einreichung zu motivieren.
Diese Kolumne entsteht in Zusammenarbeit mit dem Gesamtverband der Kommunikationsagenturen (GWA). Die GWA-Vorstände Nina Rieke (DDB Group) und Michael Trautmann (thjnk) schreiben hier regelmäßig für die absatzwirtschaft zum Thema Kunde-Agentur-Beziehung. Anlass ist eine große Kooperation zwischen der absatzwirtschaft, dem GWA und Agenturmatching: zur Agentursuche.