Von Gastautor Olaf Mahr, Managing Director DACH bei Integral Ad Science
Die Digital-Advertising-Branche richtet ihr Augenmerk verstärkt auf Viewability (ob Ad Impressions gesehen wurden oder nicht). Sichtbarkeit dient inzwischen als Qualitätskriterium und wichtigster Indikator für die Performance einer Online-Display-Kampagne.
Sichtbarkeitsziele in den USA
In den USA scheint die Werbebranche beim Thema Viewability schon einen Schritt weiter zu sein. Im Jahr 2015 sind Werbungtreibende verstärkt dazu übergegangen, nur für sichtbare Anzeigen zu bezahlen. Somit zeigt sich, dass Viewability immer mehr zur neuen Währung im Online Advertising wird. Es gab sogar Vorstöße von Shell und Unilever, die ihre eigenen Standards für Viewability definiert und diese für ihre digitalen Transaktionen verwendet haben. Für einige Werbungtreibende sind die Sichtbarkeits-Ziele inzwischen fast genauso wichtig wie traditionelle Performance-Messgrößen. Die Einkaufsseite bereitet sich global darauf vor, sichtbare Anzeigen ins Zentrum aller zukünftigen Handelsgeschäfte zu stellen.
In Deutschland hingegen müssen wir noch einen Stück des Weges gehen, bis wir Viewability als Währung verwenden. Somit stellt sich die Frage, was es genau ist, das uns hier zurückhält?
Das größte Hindernis
Die Abweichungen, die zwischen dem Viewability Reporting unterschiedlicher Anbieter bestehen, sind das größte Hindernis. Vor einigen Jahren haben die Technologie-Anbieter zur Messung von Viewability unterschiedliche Messverfahren auf den Markt gebracht. Dies hat dazu geführt, dass es beim Viewability Reporting unterschiedliche Ergebnisse gab, je nachdem welcher Anbieter zum Einsatz kam.
Einige Viewability-Anbieter verwenden eine einzige Messmethode – die Position und Größe einer Anzeige im Verhältnis zum Bildschirm. Andere Anbieter nehmen diese Messmethode und kombinieren sie mit der Messung der Geschwindigkeit, mit der eine Anzeige ausgeliefert wird und auf dem Bildschirm zu sehen ist, um eine aussagekräftigere Messung zu erzielen.
Wenn die Anzeige auf sich warten lässt
Einer der wichtigsten Gründe für die aktuellen Messdiskrepanzen ist die Tatsache, dass Technologien für den Media-Einkauf und -Verkauf unterschiedlich implementiert werden. Beide Seiten messen und analysieren unterschiedliche Bestandteile einer Anzeige. Das heißt, sie bestimmen für sich, wann die Messung der Sichtbarkeit beginnt. Sie messen auch, wo auf der Seite sich die Anzeige befindet, um zu definieren, ob die Anzeige gesehen wird.
Wir haben alle schon mal miterlebt, dass Anzeigen später sichtbar sind als der verbleibende Inhalt einer Website. Mit einem Unterschied von nur 200 Millisekunden gemessen am Standard einer sichtbaren Anzeige des Media Rating Council (MRC), der besagt, dass eine Anzeige innerhalb einer Sekunde sichtbar sein muss, um als sichtbar zu gelten, ist dies ein Unterschied von 20 Prozent.
Nicht die gleiche Basis
Folglich bedeutet dies, dass die Fortschritte in der Diskussion, dass Werbungtreibende nur für sichtbare Anzeigen bezahlen, dadurch gefährdet werden, dass die Messungen bei Werbungtreibenden und Publishern nicht die gleiche Basis haben.
Die Behebung dieser Diskrepanzen zwischen den Technologie-Anbietern hat die Branche in den vergangenen sechs bis neun Monaten beschäftigt. Es ist der Verdienst der Zertifizierungsstellen wie dem Media Rating Council (MRC) in den USA, dem Audit Bureau of Circulations (ABC) in Großbritan-nien und dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) in Deutschland, dass Standards definiert wurden und die Technologien zur Messung der Viewability jetzt so aufeinander abgestimmt sind, dass wir heute nur noch bis zu zwei Prozent Abweichungen sehen. Für die Definition der Standards haben MRC, ABC und BVDW Input von allen Seiten der in der Werbebrache vertretenen Player mit einbezogen.
Richtlinien schaffen
Der BVDW hat gerade Richtlinien zur technischen Messung der Sichtbarkeit von Online-Kampagnen erstellt, um die Vergleichbarkeit von Messergebnissen unterschiedlicher Anbieter zu verbessern und Zählabweichungen zu verringern. Hiermit ist auch Deutschland hinsichtlich einer Standardisierung der Sichtbarkeitsmessung einen entscheidenden Schritt weiter gekommen. Allerdings werden die aufstrebenden Werbekanäle Mobile und Video in den neuen Viewability-Guidelines leider nicht berücksichtigt.
Wenn es unterschiedliche Messverfahren gibt, entsteht ein gewisses Maß an Misstrauen bei Werbungtreibenden und Publishern. Die Diskrepanzen führen zu einem Machtkampf zwischen Einkäufern und Verkäufern. Dabei ist es für die Branche am besten, wenn beide Seiten aufeinander vertrauen, dass Werbekampagnen sorgfältig ausgespielt werden.
Weil wir dieses Vertrauen brauchen, arbeiten die Ingenieure bei Integral Ad Science daran, die Abweichungen zwischen den Viewability-Kennzahlen der Publisher und Agenturen zu eliminieren, indem das gleiche Messverfahren zugrunde gelegt wird. Dieser Ansatz, der beide Seiten mit einbezieht, ist genauer, anstatt nur eine Seite zu betrachten. Von Publisher-Seite wird bestimmt, wo sich die Anzeige befindet. Von Advertiser-Seite wird bestimmt, wann die Uhr zu laufen anfängt. Die Arbeit, die gerade gemacht wird, stellt sicher, dass Publisher Zugang zu den gleichen Daten haben wie die Partner auf der Einkaufsseite.
Eine Welt, wo es keine Widersprüche gibt, mag einem wie ein Traumland vorkommen, aber die Werbebranche muss es sich zur Priorität machen, dass dies erreicht wird, entweder mit Technologie oder mit Branchen-Standards.