Eigentlich wollte Apple seinen mobilen Bezahldienst bereits am 19. November in Deutschland starten. Ohne Ankündigung, dass es eine Verschiebung gibt, ließ der US-Konzern den Termin verstreichen. Nun hat das Tech-Portal iFun.de berichtet, dass Apple Pay noch in dieser Woche gestartet werden soll. Grund für die Verzögerung sollen laut Apple-Mitarbeitern fehlende Aktualisierungen der Bezahl-Terminals gewesen sein, damit die Kunden per iPhone oder Apple Watch bezahlen können.
Branchenexperten setzen mit dem Eintritt des Tech-Giganten darauf, dass sich Mobile Payment zukünftig weiter verbreiten wird (Google Pay ist bereits auf dem Markt), denn die Deutschen haben mit der Bezahlvariante noch ihre Probleme. Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage vom US-Marktforschungsunternehmen E-Marketer hat gezeigt, dass erst 11 Prozent aller deutschen Smartphone-Besitzer im stationären Handel mobil bezahlen. In absoluten Zahlen entspricht das 5,8 Millionen Menschen. Im Vorreiterland China zeigen bereits 80 Prozent der Leute ihr Smartphone an der Supermarktkasse oder im Restaurant vor. Auch in anderen europäischen Ländern wie Italien, Spanien und Großbritannien ist dieses alternative Bezahlmodell weiter verbreitet.
„Wenig Interesse daran, wie gezahlt wird“
Dass es hierzulande noch immer eine solche Zurückhaltung gibt, liegt laut Dr. Oliver Bohl an einer Trivialität. „Letztendlich haben die wenigsten Kunden ein Interesse daran, wie gezahlt wird“, sagt der Vorsitzende der Fokusgruppe Digital Commerce im BVDW. „Wir empfinden ja keinen Spaß am Bezahlen, wir haben beim Einkaufsprozess vielleicht noch Spaß, aber die Bezahlung ist gut, wenn sie reibungslos und einfach abläuft.“ Hinzu käme ein struktureller Zustand, der belegen soll, warum auch Anbieter wie Apple erst nach und nach in den deutschen Markt drängen. „Wir haben in der deutschen Gesellschaft einen Bargeldanteil von knapp über 50 Prozent“, erläutert er, „allein von der Masse ist das nur ein kleiner Anteil der digital abzuwickeln wäre.“ In diesen Verfahren müssen kartenbasierte System hinterlegt werden. Nun sei es aber einfacher eine Plastikkarte durch ein mobiles Verfahren zu ersetzen, betont Bohl, „als direkt das Bargeld anzugehen.“ Das habe einige, auch große Anbieter sicher skeptisch gemacht, glaubt er. Gleichwohl hätten große Firmen starke Vorteile beim Markteintritt. „Bei Apple kommen sie im AppStore nicht wirklich weit, wenn sie keine Zahlungsinformationen hinterlegt haben – und bei Google sieht das nicht viel anders aus.“
Das Unternehmen aus Cupertino hat bereits im Vorfeld des Starts zahlreiche seiner Partner bekannt gegeben. Die Palette ist beachtlich: Neben zwölf Banken (darunter die Deutsche Bank, Comdirect oder N26) sind auch 40 Handelspartner mit an Bord. Dazu zählen Adidas, Lidl, Aldi, Ditsch, aber auch H&M oder S.Oliver. Hinzu kommen App-Anbieter wie Flixbus, MyTaxi und foodora, die mit dem US-Unternehmen zusammenarbeiten. Damit deckt der milliardenschwere Konzern sowohl den stationären Handel als auch dem E-Commerce-Bereich ab. Dass sich mobiles Zahlen bislang nicht in der Breite durchgesetzt hat, liegt auch an den Sicherheits- und Datenschutzbedenken,wie eine BVDW-Studie von September 2017 nahelegt. 40 Prozent der Befragten betrachten bargeldloses Bezahlen als kritisch.
Kartennummer wird sofort gelöscht
Damit sich diese Skepsis langsam abbaut, setzt Apple laut eigener Aussage auf ein einfaches und vergessliches System. „Mit Apple Pay wird deine Kartennummer nie auf deinem Gerät oder Apple Servern gespeichert. Es speichert auch keine Daten zu deiner Transaktion, die auf dich zurückzuführen sind. So kannst du sicher in Geschäften, Apps und im Internet bezahlen“, heißt es in der Erklärung. Darüber hinaus wird für Bohl ein weiterer Aspekt über Erfolg oder Misserfolg mobilen Zahlens entscheiden. Aus seiner Sicht müsste das Verfahren in der Wahrnehmung der Nutzer attraktiver dargestellt werden, zum Beispiel durch Mehrwerte. „Das kann ein digitaler Kassenbon sein oder ein Punktesammelsystem“, sagt Bohl, der früher selbst bei Payback beschäftigt war. Bei Kreditkarten gibt es solche zusätzlichen Anreize schon lange. „Auf die geschickte Verzahnung der Services wird es letztlich ankommen.“ Wenn es die Anbieter schaffen, den Mehrwert herauszuarbeiten, sei eine Verbreitung des mobilen Zahlens durchaus möglich. Die generelle Verschiebung von stationären Handel in den Online-Sektor, begünstige das Verfahren zusätzlich.
Der Komfort würde sich den Nutzern dann recht schnell offenbaren. „Das Handy habe ich ja nicht nur zu Hause, sondern eben auch unterwegs dabei. Und wenn ich beim E-Commerce zur Authentifizierung statt eben der Eingabe der Kreditkartennummer plus einem weiteren Schritt nur noch das Produkt auswähle, einmal die Face-ID oder den Finger-Print nutze, ist das ein ganz anderes Erlebnis.“ Ähnlich sei im stationären Handel zu beobachten. „Wenn die Ersterfahrung der Kunden mit Mobile Payment künftig einfacher wird, steigt auch die Akzeptanz“, ist sich Bohl sicher.
Die Prognose von E-Marketer untermauert dessen Einschätzung in Zahlen. Laut des Instituts soll Deutschland in den nächsten vier Jahren den Rückstand auf andere Länder aufholen. Für 2020 rechnen die Analysten mit 8,1 Millionen, für 2021 mit 9,4 Millionen und 2022 schließlich mit mehr als zehn Millionen Kunden.