Es klingelt an der Tür. Ah, das muss die Sendung mit der vorgestern bestellten Armbanduhr sein! Aber Moment, das Paket, das die Botin überreicht, ist groß genug für eine Kaffeemaschine – ein Irrtum? Nein: Beim Öffnen zeigt sich, dass die Uhrenschachtel in zahllose Lagen Luftpolsterfolie eingewickelt ist und in dem Paketkarton immer noch Platz für zwei weitere dieser Bündel wäre.
Ähnliche Erfahrungen hat fast jeder schon gemacht, und sie sind kein Zufall: Nach Schätzungen von Logistikfachleuten sind rund 90 Prozent aller Warensendungen weltweit nicht optimal gepackt – und verursachen so unnötigen Müll, höhere CO2-Emissionen beim Transport und Mehrkosten bei den Warenherstellern sowie Logistikunternehmen.
Dieses Problem will Alpha Augmented Services in den Griff kriegen: Das im Mai 2022 gegründete Start-up aus Baar in der Schweiz hat eine Software entwickelt, die den Verpackungs- und Versandprozess so verbessert, dass kein Leerraum entsteht. „Der Kern der Lösung von Alpha Augmented Services ist unser Algorithmus, mit dem wir in der Lage sind, die Kapazitäten in der Logistik noch effizienter als bisher auszunutzen und Optimierungen entlang der gesamten Lieferkette vorzunehmen. Damit setzen wir künstliche Intelligenz verantwortungsvoll für Klimaschutz und Kostenreduktion ein“, sagt Laurin Paech, CIO und einer der Gründer des Start-ups.
Emissionen sinken um 20 Prozent
Tatsächlich schätzt das Intergovernmental Panel on Climate Change der Vereinten Nationen, dass der Transport- und Logistiksektor für 23 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich ist – würde die Branche die freien Raumkapazitäten nutzen, ließen sich die Emissionen um gut 20 Prozent reduzieren, so die Schweizer. Darüber hinaus würden die Versand- und Transportkosten um einen ähnlichen Faktor sinken.
Dazu integrieren Kunden das Tool des Start-ups in ihre bestehenden Prozesse. Die Software wird ganz weit vorn in der Lieferkette aktiv: Schon bei der Bearbeitung der Bestellung macht sie Vorschläge, wie der verfügbare Platz bei jeder Sendung am besten genutzt werden kann, beispielsweise durch die Bündelung mit anderen Produktgruppen. Da Fernseher, Computer, Telefone und andere elektronische Geräte üblicherweise in rechteckigen Kartons jeder Größe und unterschiedlichster Seitenverhältnisse stecken, simuliert die Software Abertausende Möglichkeiten, wie sie sich möglichst lückenlos zusammensetzen lassen – die KI spielt Tetris. So kann zum Beispiel eine Warensendung auf zwölf Paletten passen, die sonst 14 Paletten benötigt hätte.
Wirkungsvoller Beitrag zum Klimaschutz
Das gleiche Prinzip funktioniert auch beim Befüllen des Laderaums von Frachtflugzeugen, Lkw und von Containern für den Schiffsverkehr: Auf Basis von bis zu 20 Millionen Simulationen pro Behälter findet die Software die effizienteste Art, um Waren anzuordnen sowie Boxen und Paletten unterzubringen. Außerdem kann die Lösung schon beim Verpacken der Produkte an sich ansetzen: Sie unterstützt die Auswahl und die Verwendung der geeigneten Materialien, sodass die Waren zugleich platzsparend und sicher verpackt sind.
Alpha Augmented Services wird von Menschen mit Logistik-Stallgeruch geleitet. CEO und Mitgründer Massimo Rossetti etwa hat 20 Jahre lang bei verschiedenen Unternehmen der Branche gearbeitet und betrachtet Nachhaltigkeit in den Lieferketten mittlerweile als eines der wichtigsten Ziele überhaupt. Er sagt: „Wir reduzieren mit unserer Lösung unmittelbar die CO2-Emissionen. Das ist der Weg, den wir gehen müssen, um einen wirkungsvollen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.“