Die Privatsender finden den Schritt in NRW natürlich gut. Aus dem öffentlich-rechtlichen Lager und von den Werbungtreibenden kommt wiederum scharfe Kritik. Der Geschäftsführer der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM), Joachim Schütz kritisiert diesen Alleingang Nordrhein-Westfalens scharf: „Sowohl nationale Unternehmen wie auch der regionale Mittelstand nutzen die Gattung Radio gleichermaßen für ihre Markenkommunikation. Mit der heute beschlossenen schrittweisen Reduzierung der verfügbaren Werbezeit schädigt die NRW-Landesregierung alle werbenden Unternehmen im bevölkerungsreichstem Bundesland.“ Die Entscheidung schadet laut OWM nicht nur den werbenden Unternehmen auf nationaler wie auf regionaler Ebene, sondern schwächt auch die Gattung Hörfunk insgesamt.
„Marktanalysen bestätigen weiterhin hohe Nettoreochweite“
RMS – der Audiovermarkter begrüßt die Ankündigung der Landesregierung in NRW, wie Florian Ruckert, Vorsitzender der RMS-Geschäftsführung erläutert: „Die NDR-Werbepraxis ist aus unserer Sicht ein Modell mit Augenmaß, das in fünf norddeutschen Bundesländern seit Jahren erfolgreich funktioniert, ohne dass die Gattung Radio hier Schaden genommen hätte. Wir kennen natürlich die Bedenken unserer Marktpartner bezüglich der schwindenden Werbemöglichkeiten im öffentlich-rechtlichen Hörfunk und begegnen ihren Argumenten mit belastbaren Fakten. Aus diesem Grund haben wir bereits vor einiger Zeit eine sorgfältige Marktanalyse durchgeführt, die belegt, dass Werbekunden auch nach der neuen Werbezeitenverteilung mit Kampagnen im Radio weiterhin hohe Nettoreichweiten in allen relevanten Zielgruppen erreichen werden.“
Radio bleibt von Bedeutung – vor allem im digitalen Zeitalter
Für RMS ist Radio neben TV das einzige Massenmedium, in dem Werbekunden mit Kampagnen schnell hohen Werbedruck erzeugen können. Diese herausragende Qualität gewinnt im digitalen Zeitalter sogar noch an Bedeutung. Daher hat die Anwendung des NDR-Modells auf NRW keinen bedrohlichen Einfluss auf die Stellung von Radio im intermedialen Wettbewerb. Schütz sieht das anders und kontert: „Radio bleibt nur dann als relevantes Werbemedium zukunftsfähig, wenn die Kampagnen ein Mindestmaß an Reichweite erzielen. Aber die Gattung Radio steht schon jetzt unter Druck. Wenn Radio als Werbemedium bei Kunden und Agenturen weiter Relevanz verliert, stellt diese Entscheidung mittelfristig auch für die privaten Radioanbieter eine Existenzbedrohung dar“.
Die Diskussion über eine angemessene Regulierung der kommerziellen Kommunikation von Fernsehen, Hörfunk und Internet reißt damit trotzdem nicht vollkommen ab. Seit Jahren wird darüber beraten, Werbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland ganz abzuschaffen.