Welche Marken 2022 begeistert haben – und welche nicht

Welche Marken haben 2022 überzeugt, sei es durch beständig überzeugende Leistung oder mutigem Marketing? Und welche haben sich mit einem PR-Fauxpas in die Nesseln gesetzt?
Rewe zeigte in diesem Jahr Haltung und konnte dafür einen ordentlichen Image-Gewinn verbuchen. (© Rewe)

Das Jahr 2022 war auch für Marken sehr turbulent. Manche konnten sich mit guten PR-Entscheidungen oder einer guten Markenkommunikation hervortun, andere wiederum waren weniger erfolgreich. Welche Marken sind die Tops und welche die Flops in diesem Jahr?

Rewe: Riskanter Rückzug

Die wegen Menschenrechtsverletzungen im Gastgeberland und fragwürdigen Entscheidungen der Fifa umstrittene Fußball-WM 2022 in Katar stellte Marken vor ein Dilemma: Wer bei der Weltmeisterschaft warb, wurde kritisch beäugt. Wer es nicht tat, verlor viel Geld. Die Supermarktkette Rewe entschied sich nach der Kontroverse um die „One Love“-Armbinde, die Gratwanderung nicht mehr auszutänzeln: Als die Entscheidung gefallen war, die deutsche Nationalmannschaft nicht mit der Diversitäts-Binde auflaufen zu lassen, legte Rewe die Zusammenarbeit mit dem DFB auf Eis. 

Sämtliche Werbung im Zusammenhang mit dem Turnier wurde daraufhin gestoppt. Selbst die Sammelalbum-Aktion: Übrige Heftchen wurden verschenkt, die zuvor erwirtschafteten Erträge würden gespendet, wie das Unternehmen verkündete. Dass Rewe es ernst meinte mit seinem Boykott der WM, brachte dem Unternehmen viel Sympathiegewinn ein. Kaum etwas macht eine Marke schließlich so sehr zur Love Brand wie gelebte Werte.

IU Internationale Hochschule: Ausgezeichnete Markenführung

Nicht immer sind es die großen, aufmerksamkeitsträchtigen Aktionen, die eine Marke auszeichnen. Marketing lebt auch von einer stabilen Strategie und beständigen Erfolgen, die auf klugen und innovativen Maßnahmen fußen. Die IU Internationale Hochschule legte ihren Fokus hierbei in diesem Jahr auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung – und gewann mit ihrem Case den Marken-Award, verliehen von absatzwirtschaft und dem Deutsche Marketing Verband (DMV) in der Kategorie Markenführung. 

„Der Case rückt das Thema Performance-Marketing auf smarte Art in den Mittelpunkt. Die ganzheitliche Markenausrichtung, das konsequente Testen und die klar nachvollziehbaren Erfolgsparameter sind vor allem vor der Dezentralität der einzelnen Standorte als smarte und beeindruckende Markenführung zu bewerten“, heißt es in der Begründung der Jury. 

PayPal: Die offiziell beliebteste Marke Deutschlands

Doch wer ist wirklich der Favorit unter den Marken bei den deutschen Verbraucher*innen? Das hat eine Umfrage der internationalen Data und Analytics Group YouGov herausgefunden, die seit 2015 in Kooperation mit „Handelsblatt“ die aus Verbrauchersicht besten Marken in Deutschland auszeichnet.

Das Ergebnis überrascht, denn weder führte der langjährige Spitzenreiter Lego das Ranking an noch ein anderer Spielzeughersteller oder eine der allseits stets beliebten Mode- oder Kosmetikmarken. Stattdessen war es der Finanzdienstleister PayPal, der in der Auswertung von über 900.000 Online-Interviews in Deutschland zu Unternehmen auf dem ersten Platz landete. 

Lego rutschte indes direkt auf den vierten Platz ab. PayPal folgen Bosch und dm auf dem Siegertreppchen, auf Platz fünf landet Samsung.

Nicht so gut abgeschnitten: Ritter Sport

Mit vielen Kampagnen und Aktionen mühte sich Ritter Sport um ein nachhaltiges Image, doch das wurde überschattet von einem Shitstorm, der an politischer Brisanz kaum zu überbieten war. Denn trotz des russischen Invasionskriegs in der Ukraine stellte der Schokoladenhersteller sein lukratives Geschäft in Russland nicht ein. 

„Ritter Mord“ und „Panzerschokolade“ waren Begriffe, die es daraufhin auf Social Media hagelte, und selbst der damalige Ukraine-Botschafter Andrij Melnyk stieg in die harsche Kritik ein, indem er den Werbeslogan „Quadratisch, praktisch, gut“ umdichtete. 

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Argumente, dass Ritter Sport nicht das einzige Unternehmen sei, dass weiterhin in Russland vertreibt, die Ankündigung des Unternehmens, die Gewinne aus dem dortigen Geschäft spenden zu wollen sowie die scharfe Verurteilung des Krieges, halfen alle nichts, zumal Geschäftsführer Andreas Ronken die Entscheidung wenige Monate später erneut bekräftigte. Erneut kochten die Emotionen hoch.

Gegenstimmen, die Ritter Sports Entscheidung verteidigten und nachvollziehen konnten, gab es indes auch. Am Image-Verlust konnten die letztlich nur wenig ausrichten. 

Ankerkraut: Underdog-Image verkauft

„Die Höhle der Löwen“ ist ein Format, das von Underdog-Geschichten lebt: Das kleine Start-up, das sich mit einer glorreichen Idee eine Finanzspritze erkämpft und damit den großen Erfolg feiert – solche Storys verkaufen sich. Der Gewürzhersteller Ankerkraut hat das geschafft – und in diesem Jahr dann viele Sympathien verspielt. Was passiert also, wenn der kleine Underdog sich mit einem übermächtigen Großkonzern einlässt? Das bekam Ankerkraut am eigenen Leib zu spüren.

Nach dem DHDL-Erfolg scheffelten Anne und Stefan Lemcke Millionen mit ihren Gewürzmischungen und sind damit eine der größten Erfolgsgeschichten der Gründershow. Im Frühjahr 2022 verkauften sie Mehrheitsanteile an Nestlé und verloren damit Influencer*innen als Marketing-Partner*innen und vor allem auch Kund*innen, die gerne ein (noch so erfolgreiches) Start-up, aber eben keinen umstrittenen Konzern wie Nestlé unterstützen möchten. 

Coca-Cola: Von der Weltklimakonferenz zur WM

Der Konzern gab 2022 viel Geld für Sponsoren-Deals aus und tappte dabei gleich in mehrere PR-Fettnäpfchen. Denn mögen die Weltklimakonferenz und die Fußball-Weltmeisterschaft auf dem Papier wie gute Marketing-Plattformen wirken, erntete Coca-Cola damit 2022 nichts als Ärger. 

Als Sponsor der UN-Klimakonferenz in Ägypten tappte das Unternehmen in die Greenwashing-Falle. Denn, wie es in einem offenen Brief von 60 Gesundheitsorganisationen an die Vereinten Nationen hieß, ist „Coca-Cola der größte Plastik-Verschmutzer der Welt“. 

Auch als einer der Sponsoren der WM 2022 in Katar fiel es dem Unternehmen schwer, sich positiv zu positionieren. Bleibt die Hoffnung auf zukünftige Turniere mit weniger Kontroversen: Noch bis 2030 ist Coca-Cola vertraglich an die Fifa gebunden. 

Präsenz ist eben nicht alles – um als Marke wirklich zu begeistern, zählen häufig Werte, wie die Beispiele aus dem Jahr 2022 wieder einmal zeigen.