„Wartezeiten kann man nicht per Gesetz regeln, da hinter Warteschleifen eine sehr komplexe Kalkulation des Call Centers steht. Die Grundfrage ist, was dem Verbraucher Service wert ist – schließlich kann man bei einem DVD-Spieler für 29,90 Euro nicht noch eine kostenfreie Hotline ohne jede Warteschleife für die Hilfestellung beim Anschließen erwarten. Dieser Aufwand ist für keinen Hersteller wirtschaftlich“, erklärt Manfred Stockmann, Präsident des Call Center Forums.
Manfred Wirl von der Bonner Forschungsgruppe Dienstleistungsökonomie sieht das anders: „Bei einer telefonischen Finanzberatung ist es sachgerecht, einen angemessenen Preis für die Hotline zu verlangen. Wenn ich aber als Verbraucher ein elektronisches Gerät kaufe und schon beim Lesen der Betriebsanleitung verzweifle, erwarte ich zumindest eine kostenlose Hilfestellung per Telefon. Das hat man in Deutschland immer noch nicht kapiert. Call Center sind ein integraler Bestandteil des Servicekonzeptes.“
Der After Sales-Service müsse bei der Produktvermarktung eine größere Rolle spielen, ist auch die Erfahrungen von Michael Müller, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters a&o . „Das erfordert ganze andere Fähigkeiten. Hier spielt das Call Center eine entscheidende Rolle, genauso wie eine perfekte Transport- und Logistikkette. Wenn heute jemand einen Monitor, einen Laptop oder Drucker kauft, so beschäftigt er sich vor der Kaufentscheidung mit den Produkteigenschaften: technische Daten oder Leistungsmerkmale. In der Regel wird der durchschnittliche Kunde die Hälfte dieser Angaben gar nicht wirklich verstehen. Ist das Produkt gekauft, treten schon nach wenigen Tagen diese technischen Features in der Wahrnehmung des Käufers in den Hintergrund: er erwartet einfach, dass das Produkt über Jahre hinweg einwandfrei funktioniert, erklärt Müller.
In den weitaus meisten Fällen werde erst im Fehlerfall das Produkt wieder in den Fokus der Wahrnehmung des Käufers rücken. Was er nun erwarte, schnellen und günstigen Service, habe nichts mit den Leistungsmerkmalen des Monitors oder Druckers zu tun, sondern resultiere aus der Leistung des After Sales-Service. Wenn hier etwas schief laufe, werde eine Kettenreaktion ausgelöst. Ein unzufriedener oder vernachlässigter Kunde kommuniziere seine schlechten Erfahrungen auch weiteren acht bis zehn potenziellen Käufern, gibt Müller zu Bedenken.
Jürgen Karwelat, Referatsleiter im Verbraucherschutzministerium fordert, dass in der Warteschleife keine Kosten anfallen dürfen: Hier werde noch keine Leistung erbracht, daher seien auch Kosten nicht gerechtfertigt, erklärt Karwelat. Wer mit einer Service-Hotline werbe, müsse auch entsprechenden Service bieten. „Eine schnell erreichbare Service-Nummer ist für die Kunden vor allem wichtig, wenn sie eine Reklamation haben“, so Karwelat. Stockmann plädiert für die Selbstregulierung der Branche: „Mit der Durchsetzung des Ehrenkodex Telefonmarketing werden wir schwarze Schafe beseitigen.“ Geplant sei eine zentrale Beschwerdestelle für Verbraucher. Eine Kooperation mit der Bundesregierung werde begrüßt.
Ob das ausreicht, ist bei Experten umstritten: „30 Jahre hat diese Branche Zeit gehabt, sich von den unseriösen Machenschaften eindeutig zu distanzieren und die so genannten ’schwarzen Schafe‘ aus den Verbänden rauszuschmeißen. Ganz ganz wenig, viel zu wenig ist passiert. Die Branche hat nur reagiert, wenn Verbraucherschützer oder öffentliche Stellen aktiv wurden. Es ist viel zu selten agiert und vorgedacht worden“, kritisiert Günter Greff, Herausgeber des Fachdienstes Call Center-Experts. Wenn nun die Branchenverbände eine Imagekampagne starteten, so käme diese bestenfalls allen Call Centern zugute – auch jenen, die nicht in Verbänden organisiert seien. „Hier öffnet man den Trittbrettfahrern Tür und Tor“, moniert Unternehmensberater Christoph Busch. pte
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