Die Werbekonjunktur in Deutschland blüht. Nielsen Media Research verbucht allein für die Klassik ein Plus von 6,6 Prozent im ersten Quartal 2007 versus Vorjahr. Dabei erweisen sich die Medien Outdoor als prozentualer (27 Prozent), TV als volumenmäßiger Hauptgewinner (173 Mio. Euro). Blickt man auf die so genannten Neuen Medien, dann meldet Bitkom für die „klassische“ Internetwerbung gar 45 Prozent Zuwachs im Quartalsvergleich, Nielsen für die Periode 1-2/2007 45,1 Prozent.
Trotz Boom harter Wettbewerb der Medien
Die Freude über die Werbekonjunktur wird allerdings von Misstönen begleitet – denn: Der Klassik aber auch, wie jüngst auf Titelseiten der Werbefachpresse zu lesen war, einigen Mediaagenturchefs wird der Webboom offenbar langsam unheimlich. Die Konsequenz daraus sind mehr oder minder offen vorgetragene Verteilungskämpfe um den deutschen Werbekuchen.
Webvertiser feiern sich selbst
Die Argumente der Lager sind ebenso schnell genannt, wie der Ärger darüber entfacht. Hier die Onlinefraktion, die sich trendy und bullish geriert und stolz auf ihre Wachstumszahlen verweist. Unter sich wird auf hippen Online-Fachveranstaltungen gleichermaßen vollmundig wie sich überschätzend gar vom Ende der Klassik gesprochen und damit fürwahr übers Ziel hinausgeschossen.
Erstaunliche Nervösität beim Platzhirsch TV
Auf der anderen Seite fallen auf Fachveranstaltungen zusehends TV-Platzhirsche dadurch auf, dass sie kaum ein gutes Haar an ihrem längst ernst zu nehmenden Konkurrenten Internet lassen. Statt souverän mit Argumenten zu punkten, werden Neid und Missgunst verspritzt und diese wenig raffinierte Markierung dürfte nur wenige potente und wirkliche kundige Werbetreibenden anlocken. Erst vor kurzem sah sich eine Runde von schwergewichtiger Klassikmännern gar vor einem Fachpublikum veranlasst, klarzustellen, dass das Phänomen Web 2.0 medial schlicht unrelevant wäre, da die Reichweiten kaum nennenswert wären und es sich bei den Usern ohnehin nur um versprengte Randzielgruppen handeln würde.
Im Übrigen wurde beklagt, dass den neuen Werbemöglichkeiten in den Fachmedien zuviel Raum eingeräumt würde. New Media also ein überschätztes Thema?
Online-Boom hat Substanz
Ein Blick in die USA wie auch bereits die nationale Entwicklung rückt das Bild freilich deutlich zurecht: Die mittlerweile als klassisch zu bezeichnende Internetwerbung wächst rasant und mit ihr auch die Segmente Suchwort-Vermarktung und Affiliate Marketing. Web 2.0 ist hierzulande zwar erst am Anfang, doch weitaus ernster zu nehmen, als es so Manchem lieb ist. Online ist längst kein Add-On mehr, das gebucht wird, wenn vom Mediabudget noch etwas übrig bleibt. Im Gegenteil: Auf reichweitenstarken Websites wurden ab Herbst 2006 gar die Werbeplätze knapp. Zudem wird der Webboom von zwei Seiten gestützt. Technisch durch die zunehmende Verbreitung von DSL-/Breitbandanschlüssen, medial durch den Einsatz der Internetwerbung nun auch für wirkliche Brandingkampagnen durch die Werbetreibenden selbst.
Entweder oder? Diese Frage stellt sich nicht
Namhafte Werbetreibende wie Procter & Gamble, Coca Cola, Mercedes & Co. denken schon lang nicht mehr in dem Schema on- oder offline. Sie erkennen Sinn und mit unter auch Unsinn von Nutzungsstudien, fordern zurecht den überfälligen Progress beim Thema Intermedia-Vergleich und beantworten die sinnlose Frage Klassik oder New Media längst durch ihr Buchungsverhalten mit einem klaren: Beides!
Und damit nicht genug. Nach Klassik pur, Crossmedia unter Einbezug des Webs, ist mittlerweile die nächste Evolutionsstufe der Media angebrochen: Community Marketing. Im dichter werdenden Mediadschungel heute noch andere Medien plump madig zu machen und ewig gestrig Alleinstellung zu proklamieren, ist wahrlich nicht mehr angezeigt. Werbetreibende suchen vielmehr medienübergreifend nach überzeugenden Lösungen und klaren Leistungsnachweisen, die ihre Mediainvestitionen besser absichern und den RoI steigern.
Über den Autor: Markus Werner ist Inhaber der Beratung BRAIN.