Was zeichnet eine gute Boutique-Agentur aus?

Die Bezeichnung Boutique klingt erstmal positiv – bedeutet allerdings nicht immer Qualität. Ein kritischer Blick auf Boutique-Agenturen.
Boutique-Agenturen
"Nicht alles, was glänzt, ist Gold und nicht überall, wo Boutique hinzugefügt wird, steckt gute Arbeit drin", findet unsere Autorin und erklärt, was gute Boutique-Agenturen ausmacht. (© Stocksy)

Journalist*innen arbeiten oft mit PR-Agenturen zusammen. Im besten Fall entsteht daraus ein lesenswerter Artikel – dann sind beide Seiten zufrieden. Manchmal entsteht aber auch Frust, weil die Zusammenarbeit nicht ganz so rund läuft und man nur mit dem Kopf schütteln kann. Das lässt sich auf viele Bereiche der Kreativwirtschaft übertragen – der gemeinsame Nenner sind oft Boutique-Agenturen. 
 
Doch nicht alles, was glänzt, ist Gold und nicht überall, wo Boutique hinzugefügt wird, steckt gute Arbeit drin. Das weiß auch PR-Expertin Yvonne Kollosche, für die der Zusatz ebenfalls nicht per se ein Qualitätsmerkmal ist: “Wie bei Boutique-Hotels und Boutique-Gyms ist auch bei Agenturen der Boutique-Trend wohl eher ein zeitgeistiger Wunsch nach individuellem und exklusivem Lifestyle als eine eindeutige Kategorie.” Umso wichtiger ist es, umgekehrt zu fragen, welche Merkmale eine (gute) Boutique-Agentur auszeichnen: 

1. Die Größe

Gefühlt gibt es entweder Full-Service-Agenturen oder Boutique-Agenturen – und nur wenig dazwischen. Letztere zeichnen laut Yvonne Kollosche “eine kleine Gruppe von Expert*innen, Spezialisierung, persönlicher Kontakt und kreative Power” aus.  Die “Alleskönner” bestehen dagegen üblicherweise aus einem großen Team mit jeder Menge Expertise, die in verschiedenen Bereichen vorhanden und hilfreich ist.

2. Das Portfolio

Schuster*in, bleib bei deinen Leisten. Denn spätestens, wenn thematisch auf einmal Reise und Mode gemischt und dazu Public Relations, aber auch Grafikdesign angeboten werden – und das Team aus nur vier Personen besteht –, ist das unglaubwürdig und nicht mehr exklusiv. “Ich kenne in allen Bereichen auch brillante Boutique-Agencies, die sich für mich vor allem durch individuellen Stil, Haltung, Fokus und einen roten Faden im Portfolio auszeichnen, was dann wiederum für die Marken zu wunderbaren Synergieeffekten und kreativen Glanzleistungen führen kann”, erklärt PR-Fachfrau Kollosche. 

3. Die Fähigkeiten

Niemand muss eine eierlegende Wollmilchsau sein – auch wenn das in der Agenturwelt oft den Anschein macht. Vor allem bei Boutique-Agenturen sitzen meist Expert*innen aus dem jeweiligen Bereich mit am Tisch. Bedarf es anderer Fähigkeiten, wird sich oft Hilfe von außen geholt – die meisten haben sich mit der Zeit ein großartiges Netzwerk erarbeitet und müssen nicht den unterbezahlten Juniors Aufgaben aus Bereichen geben, von denen sie keinerlei Erfahrungen haben. Und sind wir ehrlich: Wir alle kennen diese Momente am Anfang der Karriere, wenn man unbezahlte Überstunden macht und irgendwie keinen Plan davon hat, was die/der Chef*in gerade verlangt. 

4. Die Struktur

“Wenn riesige Agenturnetzwerke kleinere Units als eigenständige Boutique-Agenturen verkaufen, wird es dann endgültig zum Buzzword”, sagt Yvonne Kollosche. Genau dann passiert es außerdem häufig, dass der Überblick verloren geht. Dann flattert ein Themenvorschlag ins Mailpostfach, der schon vor Monaten von einer anderen Kollegin geschickt und veröffentlicht wurde. Der Boutique-Gedanke sollte definitiv auch für Ordnung und Struktur stehen. 

Das Problem liegt natürlich nicht bei den guten Boutique-Agenturen, sondern daran, dass dieser fancy Zusatz nicht geschützt ist. Das darf sich jede*r auf die Fahne schreiben. Yvonne Kollosche sagt dazu: “Bin ich als One-Woman-Show aka Freelancerin eigentlich die kleinstmögliche Boutique-Agency?” 

(eb, Jahrgang 1993) ist freie Journalistin und kam vom Modejournalismus über Umwege zum Wirtschaftsjournalismus. Sie kann sich schnell für neue Themen begeistern, führt am liebsten Interviews und hasst Stillstand – was das Pendeln zwischen Bayern und Berlin umso leichter macht.