Einer der Verfahren bei einer Neuemission einer Aktie, den Kurs für die Aktionäre zu stützen, ist der sogenannte Greenshoe. Die Altaktionäre müssen eine bestimmte Menge an Aktien – meistens 10 bis 15 Prozent des Emissionsvolumens zusätzlich bereitstellen. Der konsortialführenden Bank wird der Greenshoe für Kurspflegemaßnahmen überlassen.
Nutzer sind keine Kunden
Mark Zuckerberg von Facebook und seine Lead-Bank Morgan Stanley waren sich über den Ausgabekurs von rund 38 Dollar sehr sicher. Sollte etwas schief gehen, dann würde der Greenshoe das wie meistens schon richten. Doch selbst die 63 Million, die – nicht unüblich gedacht – in den Rückkauf gesteckt wurden, konnten den Fall auf heute unter 20 Dollar je Aktie nicht verhindern. Und wer weiß, was die eigenen Mitarbeiter (Facebook droht erneuter Kursfall) noch zukünftig der Facebook-Aktie für Kurse bereiten können.
Zuckerberg hatte zwei Dinge nicht trennscharf auseinandergehalten. Da ist zum einen die Marke, der Bekanntheitsgrad, die Beteiligung der Facebook-Gemeinde, der Hype um Stars, die mitmachen, die Diskussion um Freunde und die weltweit größte Nutzerschaft. Darauf kann man mehr als stolz sein. Doch Geschäft ist das nicht, sondern verbrennt zunächst nur Geld. Nutzer sind eben keine Kunden, sondern sollen höchsten benutzt werden, um Geld zu genieren.
Facebook-Kunden sind, so zum anderen, die Werbetreibenden. Sie nutzen die Ads, mit denen Facebook im Auftrag von Unternehmen gezielt auf Profilseiten werben kann. Die „Like“-Buttons bringen Angaben zu Interessen und Arbeitsplätzen, Alter und Bildung. Damit kann Facebook die Werbung so spezifisch wie kaum ein anderes Unternehmen platzieren. Auch Kunden für „Sponsored Stories“ bringen Geld. Ein Restaurant, das auf Facebook empfohlen wird, kann diesen Post kaufen und in der Freundesliste von Usern weiter verbreiten.
Nutzer bewerten Facebook also anders, als Kunden es tun. Die direkten Kunden jedenfalls gaben den Emissionskurs niemals her. Heute wird – zurzeit ungeklärt – unter diesen auch der Vorwurf des Click-Betrugs erhoben. Die Story ist also eher schlecht als gut.
Der Kunde macht die Story – nicht umgekehrt
Bei der Management-Strategie des Customer Centricity gilt die Regel, direkte und indirekte Kunden zu bearbeiten, aber auch unterschiedlich zu bewerten. Dass dabei sogar Interessenkonflikte bestehen, muss das Management sensibel aussteuern.
Auch andere Unternehmen sind dem (zielgruppenspezifischen) Marken-Bekanntheitsgrad, dem mouth-to-mouth-hype erlegen. Man denke an das Auf und Ab bei der Berentzen AG. Rodenstock, Kodak, Märklin, Escada schließen sich – differenziert – da an. Doch eine gute Story for everyone ist noch lange keine gute Story für tatsächlich zahlende Kunden. Der Kunde macht die wahre Story Nur der Wert des einzelnen Zahl-Kunden, so Customer Centricity, bildet langfristig den Unternehmens- und damit auch den Aktienwert. Oder wie Investoren sagen: Kapital ist dumm – irgendwer muss know how einbringen.
Über den Autor: Malte W. Wilkes ist Seniorpartner der Management Consultancy Erfolgsketten Management Wilkes Stange GbR in Hamburg, Redner, Moderator, Diskutant, zigfacher Buchautor, Pionierexperte in Customer Centricity sowie Ehrenpräsident des BDU Bundesverband Deutscher Unternehmensberater.