Viele unterschiedliche Denker*innen haben in den letzten Jahrhunderten genau über diese beiden Fragen nachgedacht, Thesen entwickelt und Lösungen ausprobiert beziehungsweise von Regierungen ausprobieren lassen. Einige Experten haben sich darüber die Köpfe nicht nur heiß geredet, sondern sogar eingeschlagen – man denke an den Systemkrieg zwischen Kapitalismus und Sozialismus, der in unterschiedlichen Ausprägungen bis heute anhält.
Als aufmerksame Gesellschaftsbeobachter und -gestalter ist es daher für uns besonders spannend, wenn sich in diesem Feld etwas Neues tut! Einen neuen Erklärungsansatz dafür, wie Veränderung funktioniert, findet die Wirtschaft nämlich gerade in der Natur, genauer gesagt, in der Wissenschaft von der Natur, der Biologie.
Unternehmen konkurrieren ähnlich wie Tiere
Tatsächlich sind diese beiden Sphären schon lange verknüpft. Beispielsweise wurde in beiden Welten lange davon ausgegangen, dass System-Dynamiken vor allem auf der Basis von Wettbewerb und Konkurrenz funktionieren: Genau so, wie Tiere um Futter konkurrieren, stehen demnach auch Unternehmen immer im Wettbewerb miteinander – um Ressourcen, um Marktanteile, um Mitarbeitende und vieles mehr. Um erfolgreich zu sein, muss man sich in diesem Wettbewerb durchsetzen und die anderen vom Markt verdrängen. Die Biologie diente dabei als Argument, um zu sagen: So ist das eben in der Wirtschaft!
Inzwischen hat die Biologie diese These allerdings widerlegt. Heute wissen wir: In der Tier- und Pflanzenwelt ist Konkurrenz nicht wie bisher angenommen der Standard, sondern im Normalfall zeitlich begrenzt. Konkurrieren zum Beispiel zwei Vogelarten um Futter, ist das enorm stressig. Daher wird die eine Art entweder “umziehen” oder aber einen spitzen Schnabel entwickeln und Körner fressen, die andere einen breiten, um sich auf Früchte zu spezialisieren. Nach und nach wird das Ökosystem dadurch immer diverser und resilienter, denn es entwickeln sich immer mehr Nischen und Verknüpfungen.
Von den Design-Prinzipien der Natur lernen
Erkenntnisse wie diese veranlassen immer mehr Unternehmenslenker*innen dazu, nicht mehr biologistische Erklärungsmuster für eine ganz bestimmte wirtschaftliche Ideologie zu finden, sondern stattdessen andersherum von den Design-Prinzipien der Natur zu lernen und unternehmerische Entscheidungen daran zu orientieren – Biomimikry für Business Design sozusagen.
Der Gedanke dahinter: wenn wir die Prinzipien nutzen, nach denen das Leben selbst funktioniert, Neues erschafft, Altes abschafft, Kommunikation strukturiert und so weiter, benötigen wir nicht nur weniger Energie für die Aufrechterhaltung eines “künstlichen” Systems, sondern beuten auch die Natur und uns selbst nicht mehr aus. Stattdessen erschaffen wir eine tatsächlich regenerative Wirtschaft, die natürliche wie menschliche Ressourcen und Energie langfristig und resilient aufbaut und immer wieder erneuert.