Rennen die Promis Dir mittlerweile die Bude ein oder musst Du noch um sie buhlen?
MATZE HIELSCHER: Das ist verschieden. Ich mache ja keine klassischen Promo-Termine, sondern nehme mir die Freiheit, auch mal auf einen interessanten Gesprächspartner zu verzichten. Die meisten Interviewpartner frage ich also selbst an, und nicht alle sagen sofort zu. So ist mit der Zeit eine lange Wiedervorlageliste entstanden.
Wer ziert sich denn?
Campino zum Beispiel, der Sänger der Toten Hosen. Bei ihm versuche ich seit zweieinhalb Jahren einen Interviewtermin zu bekommen. Aber auch Angela Merkel hat mir bislang nur Absagen erteilt. Aber da bleibe ich eisenhart. Denn meistens lohnt es sich, dran zu bleiben. Bei Wolfgang Joop etwa hat es nach eineinhalb Jahren geklappt, bei Luke Mockridge nach zweieinhalb Jahren.
Und Dein eigener Promistatus hilft?
Vor allem hilft: Ich muss heute niemandem mehr erklären, was ein Podcast ist. Das war vor drei Jahren noch ganz anders.
Ende August hast Du, basierend auf Deinem Podcast, das Buch „Die Schule meines Lebens“ veröffentlicht. Im PR-Text heißt es: „Es vereint die klügsten Lebensrezepte der kreativsten Köpfe der Nation“. Wäre es nicht eine Nummer bescheidener gegangen?
Was soll ich dazu sagen, hätte es die Superlative gebraucht? Tatsächlich bündelt das Buch viele extrem kluge Lebensrezepte, die mir meine Gesprächspartner mitgegeben haben. Mir hat vieles davon auch persönlich geholfen. Und das war meine Motivation für das Buch: Ich will diese Lebensrezepte weitergeben und ich freue mich, wenn sie auch anderen schmecken und sie künftig hin und wieder danach kochen.
Auf den Podcast-Zug springen mittlerweile auch inflationär viele Unternehmen, deren CEOs oder auch Chefs von Kommunikationsagenturen auf. Wer soll diesen ganzen Content eigentlich hören?
Die Frage zielt in die falsche Richtung. Bei Netflix & Co. fragt doch auch niemand: Wer soll die ganzen neuen Serien und Filme eigentlich sehen? Podcasts werden immer beliebter, der Markt ist da und wächst weiter. Was allerdings gleichzeitig wächst, sind die Qualitätsansprüche der Hörer. Durch die Fülle der Angebote werden sie immer wählerischer.
Was muss man als Unternehmen oder CEO tun, um gehört zu werden?
Das Wichtigste: Es braucht ein Alleinstellungsmerkmal. Wenn alle Agenturchefs die immer gleichen Leute durch die Podcasts schleusen und man als Hörer alle Antworten schon kennt, wird das nichts. Schwierig ist auch, einen Podcast nur deshalb zu machen, weil man bestimmte Leute aus der Branche endlich selbst mal kennenlernen will. Man muss sich schon ehrlich für die Gesprächspartner interessieren.
Was funktioniert bei Corporate Podcasts?
Das Thema muss so gut gewählt und umgesetzt sein, dass es im Grunde auch ohne die Absendermarke funktioniert. Nur dann wird ein Podcast weiterempfohlen und gewinnt mehr Reichweite. Niemand fragt doch morgens seinen Kollegen: „Sag’ mal, hast Du gestern den neuen Audi-Podcast gehört?“ Bei „Mit Vergnügen“ machen wir beispielsweise für den Kunden Tinder einen Podcast für Singles. Der würde auch ohne Tinder genauso gut funktionieren.
Ihr vermarktet auch Podcasts. Was ist Dein Rat an Corporates: Selbst einen Podcast machen oder Werbung in einem anderen schalten?
Kommt darauf an, was man erzählen will. Aber wenn Werbung, dann besser nicht in einzelnen Folgen verschiedener Podcasts, sondern einen einzigen Podcast langfristig sponsern. Und dann dem Host weiterhin volle Freiheit lassen. So wie es O2 mit dem Podcast „Alle Wege führen nach Ruhm“ mit Joko Winterscheidt und Paul Ripke macht. Sowas bleibt bei den Leuten hängen.
Und sonst so?
Es nervt mich, dass … ich andere Menschen nicht immer ausreden lasse.
Ich freue mich … auf den Urlaub mit der Familie auf Norderney. Da war ich nämlich noch nie.*
Die nächste Sau im Dorf heißt vermutlich … Moralapostel.
Nicht mehr hören kann ich … meckern auf hohem Niveau.
*Das Interview erschien zuerst in der Oktober-Printausgabe der absatzwirtschaft.