Was bleibt nach der Digitalisierung?

Was bleibt vom Fernsehen, was von Print übrig, wenn sich die Geschäftsfelder TV, Verlagswesen und Werbung unter dem Einfluss der Digitalisierung verändern? Diese Frage diskutierten internationale Top-Entscheider im Hamburger Rathaus.

Die Liste der Gäste für Pult und Podium zeigte die erste Liga im Who is Who der Führungskräfte internationaler Medienunternehmen. Top-Entscheider wie WPP-CEO Sir Martin Sorrell, RTL-Chef Gerhard Zeiler, Dr. Bernd Kundrun, Terry von Bibra oder Jean Miller von Linden Lab folgten der Einladung des Hamburger Senats sowie der Hamburger Medienunternehmen und diskutierten auf dem Internationalen Mediendialog im Hamburger Rathaus.

Das traditionelle Fernsehen werde auch in der digitalen Zukunft das „Leitmedium Nummer Eins“ bleiben, postuliert RTL-Chef Gerhard Zeiler. Die Digitalisierung ermögliche dem Zuschauer künftig „neue Freiheiten und Auswahlmöglichkeiten“ zwischen hunderter von TV-Kanälen. Was die Beziehung von TV-Sendern und Produktionsfirmen betrifft, fordert Zeiler ganz neue Geschäftsmodelle: Hier müssten Sender und Anbieter von Inhalten zusammenarbeiten. Sobald Provider anfingen, ihre Angebote zu lizenzieren, und Inhalterechte nach Ablauf einer Frist zurückzufordern, würden Sendeanstalten reagieren und vermehrt eigene Produktionsfirmen aufbauen.

Terry von Bibra, Vice President Yahoo Central Europe, sieht das Problem weniger im Angebot von Inhalten: „Es gibt viele Inhalte, aber welche sind wirklich interessant?“, relativiert der Medienmanager. Hier käme die Community ins Spiel. Das, was das Fernsehen ausmache, werde bleiben, nur die Art und Weise, in welcher Konsumenten TV konsumieren, werde sich ändern. „Die Menschen interessieren sich doch gar nicht für Konvergenz. Die müssen wird doch herstellen“, beschreibt Ferdinand Kayser, CEO Asta, den Zuschauer, der gar nichts von IP, Internet oder TV wissen wolle.

„Wir Printleute kommen uns wie Zwerge vor, angesichts der Entwicklung des Internetnutzungsverhaltens“, spricht Dr. Bernd Kundrun für seine Branche. Es sei Zeit, etwas zu tun und die Verlage seien auch schon, gleich den Venture Capital-Firmen, als Investoren unterwegs. „Wir sollten analysieren, was da passiert. Letztlich werden nur die überleben, die relevante Information langfristig bereitstellen“, formuliert er seine These. Aufbauend auf ihren Kernkompetenzen sollten die klassischen Medien den Lead übernehmen, ihren Claim stärker behaupten und sich mit ihrer Community verbünden. Die Ausgangslage sei gut: Print stehe für eine hohe Autorität und Glaubwürdigkeit, und damit könne man arbeiten. Die Vertreter der Printmedien zeigten sich während der Podiumsdiskussion einig: Verlage sollten lernen, das Internet zu verstehen und Bewegbilder zu analysieren. Ihr Credo: Wenn das gedruckte Wort und das bewegte Bild zusammenkommen, entstehe ein gewaltiger Kontext.

Sir Martin Sorell, dessen Gruppe weltweit operiert und einen Jahresumsatz von elf Milliarden US-Dollar erzielt, legt seinen Fokus auf die dramatischen Verschiebungen in der Weltwirtschaft: „Die Zukunft liegt nicht länger im Westen, sondern im Osten“. Während er das wirtschaftliche Gewicht Westeuropas – vor allem in den vier Ländern Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien – und auch das der USA – wenn auch weniger – sinken sieht, gehöre die Zukunft Asien, Lateinamerika und Afrika. Vor allem China und Indien identifiziert er als die künftigen wirtschaftlichen Supermächte.

Ob TV, Print oder Internet – führt die Diversifikation zu einer Verwässerung der Marke? Auch wenn Zeiler die Gefahr sieht, betrachtet er sie nicht als das größte Problem: „Ich denke es ist eine wundervolle Zeit für Leute, ihr eigenes Geschäft zu machen und an der Entwicklung teilzuhaben, resümiert der RTL-Chef.

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