Sie können es sehen, wie Sie wollen. Der Vertrieb hat in jedem Unternehmen die Aufgabe, die PS auf die Straße zu bringen. Vertriebler sind keine Prospektversender, Angebotsersteller, Warenbewacher und PowerPoint-Junkies. Die nämlich haben im erfolgreichen Verkauf nichts zu suchen. Sie dürfen sich nicht stunden- und tagelang mit Listen und Reporting beschäftigen. Und Verkäufer hassen Berichte, die in ihren Augen unnötig sind und Zeit rauben. Zeit, die besser in wirklich wichtige Dinge und die interne Kommunikation gesteckt werden sollte. Denn genau hier liegt der Hund begraben, der das Verhältnis von Marketing und Vertrieb immer wieder stört. Es gibt viele Gründe, warum die zwei Abteilungen oft gegeneinander statt miteinander arbeiten.
Vertriebler müssen die Munition verschießen, die die Marketingabteilung ihnen liefert
Dumm nur, wenn die Munition zu groß oder zu klein für den Lauf ist. In der Praxis haben immer Menschen mit Menschen zu tun. Und die sind bekanntlich verschieden. Dass Marketing- und Vertriebsleute grundsätzlich anders ticken, ist klar. Vertriebler sind harte Praktiker, die ihre Nase immer nach der nächst gelegenen Witterung ausrichten. Sie haben meist ein großes Ego, sind sehr redselig und rhetorisch gut geschult.
Marketingleute sind eher analytische Charaktere, fleißige, akribische Köpfe, deren Mammut-Job es ist, nicht nur die aktuellen Bedürfnisse der Kunden zu kennen, sondern auch, diese zu steuern und die zukünftige Nachfrage vorherzusehen und zu schüren. Ein Verkäufer sieht den Kunden als Zweck und das Produkt als Mittel seines Tuns, der Marketingexperte sieht das umgekehrt. Für ihn steht das Produkt im Fokus, das an den Mann gebracht werden soll.
Das Marketing bearbeitet den Kunden als ein theoretisches Wesen, das über die Marktforschung erschlossen wird, während im Vertrieb ein Mensch aus Fleisch und Blut begeistert und überzeugt werden muss. Der Verkäufer bekommt das direkte „Ja“ oder „Nein“ des Kunden, er sieht seine Ergebnisse sofort und sein Kontostand reagiert umgehend. Die Ergebnisse in der Marketingabteilung sind dagegen nicht so leicht messbar und setzen oft erst mit zeitlichem Verzug ein. Hier steht der sehr greifbare Erfolgsfaktor „Geld“ gegen den abstrakten ROI des Marketings. Und während das Marketing dem Vertrieb vorwirft „nur aufs schnelle Geld aus zu sein“, amüsiert sich der Verkauf über die Mondzahlen aus der Teppichetage. Marketing und Vertrieb – so leicht funktioniert das wohl nicht mit der Zusammenarbeit. Zumal es lange Zeit keine Zusammenarbeit gab. Bis vor einigen Jahren wurden die Abteilungen vollkommen eigenständig geführt.
Warum großartig zusammenarbeiten, wenn es getrennt voneinander viel besser funktioniert?
Weil sich die Welt geändert hat! Weil die Kunden aufgeklärter und mündiger geworden sind! Weil uns die Globalisierung zwingt, schnell, flexibel und individuell auf den Kunden zuzugehen. Märkte sind heute völlig transparent und wimmeln nur so von Marktbegleitern. Und die Produkte? Die unterscheiden sich einzig darin, welchen Mehrwert sie dem Kunden im Vergleich zum Wettbewerb bieten. Das Marketing muss Interesse wecken, Leads generieren, Awareness steigern oder einfach – den Kunden heiß machen auf das Produkt. Der Vertrieb muss Leads in Umsätze verwandeln. Deshalb müssen Marketing und Vertrieb heute zusammen arbeiten.
Persönliche Eitelkeiten sind nichts für Weicheierunternehmen
Das zeigt, woran es in den meisten Unternehmen krankt: am Teamplay. Und die Verantwortung dafür liegt weder bei den Marketing- noch bei den Vertriebsleuten. Sie liegt da, wo die Fäden zusammen laufen: in der Führung. Es gibt sogar Unternehmen, wo die Zusammenarbeit nur deshalb nicht funktioniert, weil sich die Entscheider in Marketing und Vertrieb nicht leiden können. Um Unternehmen erfolgreich zu machen, braucht es einen Marketingleiter, der weiß, welcher Wind an der Vertriebsfront weht. Und im Gegenzug muss der Vertriebschef ausreichend Marketing-Know-how haben.
Die Königsfrage lautet also: Wie schaffen Unternehmen es, dass Marketing und Vertrieb an einem Strang ziehen? Wie bringen sie so verschiedene Charaktere zusammen? Eins ist klar: Mit einzelnen Teambuilding-Maßnahmen ist es nicht getan. Mit einer „Wir haben uns ab jetzt alle lieb-Mentalität“ kommen Unternehmen nicht weit. Eine zu große Harmonie, die auch noch künstlich erzeugt ist, ist alles andere als förderlich. Der Schuss geht nach hinten los, das ist sicher.
Produktive Reibung statt blinder Harmonie ist dagegen gut und gesund, und ein gegenseitiges Verständnis für den anderen hat eine größere Wirkung als Sie denken. Dazu braucht es vor allem viele persönliche Skills. Vielleicht haben Sie schon mal was gehört von Sozialkompetenz, Verhandlungsgeschick, Kompromissbereitschaft und den Fähigkeiten, querzudenken und über den eigenen Tellerrand herauszublicken. Es gilt also, professionelle Wertschätzung und gegenseitiges Vertrauen zu fördern.
Schnelle Märkte verlangen reibungslose Kommunikation und kurze Dienstwege
In erfolgreichen Unternehmen gibt es immer eine „Kultur des Mündlichen“. Mitarbeiter reden miteinander und verschicken nicht einfach nur eine Mail, in der Hoffnung, eine Verantwortung unwidersprochen woanders abladen zu können. Miteinander zu reden ist erstens schneller und direkter und damit zeitsparender und fördert zweitens den persönlichen Kontakt. Zwanzig Minuten an einer Mail zu knobeln und drei Stunden auf eine Antwort zu warten, die wieder zwanzig Minuten Knobelei gebraucht hat, ist nicht nur unverantwortlich, sondern schlichtweg dumm.
Verkäufer sind Raubtiere, die die freie Wildbahn lieben. Neben bürokratischen Daumenschrauben hassen sie nicht nur übertriebenes Reporting, sondern vor allem überflüssige Meetings. Deshalb sollten interne Besprechungen zwischen Marketing und Vertrieb frühzeitig terminiert und straff organisiert sein. Wer sich im Konferenzraum langweilt, kann nicht gleichzeitig etwas verkaufen. So einfach ist das.
Gemeinsam für den Kunden, zusammen gegen den Wettbewerb
Halten wir fest: Das Marketing arbeitet produktbezogen, der Vertrieb kundenorientiert. Was beide jedoch im Innersten verbindet, ist der Markt. Ein permanenter, ungesunder Fokus auf die Belange der eigenen Abteilung torpediert die lebenswichtige Außenorientierung des Unternehmens für den Kunden und gegen den Wettbewerb. Und das muss in die Köpfe, ohne Wenn und Aber. Wir haben ein gemeinsames Ziel und einen gemeinsamen Gegner. Wir gewinnen nicht, wenn wir eine andere Abteilung dominieren, sondern dann, wenn wir am Markt gemeinsam den Kunden begeistern und dem Wettbewerb erfolgreich die Stirn bieten.
Kunden kaufen nur von Siegern, und Siegermentalität repräsentiert nur, wer gemeinsam an einem Strang zieht und das Wichtigste niemals aus den Augen verliert: den Verkaufsabschluss.
Über den Autor: Martin Limbeck gehört zu den besten Verkaufstrainern in Deutschland. Er steht für effizientes Führungskräfte-Coaching und gilt als der Hardselling-Experte in Deutschland. Als Speaker begeistert und motiviert Limbeck Hunderte von Zuhörern. Er ist zudem Autor zahlreicher Publikationen wie etwa „Das neue Hardselling: Verkaufen heißt verkaufen – So kommen Sie zum Abschluss“ und „Nicht gekauft hat er schon: So denken Top-Verkäufer“.