Warum Googles Cookie-Wende zu heiß gebacken wird

Dass Google angekündigt hat, doch nicht auf Third-Party-Cookies zu verzichten, hat die Branche zum Brodeln gebracht. Warum die Privacy Sandbox dennoch nicht zum Spielplatz und die Cooke-Wende zu heiß gebacken wird.
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Wie geht es mit den Third-Party-Cookies nach Googles Kehrtwende weiter? (© Adobe Stock)

Dass die Stimmung in der Branche hochkochte, war ebenso erwartbar wie einkalkuliert: Nach dem lang angekündigten Aus der Third-Party-Cookies kam in der vergangenen Woche nun Googles U-Turn: Doch kein Cookie-Aus.

Der Werbeplattformbetreiber Teads zeigt sich dennoch überzeugt: „Aus unserer Sicht ändert das nichts daran, dass die Entwicklung langfristig auf eine Zukunft ohne Cookies hinauslaufen wird”, sagt Geschäftsführer Christian Zimmer. Warum er davon so überzeugt ist: „Nutzer lassen sich ungern tracken, sondern schützen ihre Privatsphäre und Identität, sobald ihnen eine klare Möglichkeit dazu gegeben wird und sie keine Vorteile durch das Tracking erkennen können.” Zugegeben: Ganz uneigennützig sagt Zimmer das nicht: Sein Unternehmen entwickelt selbst cookiefreie Lösungen. Damit mache man seine Kund*innen unabhängig von Google: „Bereits heute liefern wir über 80 Prozent der Kampagnen cookieless aus”, erklärt er. 

Zur Wahrheit gehört aber auch: Mit über 40 Prozent Marktanteil ist Chrome der Browser-Platzhirsch. Der Weg vorbei an Googles Auslage ist also schwer. Aber durchaus möglich. Vor allem, weil viele Unternehmen schon länger keine neuen Zutaten für Cookie-Teig eingekauft haben dürften. In Erwartung des Cookie-Endes. Nun sagt Google zwar, dass Cookies doch weiterhin in der Auslage liegen werden. Ob allerdings Unternehmen, die geplant haben, sie vom Speiseplan zu streichen, nun doch wieder zurückkehren, ist zumindest fraglich.

Google: Strategisch klug, aber der Hype ist übertrieben

Strategisch klug war die Ankündigung von Google aber sowieso: Der Konzern hat es mit größter Leichtigkeit geschafft, kommunikative Aufregung zu erzeugen. Das könnte durchaus bewusster Teil der Kommunikationsstrategie sein. Es hat fast etwas von Vaporware: Der Konzern kündigt große Entwicklungen an, die erst einmal Aufregung erzeugen. Ob sie tatsächlich so kommen wie angekündigt, ist gar nicht so wichtig. Denn wenn die Entwicklung tatsächlich so eintritt, war die Aufregung berechtigt und der Erfolg ist dem Konzern sicher. Wenn es hingegen den Turnaround gibt, ist dem Konzern – wie jetzt – erneut Aufmerksamkeit sicher. Wirklich verlieren können Google und Alphabet also kaum.

Nun wird es also beides parallel geben: Third-Party-Cookies und die Privacy Sandbox. Dass die Sandbox nicht zum reinen Spielplatz verkommt, dürfte schon allein deshalb sicher sein, weil User*innen dem Cookie-Thema durchaus bewusster gegenübertreten. Joe Root, Mitgründer der Audience Platform Permutive, sagt, dass 70 Prozent der User*innen bereits Cookies deaktivieren. Selbst 40 Prozent der Chrome-User*innen hätten die Cookies deaktiviert. Tendenz steigend. Für Unternehmen muss die Richtung also klar sein: Auch wenn Cookies weiterhin ein Teil des Menüs sein können, müssen First-Party-Daten künftig den größten Teil des Speiseplans ausmachen. Googles Cookie-Wende wird daher eindeutig zu heiß gebacken.

Schon gehört? So lassen sich Inhalte in Games und via NFC kommunizieren

Der Kampf gegen Fake News hat auch das Gaming erreicht: Zu den britischen Unterhauswahlen Anfang Juli hat die BBC eine kurios anmutende Ankündigung gemacht: Man wollte im beliebten Game Roblox spielerisch informieren: Spieler*innen landeten im Game vor dem Amtssitz des britischen Premiers in der Downing Street 10 und mussten dort Aufgaben lösen. Währenddessen begegneten sie Moderator*innen der BBC, die sie mit Informationen zur Wahl versorgten.

Das Beispiel der BBC zeigt: Auch Content Marketing im Gaming kann funktionieren. Und wird damit auch für Marken interessant. Dass diese in Games präsent sind, ist nicht neu. Schon seit Ewigkeiten gibt es Bandenwerbung bei Fifa. Auch in Roblox sind Marken wie Adidas und Ikea bereits präsent. Doch über die Darstellung von Produkten hinaus Inhalte klug zu vermarkten und richtige Botschaften zu vermitteln – das ist eine neue Stufe.

Inhalte zu vermitteln, das könnte künftig bald auch über Near Field Communication (NFC) möglich sein. Den meisten Konsument*innen dürfte NFC vor allem über das kontaktlose Zahlen via Karte oder Smartphone ein Begriff sein. Nun hat das NFC-Konsortium den sogenannten Multi-Purpose-Tap angekündigt. Beteiligt an der Entwicklung ist unter anderem Apple. Die neuen Funktionen dürften also in künftigen iPhones und Apple Watches verbaut sein. Mit einer einzigen Bewegung sollen so mehrere Aktionen möglich sein. So kann man nicht nur zahlen, sondern gleichzeitig auch Coupons einlösen, Quittungen abrufen oder Treuepunkte sammeln. Aber damit ist noch nicht Schluss: Auch ultralokale Produktkommunikation wäre damit möglich. Heißt konkret: Kontaktloses Abrufen von Produktinformationen oder eben zielgerichtet Inhalte zu kommunizieren. Zum Beispiel für den nächsten Einkauf.

In diesem Sinne: Bleiben Sie inhaltsstark – und inspiriert!

(fms, Jahrgang 1993) ist UX-Berater, Medien- und Wirtschaftsjournalist und Medien-Junkie. Er arbeitet als Content-Stratege für den Public Sector bei der Digitalagentur Digitas Pixelpark. Als freier Autor schreibt er über Medien und Marken und sehr unregelmäßig auch in seinem Blog weicher-tobak.de. Er hat Wirtschafts- und Technikjournalismus studiert, seinen dualen Bachelor im Verlag der F.A.Z. absolviert und seit mindestens 2011 keine 20-Uhr-Tagesschau verpasst.