Mein Ansatz mag erst mal auch nicht sonderlich innovativ klingen. Es lohnt sich aber aus meiner Sicht die Fragen zu beleuchten, die sich einer Führungskraft stellen, die das Thema Diversity wirklich ernst nimmt.
Diverse Teams brauchen zusätzliche Management-Skills
Was also umfasst Diversity als Management-Aufgabe konkret? Im ersten Schritt braucht es aus meiner Sicht eine je eigene Definition dessen, was Diversity im spezifischen Unternehmen eigentlich genau meint. Denn neben den bekannten Kriterien wie Alter, Geschlecht und Staatszugehörigkeit gibt es jeweils möglicherweise individuelle Anforderungen an die Verschiedenheit der Mitarbeiter. Braucht man zum Beispiel Hip-hop-Fans? E-Gamer? NGO-Aktivisten? Konservative? Anhänger*innen von Schalke 04?
Wer nur auf die Geschlechterverteilung schaut, springt hier zu kurz.
Im zweiten Schritt hilft es ungemein, einen positiven Einfluss diverser Teams auf den Erfolg herbeizuführen und auch nachzuweisen. Diversität ist kein Selbstzweck. Andererseits gibt es – anders als oft kolportiert – aus meiner Sicht (und der vieler Untersuchungen) keinen Automatismus, nach dem diverse Teams immer die besseren Ergebnisse liefern. Denn homogene Teams sind zunächst einmal schlicht leichter zu führen.
Diverse Teams brauchen dagegen zusätzliche Management-Skills, um die zusätzlichen PS auf die Straße zu bringen, die möglicherweise in ihnen stecken. Diese Skills zu entwickeln, gehört zum Diversity-Management genauso wie fallweise auch mal zu entscheiden, dass ein homogenes Team vielleicht doch den besseren Job macht.
Hierarchien und ihre Mechanismen
Weiterhin muss die Führungskraft, die das Thema ernst nimmt, sich mit der Hierarchie im Unternehmen befassen und mit den Mechanismen, die darin wirken. Wer wird warum befördert? Je diverser die Mitarbeiter*innenschaft, desto komplexer auch dieses Thema. In einem hinsichtlich Alter, Geschlecht und Herkunft homogenen Team ist es leicht, den oder die Beste(n) zu identifizieren.
Salopp formuliert: Alter weißer Mann schaut, welcher der jungen weißen Männer das Zeug zum alten weißen Mann hat. Einfach! Was aber, wenn diverse Mitarbeiter*innen komplett unterschiedliche Fähigkeiten und Perspektiven einbringen? Wie bewertet eine Führungskraft hier die jeweiligen Beiträge möglichst objektiv? Wie befreit sie sich von eigenen Wahrnehmungsverzerrungen? Nicht einfach, aber unbedingt Bestandteil eines echten Diversity-Managements.
Anteil weiblicher Führungskräfte gering
Besonders interessant wird es, wenn über die Besetzung von Führungspositionen zu entscheiden ist. Hier liegt in vielen Unternehmen einiges im Argen. Der Anteil weiblicher Führungskräfte im Top-Management ist nach wie vor gering. Und von Alters-Diversität oder Internationalität haben wir noch gar nicht gesprochen.
Es scheint, als sorgten tradierte Muster in den Hierarchien von Unternehmen und Agenturen im Ergebnis immer noch für männlich – national – mittelalt geprägte Chefetagen. Dies gilt auch dann, wenn man den immer noch sehr geringen Anteil von Gründerinnen an der Spitze in Rechnung stellt, der die männliche Dominanz ebenfalls zum Teil erklärt. Da muss man ran, und das ist ebenfalls eine Aufgabe des Top-Management (wenn es auch vielleicht besonders schwerfällt).
Der Weg zu echter Diversität ist lang und anstrengend
Der Weg zu echter Diversität ist lang und anstrengend. Ihn zu initiieren, ist Aufgabe der ersten Führungsebene. Diversity-Management heißt, Prozesse und Kultur eines Unternehmens auf den Prüfstand zu stellen. Darauf zu verzichten ist zumindest mittel- bis langfristig keine Option. Am besten beginnt man / Frau sofort damit.
Aktuelle Daten zur Diversität in Agenturen hat der Branchenverband GWA in der „Diversity Studie 2021″ erhoben.