Agenturen lehnen tatsächlich in relativ großem Stil Anfragen potentieller Kunden ab. Laut einer GWA-Erhebung landen mindestens 35 Prozent der Pitch-Anfragen agenturseitig in der Tonne, andere Studie kommen sogar zu noch höheren Anteilen jenseits der 50-Prozent-Marke. Das mag den einen oder anderen überraschen. Geht es den Agenturen zu gut? Gibt es nicht genug Wettbewerb?
Betrachtet man das Ganze aus der Perspektive einer Agentur als Beispiel eines betriebswirtschaftlich geführten Unternehmens, wundert man sich schon bald nicht mehr. Denn anders als in vielen anderen Branchen ist die Erstellung eines Angebots ungleich aufwändiger. Tatsächlich wird ja ein großer Teil des Produkts bereits in dieser Phase erstellt. Die Agentur analysiert den Kunden und seinen Markt, schaut sich dessen bisherige Kommunikation an und macht sich Gedanken darüber, wie eine neue Kampagne aussehen könnte. Mitarbeiter-Kapazitäten werden gebunden und können in dieser Zeit nicht produktiv und verrechenbar für die Bestandskunden eingesetzt werden.
Kosten von mindestens 18.000 Euro für die Agentur
Oft wird die durch eine Pitch-Anfrage entstehende Spitzenlast mit der Beauftragung von Freelancern abgefedert. Das alles kostet natürlich. Laut einer GWA-Erhebung fallen für die Vorbereitung und Umsetzung einer Wettbewerbspräsentation im Minimum durchschnittlich knapp 18.000 Euro Kosten an. Im Maximum entstehen Kosten von im Schnitt 72.000 Euro, bei großen Pitches von bis zu 180.000 Euro.
Man braucht kein betriebswirtschaftliches Studium, um zu erkennen, dass sich dieser Aufwand nur unter bestimmten Bedingungen lohnt. Ein einfaches Rechenexempel: Es geht bei einem Pitch um ein Budget mit einem Volumen von 100.000 Euro. Ein Pitch-Honorar ist nicht vorgesehen. Die durchschnittliche Rendite der GWA-Agenturen betrug im vergangenen Jahr knapp neun Prozent, betrüge also im vorliegenden Fall 9000 Euro. Die Kosten für einen kleinen Pitch liegen, wie oben erwähnt, bei durchschnittlich 18.000 Euro. Noch Fragen?
Was im vorliegenden Beispiel derart trivial wirkt, dass man sich scheut, das überhaupt vorzurechnen, wird in der Praxis häufig von Auftraggebern schlicht nicht beachtet. Immer wieder werden Pitches für viel zu kleine Aufgaben ausgeschrieben. Ein zu kleines Budget ist laut oben erwähnter GWA-Studie denn auch der wichtigste Grund, aus dem Agenturen Pitch-Anfragen ablehnen. Auf Platz zwei folgt „unklares Budget“, Platz drei geht an „fehlendes Pitch-Honorar“.
Auftraggeber sollten andere Verfahren erwägen
Agenturen lehnen Anfragen also tatsächlich ab, weil sie die obige Beispielrechnung anstellen und sehen, dass die Annahme der Anfrage ökonomischem Selbstmord gleichkäme. Sie werden von Kaufleuten geführt, die eine Rendite erwirtschaften müssen. Hinzu kommt, dass sich gerade die führenden Agenturen aktuell über fehlende Arbeit auch nicht beklagen können – immerhin jede fünfte Agentur lehnt Anfragen derzeit ab, weil sie ausgelastet ist.
Für die potentiellen Agenturkunden folgt aus all dem, dass sie sich im Vorfeld Gedanken über die Art der Anfrage und das Auswahlverfahren machen sollten. Für ein kleines zu vergebenes Budget scheidet der Pitch schlicht aus, unterhalb von 300.000 Euro muss man über andere Methoden nachdenken, so eine Faustregel. Workshops, Probeaufträge oder Chemistry-Meeting sind für beide Seiten wesentlich günstiger und führen je nach Thema zu besseren Ergebnissen. Und das ist allemal besser als ein Pitch, den keiner will.